Rede Stefan Ludwig

Stefan Ludwig, 18.2.12

Es gilt das gesprochene Wort

Liebe Genossinnen und Genossen,

wir befinden uns in einer wichtigen Etappe unserer Arbeit als Landesverband: In den kommenden 2 Jahren werden wir die Grundlagen unserer Politik für das gesamte Jahrzehnt legen müssen. Wir haben im März dieses Jahres auch die Halbzeit der Koalition im Land. In der Politik unserer Bundespartei wie auch in der Bundes- und Europapolitik stehen in diesem Jahr wichtige Entscheidungen an. Brandenburgs Stimme hatte und hat dabei Gewicht. Das soll so bleiben, wir werden uns in die Durchführung des Parteitages im Juni mit Energie einbringen.

Welches Bild von unsrer Partei möchte ich weiter prägen?

1.    DIE LINKE ist die Partei der sozialen Frage, steht für Soziale Gerechtigkeit.
Dies ist bei uns der Dreh- und Angelpunkt eines jeden Politikansatzes. Seit 1991 ist das in der PDS Brandenburg so gewesen, seit ihrer Gründung hat sich die WASG Brandenburg so verstanden, wir haben beide Parteien so zusammengeführt. Denken wir an den Beginn der 90er Jahre: zwei Ausgaben des Projekts „Streusandbüchse“ wurden veröffentlicht, mit denen Ansätze für Arbeit in Brandenburg in Zeiten des Strukturwandels aufgezeigt wurden. Ein Lausitzkonzept wurde erarbeitet, als andere Parteien in Brandenburg noch von der Unendlichkeit der Braunkohlegewinnung und -verstromung ausgingen.
Dieses Engagement hat uns stark gemacht, dies hat Wählervertrauen gewonnen und uns so durch unsere Stärke in Regierungsverantwortung gebracht.
Die Ressortbesetzung in der Landesregierung bildet das durchaus ab. Manchmal erreichen mich fragen, ob wir mit unseren Ressorts in dieser Frage punkten könnten. Ich sage: ja.
Mit seiner Politik sorgt der Wirtschaftsminister jeden Tag für Arbeit, von der man Leben kann in Brandenburg. Er hat sich zum eigentlichen Arbeitsminister im Hintergrund entwickelt. Unter seiner Verantwortung entstand ein Vergabegesetz mit einer Lohnuntergrenze bei öff. Aufträgen. Somit wird niemand mehr arm, wenn er an Öff. Aufträgen arbeitet im Land. Dies entlastet auch die Kommunen, denn diese Beschäftigten müssen nach der Arbeit nicht mehr „aufs Amt“. Er kümmert sich darum, dass diese Lohnuntergrenze nun zügig angehoben wird, um den Entlohnten nicht nur ein Leben ohne Armut, sondern in gleichberechtigter Teilhabe zu ermöglichen. Ich gehe davon aus, dass Branden-burg als erstes Bundesland die in unserem Bundestagswahlprogramm avisierte Höhe von 10 Euro ungefähr erreichen wird. Daran arbeiten wir. Die Förderpolitik wurde so verändert, dass an Fördermitteln auch Bedingungen für gute Arbeit hängen.
Unsere Gesundheitsministerin kümmert sich um eine flächendeckende gesundheitliche Versorgung im Land. Sie duldet keine unterschiedlich oder schlecht versorgte Regionen oder die Vertiefung der 2-Klassen-Medizin. Ein Netz an Krankenhäusern überall im Land wird modernisiert.
Der Finanzminister nimmt die Herausforderung an und bringt die Kasse zunehmend ins Lot. Wenn wir 400 Mio. geplante Kredite in einem Jahr nicht aufgenommen haben, kann jeder einfach im Kopf ausrechnen, wie viel Geld durch nicht notwendige Zinszahlungen jedes Jahr für anderes genutzt werden kann, denn bisher zahlt das Land immer nur die Zinsen – es wurde bisher nie etwas  zurückgezahlt.
Unser Justizminister kümmert sich täglich um die Einlösung des Rechtsstaatsgebots. Mit der Sicherung von Gerichtsstandorten überall im Land sorgt er nicht nur für kurze Wege der Rechtssuchenden, sondern auch für eine bürgernahe Justiz, die die Verhältnisse in der Region kennt. Er stärkt so auch das Vertrauen in die Demokratie, wirkt gegen die Stärkung von Rechtsextremen in Regionen des Landes. Wer die Vorteile einer Demokratie erfährt vor Ort, hat gute Gründe, diese Demokratie vor Ort auch zu verteidigen!
Eine weitere Erwartung von Wählerinnen und Wählern an uns wies eine Befragung kürzlich aus: die Verbesserung der Bedingungen für Kinder im Land. Das ist eine Querschnittsaufgabe, an der unsere Regierungsmitglieder beteiligt sind. Auch deshalb haben wir dafür gesorgt, dass nicht nur 1250 neue Lehrerinnen und Lehrer eingestellt werden, sondern 2000! Wir bleiben bei solchen Herausforderungen dran! Doch das geht weit über gute Bildung für alle von Anfang an hinaus. Wir kennen die leider auch hier starke Bindung der Zukunftschancen von Kindern an den sozialen Status der Eltern. Arbeit, von der man leben kann stärkt die Perspektiven der Kinder! Ein dichtes Netz der gesundheitlichen Versorgung der Kinder stärkt ihre Zukunftschancen! Ein Netz von KiTas in allen Regionen ist der Eingang zu lebenslangem Lernen. Auch hier wirken wir der Entwicklung einer 2-Klassen-Gesellschaft entgegen.

