Rede Thomas Nord. Vorsitzender der Linkspartei.PDS Brandenburg

Liebe Genossinnen und Genossen,

in der Politik sind wir es gewohnt, Gefühle besser nicht zu zeigen, sondern sie eher zu verbergen. Wenn ich also unsere heutige Beratung mit ein wenig Wehmut betrachte und dies auch zugebe, dann gibt es dafür einen triftigen Grund: Dieser Parteitag ist der letzte der PDS Brandenburg. In diesem Jahr nehmen wir Abschied von der Partei des demokratischen Sozialismus.
Wenn alles so funktioniert, wie von den Parteivorständen der Linkspartei.PDS und der WASG beschlossen, dann gründet sich am 15. und 16. Juni diesen Jahres DIE LINKE in Deutschland. Und so es von uns heute und morgen von der WASG Brandenburg beschlossen wird, gründet sich am 8. September diesen Jahres DIE LINKE.BRANDENBURG. Mit dem 1. Landesparteitag der LINKEN.BRANDENBURG im Januar 2008 wird der Parteineubildungsprozess in unserem Bundesland abgeschlossen sein.
Damit endet die 17 jährige Geschichte der PDS Brandenburg, und es entsteht auch in unserem Bundesland eine neue Partei. Für einige unserer Mitglieder ist das die dritte Parteineugründung, die sie miterleben.
Sie unterscheidet sich in manchem von den historischen Vorläufern – insbesondere dadurch, dass unserem heutigen Vorhaben weder eine historische Katastrophe wie der 2. Weltkrieg noch ein umfassender Zusammenbruch des Realsozialismus vorausging. Sie unterscheidet sich von einem der historischen Vorläufer dadurch, dass diese Parteineugründung nicht nur demokratisch aussehen soll, sondern durch einen zutiefst demokratischen Prozess gekennzeichnet sein wird.
Die Geschichte der Partei des demokratischen Sozialismus ist insgesamt – gerade auch in Brandenburg – eine Geschichte von großen Anstrengungen, Kämpfen, des aufrechten Gangs bei erheblichem Gegenwind und des daraus entstandenen Erfolgs.
Das wird besonders an den Landtagswahlergebnissen deutlich:
1990 starteten wir mit 13,4% der Zweitstimmen und 13 Mandaten. 1994 waren es 18,7% und 18 Mandate. 1999 23,3% und 22 Mandate. 2004 wurden wir bei den Erststimmen mit 32% stärkste Partei vor der SPD, errangen 23 Direktmandate und erzielten mit 28% der Zweitstimmen insgesamt 29 Mandate. Keine andere Partei in Brandenburg kann eine solche positive Dynamik bei Landtagswahlen für sich in Anspruch nehmen.

Diese Erfolge sind untrennbar mit Deinem Namen, Lothar Bisky – unserem langjährigen Fraktionsvorsitzenden im Landtag – und Deinem, Heinz Vietze –  über anderthalb Jahrzehnte unser Landeswahlkampfleiter – verbunden.
Hier bietet sich die Frage an: Was waren die Voraussetzungen für diese Erfolge?
Es war in erster Linie unsere Fähigkeit, aus der Niederlage des Realsozialismus 1989 und den Misserfolgen der deutschen und internationalen Arbeiterbewegung zu lernen. Wir haben aus dem Untergang der DDR Schlussfolgerungen gezogen. Am Beginn dieser Entwicklung stand nicht ohne Grund der unwiderrufliche Bruch mit dem Stalinismus als System. Vollzogen wurde er auf dem außerordentlichen Parteitag der SED im Dezember 1989. Dieser Bruch ist untrennbar mit dem Namen Michael Schumann verbunden.
Vielleicht sind wir Brandenburger Mitglieder der PDS auch deshalb so unnachgiebig in der Auseinandersetzung mit dem Erbe der DDR. Das betrifft sowohl deren Leistungen als auch strukturelle Defizite.
Die aus dieser Erbe-Debatte erwachsende Verantwortung, u. a. für Ostdeutschland und seine Zukunft, gehören zum Erfahrungsschatz der PDS und damit zu dem der neuen Linkspartei in Deutschland.
