Rede Christian Görke

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Es gilt das gesprochene Wort!

Liebe Genossinnen und Genossen,
Sehr geehrte Gäste,

eigentlich wollte ich diese Rede mit dem berühmten Zitat von Galileo Galilei beginnen
„Und sie bewegt sich doch“. Aber dann habe ich gelesen, dass der Astronom – laut Historiker – diesen Satz wahrscheinlich nie gesagt hat. Auch ohne diesen Satz, wurde Galilei die Weiterverbreitung seiner Ideen zwar trotzdem untersagt, aber sein Trotz und seine triumphale Selbstgewissheit hielten ihn nicht zurück das Richtige zu sehen.

Und insofern passt dieser Einstieg in eine politische Rede, die sich mit der Situation im Land beschäftigen soll, vielleicht doch wieder ganz gut. Denn triumphale Selbstgewissheit kommt ja auch hier durchaus an der einen oder anderen Stelle vor. Und ich glaube, dass sie sich eben doch etwas bewegt: die politische Landschaft, die Koalition im Land, ja sogar die SPD.
Denn, dass so Einiges in Bewegung kommt, hat ein gutes Stück damit zu tun, wie DIE LINKE in diesem Land agiert.

Lasst mich das an ein paar Beispielen belegen: Was haben wir uns mit der SPD beim Thema Gemeinschaftsschule / längeres gemeinsames Lernen gefetzt! Immer wieder hieß es seitens der SPD, das sei mit ihr nicht zu machen. Sie stehen für den „Schulfrieden im Land“.
Dabei kann von Frieden kaum die Rede sein, wenn Klassen im Speckgürtel aus allen Nähten platzen und im ländlichen Raum kleine Schulen um ihre Existenz bangen müssen. Nach unserem Parteitag im November, haben sich die Sozialdemokraten bewegt und einen Beschluss mit uns in den Landtag eingebracht, in dem Schulen und Schulträger ausdrücklich ermuntert werden, so genannte Schulzentren zu bilden.

Diese Schulzentren machen es möglich, dass Schüler von der 1. Klasse bis zum Schulabschluss gemeinsam lernen können. Die Landesregierung wird nun ein Konzept zur Stärkung dieser Schulzentren vorlegen. Dieses Konzept soll auch Wege aufzeigen, wie weitere Schulzentren entstehen könnten.

Liebe Genossinnen und Genossen, das ist ein politischer Erfolg und dieser Erfolg ist nicht zu unterschätzen! Denn es war ein langer, langer Kampf mit dem Koalitionspartner – aber, … sie bewegt sich doch! Aber wir sind damit noch längst nicht am Ziel. Erste Schulen machen sich zwar auf den Weg, aber es gibt natürlich nicht nur Widerstände beim Koalitionspartner. Auch Kommunalabgeordnete, Lehrer, Eltern und Schüler gilt es davon zu überzeugen, dass dies ein richtiger Weg ist.

Das wird nicht einfach, denn viele haben die Nase voll, von weiteren Experimenten in der Bildungslandschaft. Aber ich glaube wir haben gute Argumente, die Ihr alle kennt. (Stichworte: keine frühzeitige Auslese, Durchlässigkeit, Chancengerechtigkeit, Mittel bereitgestellt …)
Und ein ganz wichtiger Fakt, der oft zu kurz kommt, ist – Schulzentren werden den Regionen helfen, in denen die Schülerzahlen weiter zurückgehen, die Schule wohnortnah zu erhalten.
Von daher bin ich wirklich froh, dass wir das erreicht haben und ich sage an dieser Stelle einfach auch mal Danke. Danke an Gerrit, Kathrin und der LAG Bildung und all diejenigen die hier tagtäglich an der Bildungsfront kämpfen! Diesen Weg müssen wir jetzt fortsetzen, mit Selbstbewusstsein, aber ohne Selbstgewissheit!