Auf all diesen Feldern müssen wir nun Projekte vorantreiben. Wir müssen erklären, wie unsere Schule für alle aussieht, damit sie auch für alle attraktiv wird. Wie werden wir die gesundheitliche Versorgung in dünner besiedelten Regionen stabil halten bei den Folgen der bundespolitischen Abrissbirnen der wechselnden Gesundheitsminister einer in Umfragen kaum noch messbaren Klientelpartei? Unsere Wähler erwarten von uns klare Aussagen dazu, wir müssen das leisten.
Wir wissen, dass wegen der Veränderungen im Rentenrecht, der hohen Langzeitarbeitslosigkeit in den letzten 2 Jahrzehnten und der Folgen der Agenda 2010 Altersarmut im Land droht. Es war unsere Leistung, dass die seit 1990 regierende Brandenburger SPD Armut als Herausforderung im Land anerkannte. Welche Projekte entwickeln wir nun gegen Altersarmut bzw. wie können wir vor Ort damit umgehen? Wir werden die Kommunen damit nicht allein lassen. Wir werden anders agieren, als es andere Regierungsparteien bisher immer getan haben.
Eine Verschlechterung der Bedingungen in der Schülerbeförderung ist für uns nicht akzeptabel. Mit dem Bildungs- und Teilhabepaket hat auch hier die Bundesregierung der bisherigen Landespolitik Steine in den Weg gerollt. Es ist eine Herausforderung für uns, bei Einhaltung des geltenden Bundesrechts dafür zu sorgen, dass niemand für die Schülerbeförderung Gebühren zahlen muss, der es bisher nicht musste. Dazu ist abgestimmtes Agieren mehrerer Ministerien und der Landkreise notwendig. Daran arbeiten wir.
Ein hervorragendes Netz an KiTa-Betreuungsmöglichkeiten ist ein Faktor, der Brandenburg bundesweit besonders familienfreundlich macht. Wir haben in der Koalition die Schaffung von ca. 90 Erzieherstellen befördert. Welchen Weg gehen wir nun weiter? Andere Länder liegen im Betreuungsschlüssel und damit in Qualität deutlich vor uns.

2.    DIE LINKE ist die Bürgerrechtspartei im Landtag Brandenburg.
Seit 1991 bietet die PDS und heute DIE LINKE die Verankerung von Rechten der Bürger auf allen Ebenen als politisches Konzept. Das wollen wir fortsetzen. Wir wissen, dass solche Verfassungspolitik einen langen Atem braucht und dass der Verfassungsalltag das entscheidende Kriterium des Erfolges ist.
So haben wir als verfassungsgebende Partei die Landesverfassung beeinflusst, so haben wir zum Jahreswechsel das Wahl und Abstimmungsalter auf Landes- und Kommunalebene auf 16 Jahre gesenkt. Das ging nur mit Rot-Rot bei Übereinstimmung in dieser Frage mit den Brandenburger Grünen. Mitte der 90er Jahre habe ich im Landtag einen Gesetzentwurf der oppositionellen PDS zur Senkung des Wahlalters begründet, damals hatten wir keine Chance. 15 Jahre später sorgt DIE LINKE als Regierungspartei für die Umsetzung dieser Forderung, dabei als erstes Flächenland auch für Landtagswahlen! Machen wir was draus, ein Antrag dazu liegt uns vor.
Wir haben als erste die Diskussion um unsere strategischen Ziele der Landesentwicklung öff. geführt. Nach der Diskussion um unser Leitbild haben wir das Wählervertrauen erhalten! Nun folgen andere Parteien mal laut und mal leise unserem Weg. Wir werden so weitermachen.
Wir bleiben Partnerin von Volksinitiativen, Bürgerinitiativen und anderen direktdemokratischen Initiativen überall, daran hat sich durch Regierungsverantwortung nichts geändert.
So werden wir auch in der Flüchtlingspolitik aktiv: in der nächsten Landtagssitzung wird auf unsere Initiative hin die Landesregierung beauftragt, bei der Bundesregierung die Aufhebung des sog. Flughafenverfahrens im deutschen Asylrecht zu verlangen, das sonst am neuen Flughafen BER umgesetzt werden muss.
Mit dieser Ausrichtung der Politik ziehen wir auch eine Lehre aus der Geschichte unserer Partei. Wir wissen, dass der mündige und aktive Bürger der beste Schutz unserer Verfassung ist. Deshalb nehmen wir auch in diesem Sinne Einfluss auf die Umsetzung von Gesetzen
Auch deshalb ist es inakzeptabel, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz Mitglieder unseres Landesverbandes beobachtet. Wer aktive Demokratinnen wie Dagmar Enkelmann als mögliche Verfassungsfeinde beobachtet, muss dringend die Brille absetzen, durch die er da schaut! Die LINKE in Brandenburg ist verfassungsgebende Partei, genauso wie der Bundesverband verteidigt er Demokratie und Freiheit! Gut zu wissen, dass der Brandenburger Verfassungsschutz solche Irrwege nicht ging oder geht. Vielleicht ist er auch deshalb nicht bisher in den Erkenntnissen über den Totalausfall deutscher Sicherheitspolitik enthalten. Es ist vor dem Hintergrund deutscher Geschichte un-verantwortlich, wie das handeln eines NSU in Deutschland ermöglicht, begleitet und verschwiegen wurde! Dass 60 Jahre nach Niederschlagung des Faschismus wieder Nicht-Deutsche um ihr Leben fürchten, wir bereits Tote zu beklagen haben, wird auch ein bundesweites Gedenken nicht vergessen machen. Was bisher geschah an Aufarbeitung und Entschuldigung ist noch nicht mal das Notwendige gewesen. Eine Wiederholung der Taten ist noch nicht ausgeschlossen. Wir stehen auch hier an der Seite unserer ausländischen Einwohnerinnen und Einwohner im Land. Eine aktive und motivierte Zivilgesellschaft schützt unsere Verfassung am besten. Niemand darf sie durch Beobachtung und Kriminalisierung demotivieren!