Der Bruch mit dem Stalinismus und allen seinen Spielarten steht für uns nicht zur Disposition.
Das betrifft auch den Charakter der künftigen Linkspartei: Die Gründung der PDS – das war einerseits der Bruch mit Avantgardeanspruch und Wahrheitsmonopol sowie mit dem Zentralismus als Organisationsprinzip.
Das war andererseits die Wiedereinsetzung der Mitglieder in ihre Rechte, die Öffnung der Partei für Meinungsvielfalt und Pluralität, die Rückgewinnung der Demokratie als grundlegende Regel des innerparteilichen Lebens und als Grundelement politischer Programmatik.
Das gehört zu unserem unausschlagbaren Erbe.
Unsere historischen Erfahrungen, unsere Mitgift aus 17 Jahren PDS, lauten:
Sozialen Menschenrechte einerseits und individuellen Freiheitsrechte andererseits dürfen nicht voneinander getrennt werden.
Die Vernachlässigung oder gar Preisgabe der einen zugunsten der anderen Seite führt gerade nicht zu einer zukunftsfähigen, sozial gerechten Gesellschaft. Unser erklärtes Ziel ist eine zukünftige Gesellschaft sozialer Gerechtigkeit und individueller Freiheit. Diese wichtige Erkenntnis hat uns in der Partei des demokratischen Sozialismus zusammengeführt und war die entscheidende Voraussetzung für eine neue, größere Linkspartei in Deutschland. Wir wollen mit unserer Politik dazu beitragen, strukturelle Unterdrückungsverhältnisse in der Gesellschaft zu überwinden, also auch die Dominanz von Männern über Frauen, Rassismus und Antisemitismus.
Weiter:
Wir haben uns 1989 entschieden, im parlamentarischen System als politische Partei zu wirken – und als solche eng mit sozialen Bewegungen und Gewerkschaften zusammen zu arbeiten. Um uns erfolgreich für unsere Ziele einsetzen zu können, haben wir als Orientierungsrahmen für unser Handeln ein „strategisches Dreieck“ bestimmt.
Wer kapitalistische Verhältnisse mit demokratisch-sozialistischen Alternativen überwinden möchte, agiert immer im Spannungsverhältnis von Protest und  Gestaltungsanspruch. Wir begrüßen, dass das „strategische Dreieck“ genauso wie der „demokratische Sozialismus“ als Weg, Ziel und Wertesystem in den Vereinbarungen mit der WASG zur Bildung der neuen Partei eine wesentliche Rolle spielt. Genau hierzu bringen wir aus der PDS in den neuen Bundesländern die Erfahrungen einer Volkspartei mit.
Das schließt Erfahrungen in einer Region ein, die von tiefgreifenden Transformations- und Schrumpfungsprozessen betroffen ist. Sie sind eingeflossen ins landespolitische Leitbild unserer Landtagsfraktion und unsere Parlaments-, Regierungs-, Verwaltungs- und Organisationsarbeit. Diese Erfahrungen musste und muss sich die PDS hart erarbeiten. Es gibt keinen Grund, auf sie zu verzichten.
Zu unserer Mitgift im Parteineubildungsprozess gehören aber nicht nur programmatische, sondern auch politisch-praktische Erfahrungen und Besitzstände. Woran können wir diese festmachen?
Die PDS Brandenburg ist in allen Kommunalparlamenten des Landes vertreten. Wir stellen 10 hauptamtliche und 11 ehrenamtliche Bürgermeister. Gegenwärtig stehen wir mit unseren Kandidaten Fred Fischer und Ingo Paeschke bei den Bürgermeisterwahlen in Perleberg und Forst in den Stichwahlen. Herzlichen Glückwunsch an beide und viel Erfolg. Mit unserer Unterstützung könnt ihr weiterhin rechnen.