Lasst mich noch ein weiteres Beispiel nennen, an dem sich zeigen lässt, dass so einiges in Bewegung geraten ist. Anfang des Jahres hat das Volksbegehren gegen Massentierhaltung einen beeindruckenden Erfolg verbuchen können. Über 100.000 Unterschriften kamen im gesamten Land für mehr Tierwohl zusammen. Ganz ehrlich, mich hat das schon ein bisschen überrascht. In einer Zeit, in der die Medien eigentlich nur das Thema „Flüchtlinge“ hatten, kommen mehr als 100.000 Unterschriften für bessere Tierhaltungsbedingungen in der Landwirtschaft zusammen! Hut ab!
Und ja, das stellt die Landespolitik natürlich vor die Frage, wie sie damit umgehen soll.
Ihr wisst, auch das ist wieder so ein Thema, bei dem wir möglicherweise die SPD zum Jagen tragen müssen. Und das tun wir natürlich auch.

Aber zur Wahrheit gehört auch, dass nicht alles hier auf Landesebene geregelt werden kann und muss. Einiges kann auch der Verbraucher selbst tun. Wenn wir bewusst konsumieren und Regionalität, nachhaltige Erzeugung und mehr Tierwohl die Nachfrage bestimmen, werden sich die Produzenten darauf auch einstellen. Voraussetzung dafür ist jedoch eine umfassende und transparente Information der Verbraucher. Und es geht bei der Frage des Tierwohls auch gar nicht so sehr um Stallgrößen, sondern vielmehr darum, wie die Tiere dort leben.

Natürlich kann und muss Politik die Rahmenbedingungen dafür schaffen. Das fängt bei Transparenzrichtlinien an und endet bei Förderkriterien und der Einsetzung eines Tierschutzbeauftragten. Aber Tatsache ist auch, dass vieles, was wir vielleicht als moralisch verwerflich ansehen, rechtlich durchaus einwandfrei ist. Wenn ein Schwein in einer Buchte von 65 bis 70 cm Breite gehalten wird, ist das für viele von uns vielleicht unvorstellbar. Die bundesrechtlichen Rahmenbedingungen lassen das aber zu. Und da liegt der Hase im Pfeffer.
Wer das nicht mehr will, muss diejenigen schelten, die die Gesetze machen, also den Bund und nicht die Landwirte und Bauern!

Wenn wir also etwas erreichen wollen, müssen wir uns gemeinsam für bundesgesetzliche Änderungen an diesen Vorschriften stark machen. Aber natürlich können wir auch hier im Land dafür noch mehr tun. Da steht zum Beispiel die Forderung nach einen Klagerecht für die Tierschutzverbände. Diese Forderung des Volksbegehrens ist weiter offen. Im Grunde genommen, ist das der einzige Punkt, an dem sich die SPD und Agrarminister Vogelsänger noch bewegen müssen. Und darüber sind wir natürlich im engen Gespräch. Nach unserer Auffassung lässt sich ein Verbandsklagerecht so ausgestalten, dass es einerseits ermöglicht Tierschutzentscheidungen der Behörden gerichtlich zu überprüfen, zugleich aber Verfahrensverzögerungen für Landwirte vermieden werden.

In meinen Kopf will nicht rein, warum das mit unserer SPD nicht zu machen sein soll, zumal die SPD-Bundestagsfraktion noch im Sommer letzten Jahres ein "Positionspapier Tierschutz" veröffentlicht hat. Und in diesem Papier macht die SPD selbst die Forderung nach einer Tierschutz-Verbandsklage unmissverständlich auf. In acht sozialdemokratisch geführten oder mitregierten Bundesländern gibt ein solches Klagerecht bereits.
Ich bin also ganz optimistisch, dass es auch hier am Ende heißt „und sie bewegt sich doch“.
Aber ich möchte auch einen anderen Aspekt zum Volksbegehren anmerken.
Ja, über 100.000 Menschen in Brandenburg haben sich mit Ihrer Unterschrift für mehr Tierwohl ausgesprochen. Übrigens waren wir es die Linke die die Eintragungsmöglichkeiten erleichtert und des Wahlalter herabgesetzt hat. Wie gesagt, ein toller Erfolg, ohne Frage. Weit mehr Menschen aber, haben sich nicht dafür ausgesprochen.

