Rede Gesine Lötzsch
Rede der Parteivorsitzenden Gesine Lötzsch auf dem Landesparteitag Brandenburg
am 19. Februar 2012
Unsere Grunderzählung ist die Idee der Solidarität
Liebe Genossinnen und Genossen,
ich freue mich, dass ich hier an Eurem Parteitag teilnehmen kann und möchte zunächst die Gelegenheit nutzen, Stefan Ludwig recht herzlich zu seiner Wahl zum Landesvorsitzenden zu gratulieren. Zum Abschluss werde ich noch ein paar persönliche Anmerkungen machen.
Liebe Genossinnen und Genossen,
Ihr habt hier ein großes Plakat aufgehängt: Nazis raus aus den Köpfen. Gestern war – wie Ihr wisst und wie auch viele Brandenburgerinnen und Brandenburger durch ihre Anwesenheit unterstrichen haben – in Dresden ein wichtiger Aktionstag. Das Bündnis „Dresden Nazifrei“ hatte dazu aufgerufen. Tausende Menschen waren gekommen, haben den Aufstand der Anständigen umgesetzt. Es war ein großer Erfolg. Viele junge Menschen waren da, freiwillig, aus fester Überzeugung. Ich finde, es ist gut, dass so viele gekommen sind, und wir sollten sie auch in Zukunft alle gemeinsam unterstützen. Ich habe vor einigen Tagen die Bundeskanzlerin aufgefordert, mit ihrem Bundeskabinett ebenfalls nach Dresden zu kommen und sich Nazis in den Weg zu stellen. Ich merke schon an Eurer Reaktion, dass der eine oder andere darüber schmunzelt und sagt: Das ist doch in dieser Bundesrepublik nicht möglich. Aber es gab schon solche Situationen. Am 8. November 1992 hatte unter der Schirmherrschaft des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker ein breites Bündnis aufgerufen. Ursprünglich ging diese Initiative vom Berliner Abgeordnetenhaus aus, aber dann haben wir gemerkt, dass das doch eine größere Sache ist, und Richard von Weizsäcker um die Schirmherrschaft gebeten. Und auf diesen Aufruf kamen 350.000 Menschen nach Berlin, mit dem Bundespräsidenten an der Spitze, der damalige Bundeskanzler war dabei, die damalige Bundestagspräsidentin. Alle diese Menschen haben gemeinsam gegen rechtsextremistische und fremdenfeindliche Gewalt protestiert. Ich glaube, was 1992 möglich war, sollte auch jetzt wieder möglich sein.
Liebe Genossinnen und Genossen,
der Aufstand der Anständigen muss mit dem Aufstand der Zuständigen verbunden werden. Was machen denn die Zuständigen? Wenn sie schon nicht Zivilcourage demonstrieren wollen, dann sollten sie wenigstens ihre Arbeit machen. Aber auch das machen sie nicht. Der größte Verfassungsschutzskandal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, das jahrelange Wüten und Morden einer rechtsextremistischen Untergrundzelle, das ist etwas, wofür bisher niemand persönlich die Verantwortung übernommen hat. Stattdessen wird der Verfassungsschutz von den Regierungen gegen DIE LINKE instrumentalisiert. Das ist genau der falsche Ansatz. Wer Widerstand gegen Neonazis leistet, wird von den Zuständigen beobachtet, verfolgt und verurteilt. Das, liebe Genossinnen und Genossen, dürfen wir nicht länger hinnehmen.
Und wenn wir fordern, dass endlich Schluss mit dieser Art Politik sein muss, wenn endlich die Verbrechen aufgeklärt werden, wenn die Beobachtung nicht nur verboten, sondern gesagt wird, der Verfassungsschutz hat bisher nichts dazu getan, die Verfassung zu schützen, also brauchen wir diese Behörde nicht. Die NPD muss endlich verboten werden!