Die Linkspartei.PDS Brandenburg hat knapp 10.000 Mitglieder und ist damit nach wie vor die mitgliederstärkste Partei im Land. Dass das so ist, hat heute übrigens nicht mehr nur mit unseren vielen Mitgliedern zu tun, die aus der SED in die PDS übergegangen sind, sondern inzwischen auch mit vielen Neueingetretenen und jungen Mitgliedern. Für manche von diesen ist die „Wende“ nur mehr Geschichte, und mancher Funktionär in meinem Alter ist für sie bereits ein Veteran.
Wir verfügen über ein gut ausgebautes System von Geschäftsstellen und modernen Kommunikationssystemen. Unsere Friedenskassen sind nach den letzten Wahlerfolgen gut gefüllt. Wir wurden immer wieder totgesagt und haben uns doch nie unterkriegen lassen.

Wir  versprechen allen, die trotzdem auf unser Ende warten:
Da wartet ihr umsonst!
Wir sind also groß, gut und schön! Mancher fragt sich also ganz verwundert: Warum dann eigentlich diese Neugründung?
Auch Journalisten fragten uns im Vorfeld unserer heutigen Tagung, ob wir angesichts der Krise der CDU nichts anderes zu tun hätten, als uns mit uns selbst zu beschäftigen? Andere fragten: Warum nehmt ihr die zweihundert Hanseln nicht einfach auf und spart euch den ganzen Quatsch?
Können wir es uns wirklich so einfach machen? Geht es hier wirklich nur um einen formalen Prozess? Ist das nur eine Farce?
Welche Bedeutung hat diese Parteineugründung?
Zunächst gibt es auf  diese Fragen ein paar sehr simple Antworten.
Was wäre das wohl für ein Geschrei, wenn wir mit der WASG  so umgehen würden, wie vorgeschlagen? Die Wiederkehr von SED und Walter Ulbricht wäre das Mindeste, was der eine oder andere zu Papier brächte.
Aber nicht nur das:

Wer sich die Entwicklungen in der WASG Berlin und Mecklenburg-Vorpommern vor den letzten Landtagswahlen anschaut, kann in aller Ruhe (oder eher großer Unruhe) studieren, was passiert, wenn die Erwartungen unserer Wählerinnen und Wähler auf eine neue gesamtdeutsche Linke enttäuscht werden. Dabei war es völlig
unwichtig, wie viele Personen an diesen Konflikten beteiligt waren. Wirklich wichtig ist die politische, die öffentliche Botschaft, die nämlich lautet: Die Linken können nichts anderes als sich streiten – die sind auch nicht besser als die anderen – wir, die Bürgerinnen und Bürger, sind ihnen egal.
Das sind jedoch – wie schon gesagt – nur die einfachen Antworten. Bereits diese dürfen wir um den Preis von Niederlagen nicht ignorieren. Es gibt aber noch tiefer gehende Argumente, warum wir den Parteineugründungsprozess mit dem nötigen Ernst vollziehen sollten. Das hat etwas mit der Lage im Land zu tun.
Zunächst müssen wir festhalten: Unsere Erfolgsbilanz im Osten stimmt, obwohl auch sie mitunter besser sein könnte. Im Westen stimmt sie nicht.

Wer aber im gesamten Land – von der Welt mal ganz zu schweigen –  die Gesellschaft nachhaltig politisch beeinflussen will, braucht eine Partei, die auch in den alten Bundesländern verankert ist. Denn dort leben  80 Prozent der Gesamtbevölkerung.
Ohne WASG haben wir eine solche Verankerung in 17 Jahren nicht erzielen können. Ob wir es mit WASG schaffen, ist offen. Sicher ist nur: Ohne sie geht es gar nicht.
Die WASG ist aus dem Widerstand gegen die Agenda 2010 der rot-grünen Bundesregierung entstanden. Sie ist Ausdruck der wachsenden sozialen und politischen Spaltung dieser Gesellschaft. Große Teile der Bevölkerung fühlen sich nicht mehr durch die bestehenden politischen Parteien vertreten. Das Vertrauen in das bundesdeutsche Parteiensystem bröckelt. Wer sehen will, wie das konkret aussieht, kann die Mitgliederbilanz der SPD in den letzten 15 Jahren betrachten, kann zum Landesparteitag der brandenburgischen CDU fahren oder sich das CSU- Intrigantenstadel ansehen. Diejenigen, die die WASG gegründet haben, wollten dieser Entwicklung etwas entgegensetzen. Sie hatten nicht genug Vertrauen, zu uns, zu kommen.