Versteht mich nicht falsch. Ich will den Erfolg des Volksbegehrens nicht kleinreden.
Ich möchte aber die Augen dafür öffnen, dass wir uns hier auch ein Stückweit um ein Luxusproblem streiten. Es gibt in diesem Land Menschen, die haben ganz andere Sorgen. Die wissen nicht, wie sie ihren Kindern ein warmes Mittagessen bereiten sollen, die wissen nicht, ob sie die nächste Waschmaschinen-Reparatur bezahlen können, die wissen nicht, wo sie eine bezahlbare Wohnung finden können. Von daher ist ihnen – verständlicherweise – das „billige Fleisch“ näher, als das Wohl der Tiere.

Liebe Genossinnen und Genossen,
dies sind natürlich die Themen, um die sich eine rot-rote Landesregierung auch und wahrscheinlich noch viel mehr kümmern muss und will. Und ich verstehe daher auch den einen oder anderen durchaus, der milde lächelt, wenn wir sagen, wir brauchen jetzt aber auch noch Geld für einen Tierschutzbeauftragten. Und schaut euch all diejenigen an, die seit Jahren gegen Altanschließer-Gebühren streiten. Ein Thema, bei dem wir als LINKE immer eine andere Auffassung hatten und schon seit Jahren mit der SPD über Kreuz liegen. Und übrigens nicht nur mit der SPD! Das Thema reicht ja noch zurück in einer Zeit, da trug auch die CDU Verantwortung in der Landesregierung. Das hat sie inzwischen leider wieder vergessen. Aber wir wissen es noch. Und wir wissen auch, wer von Anfang an gesagt hat „dieser Weg ist falsch, wir brauchen eine Verjährungs- oder Stichtagsregelung“. Das waren wir, liebe Genossinnen und Genossen!

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes hat nun den Klägern Recht gegeben und damit eigentlich auch unsere langjährige Auffassung bestätigt. Hilft nur leider nix. Die Suppe, die uns SPD und CDU mit ihrer damaligen Sturheit eingebrockt haben, müssen nun wir mit auslöffeln, während sich die CDU in Unschuld wäscht, sondern sogar aufwiegelt.

Aber gut, in einer Krise steckt ja auch immer eine Chance. Ich hoffe, dass wir alle miteinander aus dieser Krise lernen. Und zwar lernen, für die Fehler der Vergangenheit auch einzustehen. Ich bin auch Ralf Christoffers dankbar, der sagt, man kann nicht so tun, als habe das Land mit der ganzen Abwasserproblematik so gar nichts zu tun. Aus meiner Sicht ist es an der Zeit, das Ganze vom Kopf auf die Füße zu stellen. Das einige Abwasserverbände finanziell in Bredouille sind, ist mehr als ersichtlich. Ich finde daher, wir sollten ernsthaft überlegen, wie wir Brandenburgs Wasserverbände zukunftsfest aufstellen.

Es ist doch paradox – wir reden im Rahmen der Verwaltungsstrukturdebatte und vor dem Hintergrund der Demografie über neue Kreisgrößen und nehmen hin, dass es mehr als 73 Wasser- und Abwasserzweckverbände gibt, die teilweise nicht größer sind als ein Amt.
Daher sollten wir die aktuelle Situation nutzen, um mit Landespolitischen Maßnahmen, aber auch mit unseren kommunalpolitischen Möglichkeiten, wirtschaftlich tragfähige Verbandsstrukturen zu schaffen.

Lasst mich noch letztes Beispiel nennen, das zeigt, dass etwas in Bewegung kommt. Und zwar an einem Thema, das uns seit Jahren umtreibt. Das Thema Braunkohle. Wir haben auf einem Parteitag 2009 beschlossen, dass wir den Ausstieg aus der Braunkohle mittelfristig bis 2040 anstreben und es ein realistisches Ziel ist. Wir sind dafür von „strammen Braunkohlebefürwortern“ aber auch von den Brandenburger Sozialdemokraten belächelt worden. Ich erinnere mich noch an die Aussage von M. Platzeck zu den Koalitionsverhandlungen 2009 „Christian die Braunkohle wird noch 2060 gefördert, da sind wir beide nicht mehr da!“.