3.    Wir wollen eine Partei des Mitmachens sein.
Wir haben ein anderes Modell der Politikgestaltung, auch deswegen  wollen wir Mitgliederpartei sein. Wir wollen, dass Menschen selbst ihre Geschicke bestimmen, also sollten sie nicht nur durch uns vertreten ihre Interessen wahren, sondern unsere Politik selbst bestimmen. Dass müssen wir ausstrahlen! Wer aktivieren will, muss das wahrnehmbar machen. Unterschiedliche Mitgliederzahlen in Regionen haben möglicherweise auch den Hinweis auf Reserven dieser Art in sich.
Wir stehen für einen solidarischen Umgang in der Gesellschaft, das müssen wir glaubwürdig vorleben! Gerade unse-re Wählerinnen und Wähler sind da sensibel.
Dabei machen wir immer Politik von links. Zu Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern will ich durch neue institutionelle Formen der Zusammenarbeit die Chance zum Miteinander verbessern
Dazu tragen wir mit der Wahrung von Mitgliederrechten bei. Parteitagsbeschlüsse gelten, wer an deren Inhalt etwas ändern will, muss auf Parteitagen Änderungsanträge stellen. Diese Beschlüsse sind die Richtschnüre unserer Politik. Die Partei gibt die strategischen Ziele vor.

Ich sehe 3 Hauptaufgaben, die der Landesvorstand in den kommenden 24 Monaten lösen muss:
1.    Die begonnene Parteireform im Landesverband muss umgesetzt werden. Bevor wir ab Mitte 2013 wieder Wahlkämpfe bestehen müssen, sollten wir unsere Organisation auf die vom Parteitag beschlossene neue Qualität heben.
2.    Mit der Erarbeitung unseres Leitbildes, zu der nach der Auftaktkonferenz im Dezember morgen hier ein weiterer Impuls gegeben wird, bestimmen wir unsere Ziele der Entwicklung Brandenburgs für das gesamte Jahrzehnt.
3.    Wir bereiten die Wahlkämpfe 13/14 vor und bestreiten den Bundestagswahlkampf 2013. Dabei werden wir beweisen, dass es nicht vorbestimmt ist, dass die LINKE in Regierungsverantwortung an Zustimmung verliert. Auch werden wir unsere Verankerung in den Kommunalvertretungen verteidigen, obwohl und weil sich für 2014 ein KandidatInnenwechsel in erheblichem Umfang vollziehen wird. Die Landtagswahl im Herbst 2014 werden wir vorbereiten, der im Frühjahr 2014 zu wählende Vorstand könnte das nicht mehr schaffen.

Für diese Riesenaufgaben habe ich einzelne Personalvorschläge gemacht. Mit viel fachlicher und sozialer Kompetenz an meiner Seite möchte ich die Arbeit anpacken. Deswegen habe ich ein Team für Kernaufgaben dem Parteitag vorgeschla-gen. Das ist keine Ansage, sondern ein Angebot. Die Kandidaturen sprechen auch für sich. Der Parteitag entscheidet durch Wahl. Einige bisherige Vorstandsmitglieder bewerben sich erneut, ich freue mich, dass sie an meiner Seite weitermachen wollen. Neue Bewerbungen mit Erfahrungen verschiedener Art, auch aus LAGen Vorgeschlagene, stehen bereit, um sich einzubringen. Ich freue mich auf die Arbeit, die ich gemeinsam mit den Landesvorstandsmitgliedern Eurer Wahl angehen will. Wir werden viel zu tun haben, um Brandenburg wieder ein Stück sozial gerechter zu machen!