Unsere Solidarität gilt allen Antifaschistinnen und Antifaschisten, allen Demokratinnen und Demokraten. Wir haben uns häufig mit den bekannten Genossinnen und Genossen solidarisch erklärt – mit Bodo Ramelow, mit André Hahn, mit Caren Lay, mit Michael Leutert, mit Willi van Ooyen und Janine Wissler. Alle diese Abgeordneten stehen im Mittelpunkt, natürlich ist es für sie unangenehm, und es ist auch kein Spiel, dass sie verfolgt werden. Aber ich erinnere daran, dass noch 900 Verfahren laufen wegen der Proteste in Dresden, und 900 Menschen, die nicht in der Öffentlichkeit stehen – auch sie verdienen unsere Unterstützung.
Zu dem Versagen der Bundesregierung, zum Versagen der Zuständigen passt eine Entscheidung des Bundespräsidialamtes, die gestern bekannt wurde. Das Bundespräsidialamt hat zum wiederholten Mal abgelehnt, Beate Klarsfeld mit dem Bundesverdienstkreuz auszuzeichnen. Ihr erinnert Euch: Beate Klarsfeld hat gemeinsam mit ihrem Mann Serge Naziverbrecher gesucht, gefunden, an die Justiz übergeben – ich nenne die Namen Kurt Lischka, Alois Brunner, Klaus Barbie. Die Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag hatte vor drei Jahren Beate Klarsfeld und ihren Mann eingeladen und sehr beeindruckende Stunden mit ihnen verbracht. Was mich an Beate Klarsfeld so besonders beeindruckt hat, ist ihr persönlicher Mut, ihr persönlicher Einsatz, und wenn ich mir eine Bundespräsidentin wünschen dürfte, dann wäre es eine Frau wie Beate Klarsfeld. Das Bundesverdienstkreuz ist für sie ja nicht zum ersten Mal beantragt worden. Da Beate Klarsfeld in Frankreich lebt, erteilen zunächst die Außenminister ihre Zustimmung oder ihre Ablehnung, und Josef Fischer von den Grünen hat es genauso abgelehnt wie Guido Westerwelle von der FDP. Und nun das Bundespräsidialamt. Ich glaube, auch das spricht Bände über die Zustände in unserem Land.
Im Zusammenhang mit der Diskussion um den Bundespräsidenten bin ich am vergangenen Freitag nach Maßstäben für einen Bundespräsidenten gefragt worden. Und ich habe daran erinnert, wie Richard von Weizsäcker 1985 in seiner Rede zum Jahrestag der Befreiung und mit seiner Position im Historikerstreit ganz deutlich gesagt hat: Der 8. Mai 1945 ist ein Tag der Befreiung vom Hitlerfaschismus. Dieser Mann, finde ich, hat Maßstäbe für das Amt des Bundespräsidenten gesetzt. Und auch wenn man dieses Amt nicht überhöhen sollte, kleiner sollte man es in Zukunft auch nicht machen.
Ihr habt ja mitverfolgt, dass nach dem Rücktritt von Christian Wulff ganz merkwürdige Dinge passierten. Aber zuvor noch ein Wort zu den Ereignissen vor dem Rücktritt. Manch einer –
auch in Zeitungen außerhalb der Bundesrepublik – wirft die Frage auf, ob es hier nicht etwas kleinkariert zuginge, ob man über die falschen Fragen diskutiere. Vielleicht stimmt das an der einen oder anderen Stelle, zumindest als es um das Bobbycar, das Plastikauto für Kinder, ging. Aber es geht hier um eine ganz grundsätzliche Frage. Es geht um die Frage, ob in unserem Land, ob in unserer Demokratie die gleichen Regeln für alle gelten, oder ob es eine Schicht gibt, eine Verquickung von Politik und Wirtschaft, eine Ausprägung des Lobbyismus, die wiederum die Gleichheit aller und die Demokratie in Frage stellen. Bei Christian Wulff war es ja eigentlich so eindrucksvoll, weil da Dinge passiert sind, die sich eigentlich jeder vorstellen kann. Es ging los mit dem Hauskredit. In Deutschland gibt es acht Millionen Hauskredite, etwa 24 Millionen Menschen sind davon betroffen. Vielleicht hat der eine oder andere von Euch auch mal einen Hauskredit aufgenommen. Der Vorteil des Hauskredites von Christian Wulff belief sich auf exakt 90.000 Euro. Mit diesem Geld kann man in einem Haus eine Menge machen. Wenn einem das geschenkt wird, zeigt das, wie die Dinge in unserem Land auseinanderklaffen. Trotzdem muss sich jeder darüber im Klaren sein, dass die Ermittlung durch die Staatsanwaltschaft nicht etwas ist, das völlig unabhängig und neutal geschieht. Es ist ganz einfach. Die Bundeskanzlerin und ihre Freunde haben die Befürchtung gehabt, dass die inzwischen zehnwöchige Debatte ernsthaft die Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und im Saarland gefährdet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Staatsanwalt in Niedersachsen ohne politische Rückendeckung einen derart gravierenden Antrag stellt. Ich glaube, auch dieser Zusammenhang muss benannt werden.