Aber auch hier gibt es Bewegung, denn Anfang Januar fasste der Vorstand der Brandenburger SPD einstimmig einen Beschluss über eine Zukunftsstrategie für die Lausitz. Wenn man das Papier liest, merkt man, dass ein erstes, ernsthaftes Umdenken. Das dieses umdenken nun einsetzt, darüber freue mich!

„und sie bewegt sich doch“

Eines ist aber auch klar, liebe Genossinnen und Genossen, dass weder Brandenburg noch die Regionen diesen Strukturwandel allein bewältigen können. Dazu brauchen wir die Kooperation mit Sachsen, die Zusammenarbeit der Akteure in der Region und die politische und finanzielle Unterstützung des Bundes und der Europäischen Union. Ich versichere euch, DIE LINKE wird innerhalb des Landtages und im Kabinett ihren Beitrag leisten, dass der Strukturwandel in der Lausitz gemeistert wird und gelingt.

Wie auch immer der Poker um den Verkauf der Braunkohlensparte von Vattenfall ausgehen wird. Ich erwarte nach wie vor, dass der schwedische Staatskonzern Vattenfall (übrigens Rot / Grün regiert) sich dabei nicht aus der Verantwortung stiehlt. Von einem Unternehmen, das Abermilliarden Gewinne mit seiner Braunkohleverstromung gemacht hat, erwarte ich, dass es auch den sozial verträglichen Ausstieg aus der Braunkohle organisiert und sich nicht mit einer Verkaufsprämie vom Acker macht.

Eines muss klar sein und darauf werde ich besonders achten, die Interessen der Lausitz sind nicht verhandelbar!! Das gilt u.a. für die längst überfällige Schaffung der Schlichtungsstelle für Bergbauschäden genauso wie Risikovorsorge zur Absicherung der Bergbausanierung.
Nicht zu vergessen sind die Maßnahmen gegen die braune Spree und die Gefährdung des Trinkwassers durch den Sulfateintrag.

Noch ein Satz zu Jähnschwalde Nord. Klar ist, der Kohleausstieg wird in absehbarer Zeit kommen.
Das liegt weder in der Händen, der Brandenburger Landesregierung oder in der Macht eines Parteitagsbeschlusses. Das entscheidet sich global! Denn darauf haben sich unter anderem die Teilnehmer der Weltklima-Konferenz in Paris verständigt. Auch mit Unterstützung der Bundesregierung, übrigens. Am Standort Jänschwalde werden im ersten Schritt zwei Blöcke vom Netz gehen. Aus meiner Sicht besteht für einen Kraftwerksneubau an diesem Standort, weder eine wirtschaftliche noch keine energiewirtschaftliche Notwendigkeit. Und weil das so ist, braucht es auch keinen Tagebau Jähnschwalde Nord mehr!

Liebe Genossinnen und Genossen, ich habe jetzt viel darüber gesprochen, was sich in der Landespolitik gerade so bewegt. Bewegungen, die aus unserer Sicht in die richtige Richtung gehen, die wir begrüßen und wozu wir auch unseren Teil als Partei beigetragen haben.
Aber auch im Bund gibt es massive Veränderungen. Die CDU verändert seit Jahren viele ihrer Positionen. Ich sage nur Atomausstieg, Aufhebung der Wehrpflicht, Mindestlohn und jetzt sogar die Abkehr von Dublin III und Offene Grenzen für Menschen in Not. Diese Neupositionierung ist zu großen Teilen ein Ergebnis der persönlichen Sturheit von Angela Merkel. Aber sie erntet dafür massiven Widerspruch aus der eigenen Partei und Anhängerschaft und viele der bisherigen Union-Wähler suchen sich eine neue politische Heimat.