Das kann man falsch finden oder auch bedauern. Es zu ignorieren, wäre jedoch fatal.
Diese Situation trifft durchaus auch auf Brandenburg zu. Auch in unserem Land steht die Gründung der WASG in engen Zusammenhang mit dem Widerstand gegen die Agenda 2010. Die Brandenburger WASG ist auch hier ein Zusammenschluss von direkt Betroffenen, die nicht den Weg zu uns gefunden haben.
Die Menschen, die 2005 die LINKE gewählt haben, fragen nicht, wie viele Mitglieder die WASG hat. Sie fragen sich, ob wir in der Lage sind, mit ihnen eine gemeinsame Partei zu bilden. Und genau das ist eine Frage des Vertrauens in unsere Wandlung von der SED zu einer neuen demokratischen Partei, eine Frage des Vertrauens in unsere Bereitschaft, mit anderen fair umzugehen solange diese es auch tun.
Ob wir ohne dieses Vertrauen ein so gutes Wahlergebnis erreicht hätten, ist zumindest zweifelhaft. Lasst uns also diesen Vertrauensvorschuss nicht verspielen! Er ist für unsere politische Zukunft und die Fähigkeit, dauerhaft neue Bevölkerungsgruppen anzusprechen, von strategischer Bedeutung.

Nur wenn dies gelingt, senden wir mit der Parteineugründung ein tatsächliches Signal der Hoffnung an sehr viele Menschen in diesem Land – und besonders nachhaltig an die, die von den gegenwärtigen sozialen Entwicklungen negativ betroffen sind. Die Zahlen belegen: Diese Gruppe wird auch in Brandenburg immer größer.
Wenn wir diesen Menschen keine glaubwürdige Interessenvertretung anbieten, wächst die Gefahr der politischen Verweigerung oder auch des Abwanderns zu rechtsextremen Parteien.
Dies zu verhindern, gehört sehr wohl zu unseren Aufgaben. Und ich denke, die neue Partei ist ein geeignetes Instrument, diesen Gefahren entgegenzutreten. Gibt es daran noch Zweifel, liegt es in unserer Hand, sie zu entkräften.

Wie wir das auf Landesebene umsetzen wollen, möchte ich am Leitantrag des Landesvorstandes darlegen.
In dieser Vereinbarung ist der Weg aufgezeichnet, mit dem die beiden Landesverbände von Linkspartei.PDS und WASG auf faire Weise miteinander fusionieren und gemeinsam den Landesverband DIE LINKE:BRANDENBURG bilden können.
Eure Zustimmung zu dieser Vereinbarung ist sehr wichtig.
Sie würde deutlich machen: Die Verschmelzung beider Parteien wäre für die WASG Brandenburg keine Fusion zweiter Klasse. Damit würde das Vertrauen, dass in den letzten Monaten zwischen beiden Landesverbänden entstanden ist, vertieft, und es würden gute Wachstumsvoraussetzungen für die neue Partei geschaffen.
Weil diese Vereinbarung satzungsändernden Charakter trägt, brauchen wir hier und heute die Zustimmung von Zweidrittel der gewählten Delegierten.
Ich möchte Euch auf einige wichtige der vorübergehenden Änderungen aufmerksam machen:
Die Anzahl der von uns zu wählenden Mitglieder für den Landesvorstand wird von 18 auf 16 und die Anzahl der Stellvertretenden Landesvorsitzenden von vier auf eine reduziert.
Ich danke Diana, Harald und Stefan dafür, dass sie einerseits diesen sie persönlich betreffenden Schritt der Reduzierung mitgehen und andererseits bereit sind, als Mitglieder für den neuen Landesvorstand zu kandidieren.

