Rede unserer Spitzenkandidatin Kathrin Dannenberg
Bewerbungsrede unserer Spitzenkandidatin Kathrin Dannenberg auf der Landesvertreter*innenversammlung der Brandenburger LINKEN 2019 in Wildau am 26. Januar 2019
Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen und Freunde,
wir haben heute eine wichtige Aufgabe. Wir, DIE LINKE. Brandenburg, senden heute eine Botschaft
- an all die Menschen, die uns vertrauen, die uns wieder wählen würden,
- an all die Menschen, die – wie wir – die Vorstellung teilen, dass diese Gesellschaft sozialer und gerechter werden muss,
- und an all die Menschen, die Hoffnung brauchen, sie vielleicht schon verloren haben.
Das, was wir heute beschließen, ist unser personelles und somit auch schon ein inhaltliches Angebot für die Landtagswahl. Und da ich mich, zusammen mit Sebastian Walter als Spitzenteam, heute zur Wahl stelle, bin ich zugegebenermaßen gerade sehr aufgeregt.
Aber wisst Ihr was: Gleichzeitig fühle ich mich trotzdem wohl, jetzt vor euch zu sprechen, weil uns so vieles verbindet. Ich bin noch immer froh, Mitglied der einzigen echten sozialen Kraft im Lande geworden zu sein, der Partei DIE LINKE. Mein – unser – Herz schlägt LINKS, liebe Genossinnen und Genossen. Wir zeigen jeden Tag in Brandenburg Gesicht für unsere politischen Werte, ob in der täglichen Arbeit am Infostand, ob im persönlichen Gespräch mit Freunden, ob in den Parlamenten.
Viel Arbeit wird ehrenamtlich geleistet bei uns, sehr viel. Und ja, das kostet Zeit und Kraft – aber wir tun es, weil wir uns nicht mit den Verhältnissen zufrieden geben! Wir wollen es besser machen! Wir können und wollen Brandenburg – Ein Land zum Leben – für ALLE – weiter gestalten.
Was uns als Landesverband besonders macht, ist, dass wir durch die Regierungsbeteiligung an konkreten Lösungen gearbeitet haben. Ja, nicht alles ist so gelaufen, wie wir wollten. Aber wir können selbstbewusst deutlich machen, dass LINKS wirkt und das zum Wohle ALLER, liebe Genossinnen und Genossen. Wir sind die soziale Triebkraft in diesem Land!
Liebe Genossinnen und Genossen, ich bin nun 52 Jahre jung Was mir immer am Herzen lag, war, die Welt zum Besseren zu verändern. Das geht nur, wenn auch die nachfolgenden Generationen das Herz am richtigen Fleck haben. Und vor allem: nur, wenn sie das Handwerkszeug zum selbstständigen Denken und Gestalten mit auf den Weg bekommen. Also war für mich klar: Ich muss Lehrerin werden. Das war ich 24 Jahre lang. Mit Leib und Seele. Aber ich habe in all der Zeit gemerkt: Das reicht nicht. Ich kann im Bildungssystem als Lehrerin die Symptome schlechter Bildungspolitik bekämpfen, aber ich muss an die Ursachen gehen, um nachhaltig etwas zu verändern.
Mein Anspruch ein gerechtes Bildungssystem für unsere Kinder und Jugendlichen zu ermöglichen hat mich also in die Politik gezwungen. Deshalb bin ich seit 2014 Stadtverordnete in Calau, Kreistagsmitglied im Oberspreewald-Lausitz-Kreis und bildungs-und sportpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Landtag.
Ich habe viel gelernt. Gelernt, dass Politik eben nicht einfach so auf Knopfdruck geschieht. Es braucht einen langen Atem, sich durchsetzen können, Kompromisse zu schließen und dabei teamfähig und kompetent zu sein. Das nehme ich aus den vergangenen Jahren mit. Und ja, ich will dranbleiben: Ich stehe bereit, nicht nur für die Bildungspolitik, sondern für die gesamte linke Politik in diesem Land zu streiten. Deswegen stehe ich heute mit meiner Kandidatur vor Euch!