Die AfD hat erschreckender Weise bereits Fuß gefasst in der entstandenen Lücke. Die Begleiterscheinungen dieser politischen Verschiebungen sind nicht mehr nur bedenklich. Sie machen Angst! Im letzten Jahr hat es eine Radikalisierung ungeahnten Ausmaßes in der Gesellschaft gegeben. Davon zeugen nicht nur zahlreiche Übergriffe auf Asylbewerber und ihre Unterkünfte. Statistisch gesehen brennt jeden dritten Tag in Deutschland eine Flüchtlingsunterkunft und schwere Verletzungen oder gar Tote werden dabei in Kauf genommen. Auch Anschläge auf Büros unserer Partei häuften sich. Das Büro in Nauen wurde im vergangenen Jahr sechsmal angegriffen: unter anderem mit Farbbeuteln und Steinen. Nun hat es sogar eine Attacke auf das Privat-Auto von zwei Genossen von uns gegeben.

Liebe Susanne, lieber Thomas, wir sind froh, dass euch nichts passiert ist! Danke für euer Durchhaltevermögen und Mut, danke auch für die Entschlossenheit dieser Brandenburger Linkspartei. Danke dass ihr euch nicht unterkriegen lasst! Danke auch in Richtung Staatsanwaltschaft und Polizei, die dieser rechts-terroristischen Zelle das Handwerk gelegt haben!

Ich hätte mir nie träumen lassen, dass in Deutschland noch einmal eine solch aggressive, politische Stimmung entstehen könnte. Sie wird geschürt und provoziert. Die geistigen Brandstifter heißen Gauland, Petri, von Storch, Höcke etc.… So klar, muss man das leider sagen.
Doch das Schlimme ist, dass das Gepöbel von Rechtsaußen dennoch verfängt. Die Forderungen nach Grenzkontrollen, Einreiseverboten und sogar die Abschaffung des Rechtes auf Asyl werden immer lauter.

Seit Herbst gibt es ja aus München die entsprechende Begleitmusik durch . Horst Seehofer setzt seiner eigenen Bundesregierung Ultimaten, fordert Obergrenzen, schreibt Drohbriefe und greift die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Merkel scharf an. Er versucht sie vorzuführen.
Und er verfährt häufiger nach dem Petry-Prinzip: Provokation ersetzt Argumentation.
Dabei müsste er es wissen: Eine Partei zu bekämpfen, indem man sie stellenweise imitiert, war noch nie eine gute Idee. Doch die Forderungen verhallen nicht ungehört.
Erst kamen mit dem Asylpaket I im Herbst 2015 die Balkanstaaten auf die Liste der sicheren Herkunftsländer. Nun sollen Marokko, Algerien und Tunesien dazu kommen. Und dies obwohl, die Situation in diesen Ländern alles andere als sicher ist, so die Menschenrechtsorganisationen.
Laut dieser  Experten sind in diesen Ländern  demokratische Grundrechte stark eingeschränkt und  Menschenrechtsverletzungen  dort nach wie vor an der Tagesordnung. Selbst das Auswärtige Amt hat z.B. für Algerien eine Teilreisewarnung erlassen und rät von Reisen in bestimmte Regionen Marokkos und Tunesiens eindringlich ab.