Nun zum Verfahren. In einer Zeitung habe ich den Kommentar der Bundeskanzlerin gelesen, sie würde mit ihren Koalitionspartnern sprechen und dann auf Grüne und SPD zugehen. Warum eigentlich nicht auf DIE LINKE? Auch die ist Teil der Bundesversammlung, wir haben 125 Wahlfrauen und -männer stellen. Wir werden natürlich dort unsere Stimme in die Waagschale werfen. Ich glaube, hier hat Frau Merkel einen entscheidenden Fehler gemacht. Es ist ja nicht die Frage, ob ich oder Klaus Ernst oder Gregor Gysi mit der Bundeskanzlerin an einem Tisch sitzen und darüber diskutieren, wer es werden kann oder nicht. Das ist eine Botschaft an fünf Millionen Wählerinnen und Wähler der LINKEN, denen gesagt wird, ihr gehört nicht dazu, mit euch wollen wir nicht darüber reden, und das lassen wir uns nicht gefallen, liebe Genossinnen und Genossen.
Ihr habt hier auf Eurem Parteitag schon darüber gesprochen, welche Erfolge Ihr im Land Brandenburg erreicht habt, mit welcher Intensität Ihr Euch dafür einsetzt, dass das Leben in diesem Land besser, gerechter, zukunftsgewandter wird. Eine Partei wie unsere, die seit 20 Jahren in diesem Land entscheidend die demokratischen Strukturen mitgestaltet, ist eine Partei, die sich nicht zur Seite drängen lässt. Eine wichtige Sache, liebe Genossinnen und Genossen, der wir uns auch immer versichern müssen, ist: Wir sind eine selbstbewusste Partei, Ängstlichkeit steht uns nicht, und darum fordern wir auch unsere Rechte im Sinne unserer Wählerinnen und Wähler immer wieder offensiv ein.
Eine der größten Herausforderungen, mit der DIE LINKE im Augenblick zu kämpfen hat, ist die Frage der Krise in Europa. Helmuth Markov wird sich sicherlich erinnern aus seiner Zeit im Europäischen Parlament, wie kompliziert es häufig ist, die Prozesse, die sich auf der europäischen Ebene abspielen, auch so zu übersetzen und so darzustellen, dass man überall, in jeder Kommune, in jedem Dorf, in jeder Schule verstehen kann, worum es eigentlich geht. Für uns als LINKE besteht die Herausforderung im Zusammenhang mit dieser Krise vor allen Dingen in dieser Frage. Wir haben gute Analysen aufgeschrieben, wir haben in der Bundestagsfraktion viele interessante Anträge entwickelt, wir haben viele Detailkenntnisse. Aber ich glaube, die Herausforderung, der wir uns vor allem stellen müssen, ist, zu verhindern, dass diese Krise von den Herrschenden in Europa genutzt wird, um Nationalismus und Feindschaft unter den Menschen zu schüren, um gegen faule Griechen zu hetzen. Unsere Aufgabe ist die der Aufklärung, wir müssen die Solidarität zwischen den Menschen organisieren. Und wenn wir mit Griechenland solidarisch sind, liebe Genossinnen und Genossen, sind wir auch solidarisch mit den arbeitenden Menschen in unserem Land.