1. Ich möchte dazu auf 3 Bereiche eingehen, zunächst auf mein Herzensthema: Die Bildung. Wir setzen uns für ALLE ein. Deshalb wollen wir, dass jedes Kind, jeder Jugendliche in diesem Land gleichen Zugang zu Bildung hat, unabhängig von seinen individuellen Voraussetzungen, seiner Herkunft und Geldbeutel der Eltern.
Was bedeutet das konkret?
Wir prangern dieses gegliederte Schulsystem an, welches viel zu früh über Lebenswege und Lebenschancen entscheidet und wir wollen eine andere Schule – eine Schule, in der Kinder gemeinsam lernen, sich entwickeln können, ohne Leistungs- und Notendruck – das haben wir mit unserem Konzept zur Umsetzung der Gemeinschaftsschule in Brandenburg deutlich gemacht.
- Und wir haben geliefert: Wir fördern Gemeinsames Lernen, Schulen von Klasse 1 bis 13: Über 200 Schulen wachsen mittlerweile überall im Land Brandenburg, und es werden mehr!
- Die verheerende Personalpolitik der SPD und CDU mussten wir vom Kopf auf die Füße stellen, also bilden wir mehr Lehrer*innen aus.
- Wir haben dafür gesorgt, dass Lehrkräfte verschiedenster Schulformen besser und gleich bezahlt, zusätzliche Stellen geschaffen werden.
- Wir fördern mehr Schulsozialarbeit.
- Wir haben dafür gesorgt, dass Gesundheitsfachkräfte an unseren Schulen zunehmend tätig werden und unseren Kindern dort bei Seite stehen.
- Wir haben das letzte Kitajahr für alle Eltern kostenfrei gemacht!
- Mehr Erzieher*innen, mehr Plätze, kleinere Gruppen –
- in kaum einem anderen Bundesland werden so viele Kinder in den Kitas so gut betreut, wie in Brandenburg!
Das haben wir gemacht, das hat DIE LINKE gemacht. Und darauf, liebe Genossinnen und Genossen, können wir stolz sein! Trotzdem weiß ich, der Aufgabenzettel ist noch lang! Alles auf einmal geht nicht. Trotz der vielen Maßnahmen gibt es noch viel zu tun – ob Verbesserung der Hortbedingungen, längere Betreuungszeiten in den Kitas oder die Rahmenbedingungen allgemein für guten Unterricht in allen Regionen unseres Landes!
Liebe Genossinnen und Genossen, vielen Menschen in unserem Land geht es gut. Aber es gibt Dinge, die machen mich wütend, verdammt wütend: Ein Drittel der Menschen arbeitet im Niedriglohnbereich. Wisst ihr, was das heißt? Das heißt, diese Menschen verdienen unter 10,20 Euro die Stunde! 2 von 3 Frauen in Brandenburg sind in Zeitarbeit, in Teilzeit oder befristet – und wenn Du alleinerziehend bist, na herzlichen Glückwunsch, dann lebst Du wahrscheinlich in Armut! Das ist doch scheiße.
Ein Mindestlohn von 9,19 Euro? Davon kann doch kein Mensch leben. Das ist Armut per Gesetz! Und das macht auch was mit unseren Kindern! Stellt euch das mal vor: Die sitzen in der Schule, sollen lernen, aber ihnen knurrt der Magen. Und sie haben kein Geld für ein Mittagessen, während andere essen können! Familien sparen sich die Klassenfahrt oder den Laptop vom Munde ab. Ich hab das gesehen, ich hab den Job über 20 Jahre lang gemacht. Manche Kinder haben nicht mal ein Frühstück, geschweige denn vernünftige Sportkleidung oder eine warme Winterjacke. Schaut doch mal raus! Und dann stellt euch vor, ihr müsstet jeden Tag bei diesen Temperaturen ohne warme Jacke zum Bus marschieren.
Deshalb leiden die Kinder unter Stress. Das ist soziale Gewalt an diesen Kindern und es muss unsere Aufgabe sein, genau das zu verhindern. Lasst uns kämpfen für ein kostenfreies gesundes Mittagessen. Lasst uns kämpfen für freie Schülerbeförderung, lasst uns kämpfen für Beitragsfreiheit in den Kitas. Denn Bildung darf niemals vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Das sind wir unseren Kindern schuldig!