In dieser Vereinbarung wird der WASG Brandenburg die Möglichkeit eingeräumt, ein Mitglied als Stellvertretenden Landesvorsitzenden und drei weitere Mitglieder als Vorstandsmitglieder des Landesvorstandes der Neuen Partei vorzuschlagen.
Es wird für den Gründungsparteitag am 08. September ein Wahlverfahren vorgeschlagen, welches beiden Seiten ein Höchstmaß an Sicherheit gibt, dass die jeweils vorgeschlagenen Landesvorstandsmitglieder auch im neuen Gründungsvorstand vertreten sein werden. Es ließe sich noch mehr dazu sagen, aber der Antrag liegt euch ja vor, und Fragen können gestellt werden.
Zu den positiven Voraussetzungen für die Parteineubildung gehört, dass inzwischen die Entwürfe für eine neue Landessatzung und eine neue Landesfinanzordnung  vorliegen. Morgen wollen wir mit den Kolleginnen und Kollegen der WASG das erste Mal über sie diskutieren.
Ich bitte Euch: Debattiert diese Entwürfe auch in den Kreisorganisationen gründlich. Bis zum 8. September ist Zeit, sie in beiden Parteien mehrheitsfähig zu gestalten.
Wir haben uns bei ihrer Erarbeitung an den Bundesdokumenten orientiert und sind nur in wenigen Punkten von diesen abgewichen.
Z.B. konnten wir uns mit den Kollegen der WASG darauf einigen, die Rolle der AG und IG in unserem Landesverband so zu belassen, wie das in der PDS bisher üblich war. Ich denke und hoffe, das findet eure Zustimmung.
Völlig neu ist der Landesausschuss in die Satzung aufgenommen worden. Er ersetzt zukünftig den Landesparteirat und soll sehr viel weiter gehende Rechte erhalten, als dieser bisher hatte.
Es gibt neue Regelungen zur Schaffung eines Landesfinanzrates, zur Ermittlung der Delegiertenmandate und vor allem zur Anerkennung eines Jugendverbandes der Partei. Ich möchte an dieser Stelle Matthias Osterburg, Maria, Steffen Hultsch, Rosemarie Kersten, Udo Linde und Christian Geike  herzlich für die geleistete Arbeit an den vorliegenden Dokumenten danken. Und wenn die Zusammenarbeit in den Kreisen genauso konstruktiv ist wie in der Steuerungsgruppe auf Landesebene, dann würde mich das freuen.

Liebe Genossinnen und Genossen,
wenn wir also heute und in den nächsten Wochen über „so spannende Fragen“ wie Landessatzungen und Finanzordnungen reden, dann tun wir das deshalb, weil wir dabei sind, ein politisches Instrument zu schaffen, ein Instrument gegen den anhaltenden Sozialabbau durch die große Koalition in Berlin, gegen die zunehmende Sucht deutscher Politik, mit globalen Militäreinsätzen bei internationalen Konflikten dabei zu sein, und gegen die anhaltende Tendenz, rechtstaatliche Normen abzubauen.
Ihr seht selbst:  Die gesamtdeutsche Linke wird dringend gebraucht. Dem bundesdeutschen Sozialstaat ist mit dem Zusammenbruch des Realsozialismus der dritte Tarifpartner, wie es Gewerkschafter zu sagen pflegen, verloren gegangen. Dadurch, durch die Globalisierung sowie den Versuch, dies mit neoliberalen Konzepten zu bewältigen, ist dem bundesdeutschen Sozialstaat das innere Gleichgewicht verloren gegangen. Die Linke wird gebraucht, um es wieder und auf neuer Grundlage herzustellen. Sie wird gebraucht für Mindestlohn und eine gerechte Steuerpolitik, für mehr Beschäftigung, Demokratie und bessere Bildungschancen für Alle. Für eine friedliche Außenpolitik und wirksamen Widerstand gegen den erstarkenden Rechtsextremismus.
Dass dieses Vorhaben nicht ganz aussichtslos ist, wird daran deutlich, dass selbst Guido Westerwelle seit kurzem über soziale Gerechtigkeit spricht.