Das Schlimme aber ist, dass in diesem Deutschland alle mitmachen. CDU und CSU sowieso. Die SPD ist auch mal wieder umgefallen und natürlich werden auch die Grünen mit Herrn Kretschmann wieder umfallen! Ausgerechnet die Grünen! Einer Partei, wo eine humane Flüchtlingspolitik und Friedenspolitik mal einen wirklich hohen Stellenwert hatte. Inzwischen steht dafür nur noch DIE LINKE. Und das alles nur um der AfD den Wind aus den Segeln zu nehmen?
Da sage ich: Das wird so nicht gelingen! Den Wettlauf um die populistischste Forderung kann man nicht gewinnen. Wer der AfD das Wasser abgraben will, muss sich Ihrer Politik hart auseinander setzen und mit guten Argumenten kommen. Nehmen wir mal die Debatte um Obergrenzen.
Liebe Genossinnen und Genossen, JA – ehrlich – ich bin auch für Obergrenzen. Aber nicht für Ausländer, Asylsuchende oder Flüchtlinge
Nein,
– Wir brauchen Obergrenzen für Populistische, rechtsextreme Hetze
Wer wie die AfD fordert, dass Schullehrpläne dahingehend überarbeitet werden, dass im Schulunterricht weniger über die Nazi-Zeit geredet wird, da „die einseitige Konzentration auf 12 Unglücksjahre unsere Geschichte den Blick auf Jahrhunderte, in denen eine einzigartige Substanz an Kultur und staatliche Ordnung aufgebaut wurde, verstelle“ , der ist ein Fall für den Verfassungsschutz.
– Wir brauchen Obergrenzen für eine Politik, die Menschen für dumm verkauft und nur an den eigenen Vorteil denktWenn sich z.B. die CDU in Brandenburg über die Überalterung des Öffentlichen Dienst im Land und die hohen Krankenstände beklagt, nachdem sie in zwei Legislaturperioden lang dafür gesorgt hat, dass Ausbildung und Einstellungen in genau allen  Bereichen massiv runter gefahren wurde, kann man eigentlich nur noch mit dem Kopf schütteln.
– Wir brauchen Obergrenzen für eine Politik der heißen Luft da wird eine Mietpreisbremse eingeführt, die gar keine Bremse für Neubauten hat,
da wird ein Girokonto für jedermann eingeführt, ohne die Kosten zu deckeln,
da werden europäische Migrationsmaßnahmen vorangetrieben, ohne dass sich jemand daran hält,
da wird mehr Transparenz bei TTIP versprochen und gleichzeitig ein Maulkorb verordnet,
da sagt Frau Merkel „wir schaffen das“, aber Herr Schäuble rückt das Geld nicht raus.
Wen wundert es denn da, dass die etablierten politischen Parteien ein Glaubwürdigkeitsproblem haben? Der AfD kann man mit Sicherheit nicht glauben, aber ein Großteil der Wähler meint, dass die AfD „wenigstens die richtigen Fragen stelle“ und hat damit als Protestpartei Erfolg. Die Leute wollen AfD wählen, weil sie den anderen Parteien nicht mehr trauen.

Und darüber sollten wir nachdenken. Gerade auch mit Blick auf die Bundestagswahl. Auch die PDS und DIE LINKE haben ihren Erfolg einst auf Protest gegründet. Auch wir haben für uns den Anspruch gestellt, den Finger in die Wunde zu legen. Und ich bin überzeugt, das können und müssen wir auch heute tun. Auch wenn wir inzwischen gezeigt haben, dass wir regieren können, heißt doch längst nicht, dass wir uns mit dem Establishment arrangiert haben.

Gerade jetzt ist es an der Zeit, wieder grundlegende Fragen zu stellen. Die deutsche Gesellschaft ist einer Umbruchsituation. Das politische System steht vor ganz neuen Herausforderungen. Die Europäische Union steht am Scheideweg. In einer solchen Situation wäre es ja gerade töricht, so weiter zu machen wie bisher. Wann, wenn nicht jetzt, ist es an der Zeit, alte Weisheiten noch einmal komplett zu hinterfragen, z.B.
– Kann man an der Schuldenbremse für Bund und Länder weiter festhalten, wenn mehr als eine Millionen Menschen Zuflucht in unserem Land suchen und ihre Aufnahme natürlich auch finanziert werden muss?    Ist die Schuldenlast für künftige Generationen ein größeres Übel als Sozialkürzungen für die heutige Generation?
– Ist es richtig, dass der europäische Wohlstand auf Kosten des ärmeren Südens erkauft wird? Wie lange geht das noch gut? Gibt es Globalisierung eigentlich auch nachhaltig?
– Hilft es wirklich internationale Konflikte immer erstmal militärisch lösen zu wollen? Kann man Fluchtursachen bekämpfen und gleichzeitig Waffen in alle Welt exportieren?
– Hat Europa auch gemeinsame Werte oder ist es nur eine Wirtschaftsgemeinschaft? Und wenn ja, welche Werte sind das eigentlich?
– Ist es für die Gesellschaft weiterhin förderlich, dass 10 Prozent der Bundesbürger 80 Prozent des Gesamtvermögens besitzen?
– Und letztlich auch die Frage: Ist der Kapitalismus wirklich das Ende der Geschichte?
Diese Fragen muss sich eine linke Partei stellen, die up to date sein will. Und sie muss sie vor allem so stellen, dass sie nicht als intellektueller Debattierklub daher kommt. Wir müssen diese gesellschaftspolitischen Fragen so zuspitzen, dass sie für den Max Mütze und Erna Müller auch einen realen Bezug haben.