Liebe Genossinnen und Genossen, kürzlich war ich bei einer Feier. Da kommt einer zu mir und da sagt der: Kathrin, wir brauchen wieder einen starken Mann an der Spitze, der hier die Führung übernimmt. So, meine Lieben, mal abgesehen davon, dass das ein Mann sein soll. Das klingt jetzt erstmal ziemlich gruselig. Aber wir müssen ja zuhören. Wir sollen verstehen, das ist unsere Aufgabe. Deshalb habe ich zugehört. Und in der Diskussion stellte sich heraus – er meinte: Einen starken Staat! Und das verstehe ich. Da gehe ich sogar mit:
Ja, wir wollen einen starken Staat. Aber damit meinen wir nicht einen starken Staat, wie ihn die CDU und oder die Sozen wollen: Mit einer Polizei, die in unsere Grundrechte eingreift. Mit einem Verfassungsschutz, der uns bespitzelt, oder mit Ausländerbehörden, die gezwungen sind, möglichst viele Menschen in den Tod abzuschieben. Nein! Das wollen wir NICHT!
Wir wollen einen handlungsfähigen Sozialstaat, auf den die Menschen sich verlassen können – der ihre Würde achtet. Er muss für die Menschen da sein. Für ihre Bildung, für ihre Sicherheit, für ihre Gesundheit. Und das ÜBERALL in diesem Land. Wir haben Schluss gemacht mit dem Stellenabbau und endlich wieder Leute eingestellt. In der Verwaltung, in der Justiz, bei der Polizei. Ja, wir haben auch mehr Polizisten auf die Straße gebracht und bilden mehr Polizisten aus. Denn das ist pragmatisch und das ist vernünftig. Eine gute Personalpolitik in der Polizei, mit gut ausgebildeten Beamten, die wissen, was sie dürfen, und was nicht, die tragen zur Sicherheit aller bei. Und das ist hundertmal wichtiger und sinnvoller als zusätzliche Kameras, Schleierfahndung oder Straatstrojaner oder was auch immer die SPD da an Grundrechtsverletzungen durchsetzen will! Das Thema Sicherheit dürfen und werden wir weder den Konservativen noch den Rechten überlassen.
Liebe Genossinnen und Genossen – die Menschen müssen sich auch auf den Staat verlassen können, wenn es um ihre Gesundheit geht! Ich komme aus dem Ländlichen, der Lausitz. Eine gute Versorgung machen die Leute am Arztbesuch fest. Ich kann aus eigener Erfahrung berichten, bei uns ist ein Facharzttermin – ob MRT, Augen- oder Lungenarzt – kaum zu bekommen. Mit meinem kleinen Neffen mussten wir 70 km bis Beeskow fahren, um ihm eine Brille zu ermöglichen.
„Bevor ich überhaupt mal ein MRT bekomme, bin ich schon längst tot!“ – Diesen Satz haben wir alle schon häufig gehört. Lange Wartezeiten für einen Termin sind in manchen Regionen Brandenburgs oft nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Natürlich, liebe Genossinnen und Genossen, natürlich verlieren die Leute so ihr Vertrauen in die Politik, ist doch logisch! Deshalb ist der Ansatz, den unser Ministerium unter Diana Golze und nun mit Susanna Karawanskij verfolgt genau richtig.
Wir sichern nach wie vor alle 54 Krankenhausstandorte, wir investieren das meiste Geld aller Bundesländer. Wir bilden mehr Pflegekräfte aus, haben ein Hebammenprogramm auf den Weg gebracht. Wir sichern die Notfallversorgung, flächendeckend! UND Wir sorgen für eine engere Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung. Denn das ist der richtige Weg! Herr Spahn von der CDU sollte sich was schämen, wenn er sich darüber echauffiert, dass Leute wegen Rückenschmerzen in die Notaufnahme gehen. Ja, wo sollen sie denn sonst hin?!