Worum geht es denn in dieser Krise? Es gibt viele Begriffe für sie: Schulden-Krise, Euro-Krise, Europa-Krise. Aber man kann es auf den Punkt bringen. Es ist eine Krise der Verteilung. Die einen haben immer weniger, und die anderen haben immer mehr. Es ist doch aberwitzig, dass seit der letzten Krise im Jahr 2008 die Anzahl der Millionäre und der Milliardäre allein in der Bundesrepublik Deutschland nicht ab-, sondern zugenommen hat. Wenn eine Krise dazu dient, Geld anders zu verteilen, nämlich von unten nach oben, dann zeigt es sich, worum es geht, nämlich um Gerechtigkeit, um die Verteilung dessen, was an Reichtum in diesem Land und in Europa vorhanden ist. Und so deutlich, liebe Genossinnen und Genossen, müssen wir das auch benennen.
Das Geld- und Immobilienvermögen liegt in privaten Haushalten in Deutschland – ohne Schmuck, Autos oder Kunstsammlungen dazuzurechnen – bei zehn Billionen Euro. Fragt doch mal diejenigen, die in der Kommune oder im Land Verantwortung tragen, ob sie sich vorstellen können, was sie mit einem Bruchteil dieses Geldes anfangen würden. Ich glaube, Ihr hättet da sehr gute Ideen, liebe Genossinnen und Genossen.
Wir haben in Ostdeutschland inzwischen die Situation, dass viele trotz Arbeit arm sind. In unserem Buch „Die Kommunalen“ haben wir den Genossen Gerhard Rohne aus Prenzlau vorgestellt. Er hat davon berichtet, dass dort, wo er Verantwortung trägt, von 40.000 Menschen im arbeitsfähigen Alter jeder vierte seinen Verdienst mit Hartz IV aufstocken muss. Was wir jetzt in Europa sehen, ist nichts anderes als ein aggressiver Export der Agenda 2010. Die Idee von Hartz IV wird zur Waffe gegen alle anderen Länder in Europa. Und irgendwann, wenn alle anderen Länder die Exporte, die aus Deutschland kommen, nicht mehr bezahlen können, dann wird uns das auch hier unheimlich auf die Füße fallen. Darum – ich wiederhole es – ist die Solidarität mit Griechenland auch eine Solidarität in unserem eigenen Sinne, liebe Genossinnen und Genossen.
Ich bitte Euch, genau hinzuschauen. Wie ist denn jetzt die Situation in Griechenland? Es wird häufig von den 14 Monatsgehältern gesprochen. Da muss man fragen, wie hoch ein solches Gehalt ist. Es kommt zu Stromabschaltungen. Selbst in Griechenland war dieser Winter kälter als in den vergangenen Jahren, als habe er sich verschworen mit der Krise. Die medizinische Versorgung wird abgebrochen, wenn sie nicht bezahlt werden kann. Kinder werden nach der Geburt in Kliniken zurückgelassen. Innerhalb kürzester Zeit hat sich dieses Land mitten in Europa in ein Land der Dritten Welt entwickelt. Das ist ein Ergebnis der Politik der Bundesregierung. An Griechenland soll ein Exempel statuiert werden. Wir müssen erkennen, dass das etwas ist, was alle bedroht und nicht nur die Griechen.
Diese falsche Politik muss endlich beendet werden. Wir wollen einen Schuldenschnitt, wir wollen ein Wachstumsprogramm, ein Konjunkturprogramm, wir wollen die Finanzierung sicherstellen. Das können wir auch, wenn wir endlich die Finanztransaktionssteuer und die Vermögenssteuer einführen, über die so gern geredet wird. Ich erinnere daran, dass Frau Merkel gesagt hat, sie persönlich könne sich eine Finanztransaktionssteuer vorstellen, aber die FDP wolle nicht. Liebe Genossinnen und Genossen, wollen wir wirklich das Schicksal Europas von einer Partei abhängig machen, die dahinsiecht und in Auflösung begriffen ist? Ich glaube, wohl kaum.