Und da ist dann die Frage „Bedingungsloses Grundeinkommen ja oder nein?“, die wir ja heute Abend noch diskutieren, eben ganz real und lebensnah. Denn es stimmt: Wer AfD und Pegida den Wind aus den Segeln nehmen will, muss endlich die Sorgen der kleinen Leute wieder ernst nehmen.
Kümmern wir uns um die Sorgen derer, die Angst haben auch noch das letzte bisschen Wohlstand zu verlieren! Kümmern wir uns zuallererst um die Sorgen der kleinen Leute und erst in zweiter Linie darum, was die Wirtschaft braucht! Das heißt nicht, dass wir auch in einfache, platte Parolen verfallen müssen. Nein, die Leute sind ja nicht dumm! Was wir aber zeigen müssen, dass wir die Leute wirklich ernst nehmen – und das nicht nur im Wahlkampf!

Wir müssen zeigen, dass wir es sind, die nach echten Lösungen für die wirklichen Probleme der Leute suchen. Machen wir klar, dass wir die Probleme der Leute kennen. Machen wir aber auch klar, dass an diesen Problemen nicht die Zuwanderung Schuld hat! Die Probleme werden nur jetzt besonders sichtbar. Es liegt doch nicht an den Flüchtlingen, wenn Wohnungen im Speckgürtel zu teuer werden! Es liegt doch nicht am Krieg in Syrien, wenn Menschen hier trotz Drei-Schicht-System nicht genug Geld zum Leben haben. Es liegt doch nicht an denen, die aus Afghanistan oder dem Irak zu uns kommen, wenn die Kinderarmut trotz sichtbarer Erfolge, immer noch in Brandenburg hoch ist. Es liegt doch nicht an der Islamisierung des Abendlandes, wenn es nicht gelingt, aus dem durch Hartz IV geprägten  „ Kreislauf“  auszubrechen! Diese Probleme hat doch eine Bundesregierung zu verantworten, die egal welcher Couleur, welche bisher wirtschaftliche Interessen immer vor soziale Belange gestellt hat. Wir jedenfalls werden nicht zulassen, dass nun die Schwachen gegen die Schwächsten ausgespielt werden. Wir müssen dem enormen Rechtsruck in der Gesellschaft etwas entgegen setzen, dass da Solidarität heißt.

Unsere Antwort auf immer nationalistischere Parolen, unsere Antwort auf Forderungen nach Obergrenzen, Sozialkürzungen und der totalen Abschottung ist eine Zeitenwende. Eine solidarische Zeitenwende. Unsere Antwort auf Entsolidarisierung lautet Menschlichkeit! Wenn wir so in die kommenden Auseinandersetzungen bis hin zur Bundestagswahl gehen, dann ist mir auch nicht bange!

Und eines zum Abschluss noch. Lasst uns Galilei nicht vergessen. Er hatte mit seinen Thesen zu Erde und Sonne zwar Recht. Er fiel der Inquisition aber trotzdem zum Opfer, weil er so von sich überzeugt daher kam, dass er alle anderen Meinungen als dumm abtat. Lasst uns diesen Fehler nicht wiederholen!

Vielen Dank!