Liebe Genossinnen und Genossen, ich komme aus der Lausitz – erlaubt mir deshalb noch ein paar Sätze dazu:
Ich bin in Vetschau groß geworden. Als Kind hatte ich ein Fernglas und einen guten Blick auf das Kraftwerk. Fassungslos konnte ich beobachten, was für ein Dreck jeden Tag aus den Schornsteinen geschleudert wurde. Mein Vater sagte dann immer: „Die Filter sind wohl wieder aus.“ Gleichzeitig sind mir aber die Tränen gekommen, als wir alle 1997 bei der Sprengung der Schornsteine dabei waren – warum wohl? Die Sprengung war ein Symbol dafür, dass hier Sicherheit verloren geht. Sicherheit für meine Eltern verloren. Aber es bedeutete auch gleichzeitig Veränderung, in der auch immer etwas Positives liegen kann.
Ich weiß nicht, wer von euch den Film „Gundermann“ von Andreas Dresen gesehen hat. Dieser Film ist nicht nur ein Charakterprofil des Sozialisten Gerhard Gundermann. Es ist vor allem auch ein Porträt der Lausitz, mit all ihren Aspekten, Brüchen und ihrem eigenen Charme. Die Lausitz wurde damals, wie viele andere Regionen auch, von der verheerenden Treuhandpolitik getroffen. Das hat Spuren bei den Menschen hinterlassen.
Und auch heute ist das so! Die Lausitz, die Menschen – also wir – stehen vor der Herausforderung des Strukturwandels. Nicht die Braunkohle ist die Zukunft, sondern erneuerbare Energien. Das ist verdammt nochmal gut so und das wissen die Menschen auch. Raus aus der Kohle ist das eine – kein Welzow II mehr, das sind wir den Menschen, unseren Kindern, dieser Erde schuldig! Gleichzeitig brauchen die Menschen Perspektiven, die wir gemeinsam mit ihnen entwickeln müssen!
Die Lausitz hat Potentiale, 40 Prozent der Wertschöpfung kommen aus dieser Region: Lasst uns auf die Rahmenbedingungen achten, die einen Strukturwandel ermöglichen. Denn nur mit Augenmaß, mit Wertschätzung von Lebensleistungen und mit Optimismus wird uns das gelingen. Und, liebe Genossinnen und Genossen, wir überlassen die Lausitz nicht den Rechten, weder der AfD noch „Zukunft Heimat“. Gerhard Gundermann soll sich nicht im Grabe umdrehen müssen, wenn er an seine Lausitz denkt!
Liebe Genossinnen und Genossen, Sebastian und ich werden deutlich machen, dass der Weg zwischen der Haustür und dem Landtag kürzer werden muss. Damit meinen wir nicht, dass Bürgermeister*innen und Kommunalvertreter*innen aus der Verantwortung genommen werden sollen. Nein: Ganz im Gegenteil! Wir müssen besser zusammenarbeiten, besser kommunizieren. Selbst wenn es im Dorf um eine Straße geht, muss Landespolitik mitgedacht und mitbesprochen werden. Und wir müssen uns immer wieder die Frage stellen, ob das, was uns wichtig ist, das Leben der Menschen verbessert.
Vor uns liegen 7 Monate intensiver Arbeit. Zuhören, Lernen, Überzeugen. Das gelingt nur, wenn wir miteinander solidarisch, kritisch und fair, vor allem mit Respekt, Vertrauen und Ehrlichkeit umgehen. Solange die gemeinsame Richtung stimmt, müssen auch Seitenstraßen genommen und diskutiert werden. Aber nur gemeinsam sind wir stark und so überzeugen wir die Menschen, uns zu wählen! Ich stehe, im Team mit Sebastian, bereit, diese Aufgabe mit Euch jetzt anzugehen.
Liebe Genossinnen und Genossen, lasst uns zusammen den Menschen zeigen: Wer DIE LINKE wählt, wählt eine politische Kraft mit Ausdauer, der wählt Hoffnung, und der wählt Kompetenz. Ich bitte Euch um Euer Vertrauen mit Euch diesen Weg gehen zu dürfen.
Vielen Dank!