Ich habe es bereits gesagt: Die neue Linke muss eine demokratische Linke sein. Dies entspricht nicht nur unseren Erfahrungen  aus dem Scheitern der DDR, sondern auch den Lehren aus dem Ende der Weimarer Republik. Nur die Verteidigung der parlamentarischen Demokratie durch SPD und KPD hätte den Nazis den Weg an die Macht verbauen können. Der deutschen Linken darf es gerade in Zeiten wachsender sozialer Spaltungen nicht wieder passieren, dass Demokratie gering geschätzt wird.
Insofern standen wir im Zusammenhang mit dem Landtagsneubau auf dem alten Markt auch als demokratische Partei auf dem Prüfstand. Ich finde diese Prüfung haben unsere Genossinnen und Genossen der Stadtfraktion und der Kreisorganisation gut bestanden. Wer wie wir jahrelang um eine Befragung der Bürgerinnen und Bürger der Stadt zu diesem Vorhaben gekämpft hat, darf sich im Ergebnis –auch wenn wir uns ein anderes gewünscht hätten- nicht über eine relative Mehrheit der Beteiligten hinwegsetzen. Der Umgang mit diesem Ergebnis sowohl in der Stadtverordnetenversammlung als auch in der Stadtorganisation war ein demokratischer Prozess. Es war auch keine Erpressung im Zusammenhang mit dem Überdenken des eigenen Abstimmungsverhaltens Forderungen zu verbinden. Wir stehen nach der Befragung nicht nur gegenüber den Befürwortern des Landtagsneubaus in Potsdams Mitte im Wort, sondern nach wie vor unseren Wählern bei der Kommunalwahl 2003. Diesen hatten wir unter dem Motto geführt, das Schloss kann warten, die Kinder nicht. Nun wird kein Schloss gebaut, sondern ein neuer Landtag und wenn wir in diesem Zusammenhang auch erhebliche Mittel für die Rekonstruktion und Modernisierung von Kitas und Schulen sowie der Bibliothek durchgesetzt haben, dann haben wir demokratische Verlässlichkeit mit der Vertretung der Interessen unserer Wählerinnen und Wähler verbunden. Für dieses kluge und erfolgreiche Handeln möchte ich den Beteiligten aber insbesondere auch Hans-Jürgen Scharfenberg hier herzlich Danken.
Morgen werden wir klare Positionen zur Entwicklung von Rechtsstaat und Demokratie im Rahmen unserer Leitbilddebatte beziehen.
Ich möchte Wolfgang Neskovic und Steffan Sarrach für ihre Diskussionsangebote zu diesem Thema danken.
Es gibt gute Gründe, zum Thema Rechtsstaat und Demokratie auch die Brandenburger Verhältnisse zu hinterfragen.
Denn: Dass der neue heimliche Landesvorsitzende der CDU Sven Petke einerseits Vorsitzender des Rechtsausschusses des Brandenburger Landtages ist und andererseits Verursacher der E-Mail Affäre, sagt sehr viel über das heutige Verständnis führender Landespolitiker zum Rechtsstaat aus. Auch die Vorstellungen über Demokratie, wie sie z.B. auf dem Brandenburger Landesparteitag der CDU deutlich wurden, scheinen mir wenig dazu geeignet, Menschen für diese Herrschaftsform zu begeistern.
Die CDU Brandenburg ist in einer tiefen Krise. Diese Krise ist aber nicht nur eine von handelnden Personen, sondern auch eine Sinnkrise. Die Frage, für wen man welche Politik  machen soll, ist durch die Bundes CDU nicht nur nicht beantwortet, mehr noch: sie spaltet die Landes CDU.
Nun sind solche Differenzen in Parteien in heutigen Zeiten eher normal und machen auch um uns keinen Bogen. Aber wer beginnt, so auf einander einzudreschen wie die Brandenburger Christdemokraten, wird vermutlich so bald damit nicht wieder aufhören können.
Wenn ich das sehe, denke ich nur und sage auch aus aktuellem Anlass: Mögen uns solche Zustände auf immer erspart bleiben!