DIE LINKE hat sich im vergangenen Jahr in Erfurt ein Programm gegeben, und das Motto unseres Parteitages war „Freiheit, Würde, Solidarität“. Für mich war dieser Parteitag insofern ein sehr großer Erfolg, weil Monate vorher vorausgesagt wurde, DIE LINKE würde sich zerstreiten und nicht in der Lage sein, sich auf ein Programm zu einigen. Und was ist passiert? In vielen Stunden der Diskussion, durch viele Zuschriften, durch Abwägungen, durch viele Gespräche ist es gelungen, ein Programm zu verabschieden, dem auf dem Parteitag weit über 90 Prozent der Delegierten und auch in der Abstimmung durch die Mitglieder eine ebenso hohe Zahl die Zustimmung gegeben hat. Nun allerdings ist es an uns, dieses Programm auch umzusetzen. Und zwar gemeinsam, aber überall dort, wo jemand eine gute Idee hat. Und Ihr hier in Brandenburg habt gute Chancen. Ihr habt das große Potenzial, dass auch aus Brandenburg, mit Euren Projekten, die Ihr hier entwickelt, ein Rückenwind für die gesamte Partei entstehen kann. Mit den Erfolgen, die Ihr erringt, könnt Ihr der gesamten Partei zeigen: Ja, es lohnt sich, auch wenn es schwierige Diskussionen gibt, in einer Regierung zu arbeiten. Ich habe mich sehr gefreut, lieber Helmuth, als ich heute Morgen in einer Zeitung lesen konnte, dass Du etwas gesagt hast, was ich auch immer zu propagieren versuche. Wir sollten nicht immer vom mitregieren sprechen, das hört sich so klein an, sondern sagen: Wir regieren! Keine andere Partei stellt sich hin und sagt, wir machen da irgendwie mit. Wir müssen selbstbewusst dazu stehen und die Dinge, die wir angehen wollen, auch umsetzen, liebe Genossinnen und Genossen.
Ihr habt Erfolge benannt: 2.000 zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer, Schüler-BAföG, Mindestlohn im Vergabegesetz. Eine Sache will ich hervorheben, die mir seit Jahren besonders am Herzen liegt, AGNES 2 – die Gemeindeschwestern – wird jetzt unter der Verantwortung und auf Initiative von Anita Tack vorangetrieben. Im Bericht des Landesvorstandes könnt Ihr noch mehr Erfolge nachlesen. Es ist nun mal so, dass nicht jeden Tag jede Zeitung alles Gute, was wir erreicht haben oder was wir erreichen wollen, was wir planen, beschreibt. Und darum müssen wir selber losgehen und überall dort, wo wir Kontakte haben, mit den Menschen sprechen, uns in Initiativen verankern, in Mietervereinen, in Rentenberatungen, in Jugendvereinen, in Kleingartenvereinen. Ihr wisst – ein Kleingarten, vier Wähler. Das ist eine gute Formel, die man sich merken kann. Da müssen wir hin. Da müssen wir selber darüber berichten, was wir erreicht haben und warum wir bestimmte Dinge nicht erreicht haben. Diese Arbeit wird uns keiner abnehmen, liebe Genossinnen und Genossen. Und ich kann Euch nur bitten, unterstützt die Verantwortlichen in der Regierung, in der Fraktion, aber auch die Genossinnen und Genossen in den verschiedenen Arbeitsgemeinschaften und Bürgerinitiativen, damit sich unsere Ideen und unsere Vorstellungen in diesem Land auch verbreiten.
Ihr habt geplant, heute die Leitbilddiskussion über Brandenburg fortzusetzen. Ein Leitbild, glaube ich, kann man gut mit unserem Programm, mit den programmatischen Angeboten verbinden. Und wir müssen uns als Gesamtpartei doch die Frage stellen: Warum haben viele Menschen vergessen, dass wir die ersten waren, die den Mindestlohn gefordert haben? Warum haben viele Menschen vergessen, dass wir zuerst die Finanztransaktionssteuer gefordert haben. Warum ist das so? Hat das damit zu tun, dass es vielleicht nicht gut aussähe, wenn wir sagen, wir wussten es ja schon, aber die anderen haben es nicht gemacht. Es gibt ja den Spruch: Wer seiner Zeit voraus war, muss häufig in einer sehr unbequemen Unterkunft auf sie warten.“ Ist es nur das? Ich glaube, es muss uns viel mehr gelingen, die Grundidee unserer Partei zu vermitteln. Unsere Grunderzählung ist die Idee einer solidarischen Gesellschaft, wir nennen sie demokratischen Sozialismus. Wir müssen unser Gesamtziel offensiver vermitteln.
Liebe Genossinnen und Genossen,
wir haben immer wieder mit der Diskussion zu tun: Wer sind unsere Partner? Unsere Partner sind zuallererst unsere Wählerinnen und Wähler, die Menschen in diesem Land, die wir von unseren Ideen überzeugen können und die, die wir von unseren Ideen noch überzeugen wollen. Aber natürlich bewegen wir uns auch im politischen Raum. Im Raum der Parteien. Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, der Kollege Sigmar Gabriel, hat erklärt, DIE LINKE sei unzuverlässig. Ich kann das nicht erkennen. Wir als LINKE haben unsere Meinung in den grundsätzlichen Fragen nicht geändert. Wir sind für eine gerechte Gesundheitspolitik, für eine gerechte Rentenpolitik. Wir sind für die Überwindung von Hartz IV. Wir sind für Mindestlöhne, und wir haben niemals unsere Positionen verändert, wir sind die Friedenspartei, die in den deutschen Parlamenten vertreten ist, und dabei wird es auch bleiben. Zuverlässiger kann man nicht sein.
Natürlich schauen wir alle auf die Umfragen, und nicht jede Umfrage gefällt uns. Aber Umfragen sind keine Wahlergebnisse. Abgerechnet wird bei den Wahlen. Und wir sollten auch unsere Sorge über Umfrageergebnisse nicht immer in der Öffentlichkeit als unser wichtigstes Problem besprechen. Das wichtigste Problem ist doch: Wie können wir unsere Idee, unsere Politik so überzeugend an die Menschen herantragen, dass sie auch sagen; Ja, es lohnt sich mit der LINKEN zusammenzuarbeiten, es lohnt sich, DIE LINKE zu wählen, und es lohnt sich auch, Mitglied der LINKEN zu werden. Wir müssen aktiv Menschen für unsere Partei gewinnen. Mit Blick auf unser Programm will ich Gandhi zitieren, der sehr klug gesagt hat: „Sei selbst die Veränderung, die du in der Welt sehen willst.“ Wir sind eine große Gemeinschaft, aber wenn jeder bei sich selbst anfängt, dann sind wir auch ein Stück weiter, liebe Genossinnen und Genossen.
Jetzt komme ich zu dem, was ich am Anfang angekündigt habe. Ich gratuliere Stefan Ludwig sehr herzlich zu seiner Wahl als Vorsitzender des Landesverbandes der LINKEN Brandenburg. Ich bedanke mich bei Thomas Nord für seine langjährige Arbeit. Er hat ja auch viel Erfahrung in der politischen Arbeit in Berlin gesammelt. Daher kennen wir uns auch seit Anfang der 90er Jahre. Er hat mit großem Elan, mit großer Kontinuität hier in Brandenburg diese Arbeit fortgesetzt. Seit der vergangenen Bundestagswahl ist er ja auch Mitglied der Bundestagsfraktion und kümmert sich dort ums ganz Große, nämlich um Europa. Thomas, ich wünsche Dir für die Zukunft noch viele politische Erfolge und hoffe, dass Du die Ideen, die Du entwickelt hast für das ganz Große, auch umsetzen kannst.
Lieber Stefan, auch wir kennen uns schon sehr lange. Du warst mal einer der jüngsten Abgeordneten. Ich kann mich noch sehr gut erinnern an Deine Zeit als Bürgermeister in Königs Wusterhausen. Du bist in dieser Zeit auch regelmäßig mit Deinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu mir in den Bundestag gekommen, und ich konnte mich davon überzeugen, welche hohe Achtung Stefan bei diesen Kolleginnen und Kollegen genossen hat und wie er seine Arbeit gemeistert hat. In einer Kommune ist man ja immer ganz nah dran, deshalb überreiche ich Euch gleich auch das Buch „Die Kommunalen“. Es ist natürlich so, lieber Stefan, wenn man ein neues politisches Amt antritt, wird das von vielen ganz anders beäugt als die vorherigen Ämter. Aber ich kann Dir aus meiner eigenen Erfahrung versichern, Du wirst viele neue Erfahrungen machen, viele Überraschungen erleben, es sind auch gute dabei.
Vielen Dank!