Hinter diesen dominierenden Auseinandersetzungen in der CDU verblasst zur Zeit die Tatsache, dass sich auch die Brandenburger SPD  in einer wenig stabilen Lage befindet. Nicht nur umstrittene Personalentscheidungen – wie die Ernennung eines Kurzzeitstaatssekretärs oder umstrittene Personalvorschläge für den Landesrechnungshof – prägen den Zustand der regierenden SPD.
Auch die wortbrüchige Streichung des Weihnachtsgeldes für die Landesbeamten und damit das Sägen an dem Ast, auf welchem die SPD sitzt, oder das Scheitern der Schlosskoalition in Potsdam, waren keine Ruhmesblätter für eine Regierungspartei, die ununterbrochen bemüht ist, mitten im Regen schönes Wetter zu predigen.
Zählt man noch die Austritte zweier Landräte aus der SPD wegen deren Politik im Bund und im Land hinzu, bleibt von Matthias Platzecks hoch gelobten Erfolgen in 2006 und seinem Bild einer prosperierenden SPD Brandenburg nicht viel übrig.
Hier drängt sich die Frage auf: Haben wir es noch mit vorübergehenden Krisensymptomen zu tun oder schon mit einer handfesten Krise der Landesregierung?

Auf jeden Fall ist die Krise bereits groß genug, um insbesondere vor dem Landesparteitag der CDU – wie in den guten alten Zeiten des kalten Krieges – die rote Gefahr zu beschwören.
Besondere Verdienste erwarb sich dabei ausgerechnet Altlandesvater Stolpe, der vor einer rot-roten Rutschbahn warnte. Wer dabei die Rutsche stellt, hat er vorsichtshalber offen gelassen.
Wir können also auch nach dem CDU Parteitag in Frankfurt/Oder ganz gelassen bleiben, liebe Genossinnen und Genossen. Selbst wenn so mancher das anzweifelt: Wir sind auf die Oppositionsrolle im Land gut eingestellt. Unser Fahrplan bis 2009 zur Bewältigung dieser Aufgabe steht. 2007 heißt er: erfolgreiche Parteineubildung, eine gute und produktive Leitbilddebatte, konstruktive und konsequente Opposition im Parlament, Fortsetzung der seit 2004 stattfindenden Parteireform und außerparlamentarische Arbeit für einen Mindestlohn, ein Sozialticket für Brandenburg und gegen Rechtsextremismus. 2008 folgt mit den Kommunalwahlen die Generalprobe für die neue LINKE im Land und 2009 die Premiere bei den Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen.
Wir mussten 2004 in den Sondierungen mit der SPD feststellen: Die Sozialdemokraten waren nicht bereit, inhaltlich auf uns zuzugehen. Sie wollte mit der CDU regieren. Unsere Schlussfolgerung daraus war: Wir bleiben eine starke und realistische Opposition. Mit der Leitbilddebatte werden wir uns gerade im Prozess der Parteineubildung eine alternative und konstruktive landespolitische Programmatik erarbeiten, die uns als neue Partei in den nächsten Jahren handlungsfähig hält.

Deshalb sagen wir: Angst müssen die Brandenburgerinnen und Brandenburger vor einer Regierungsbeteiligung der Linkspartei.PDS nicht haben. Im Gegenteil! Vor mehr Demokratie, vor mehr Befugnissen für die Kommunen, vor einer besseren Bildungspolitik, vor zinslosen Krediten für kleine und mittlere Unternehmen, vor Forderungen nach einem Sozialticket für Brandenburg muss niemand Angst haben!
Auch niemand in der eigenen Partei. Für eine Umsetzung der Koalitionsvereinbarung von SPD und CDU standen und stehen wir nicht zur Verfügung.
Also – es bleibt bei unserer bisherigen Position:
Wir sind regierungsfähig, aber regierungswillig können wir nur werden, wenn es für unsere Vorstellungen wenigsten teilweise einen Partner gibt. Das ist – wie gesagt – bisher nicht der Fall. Sollte sich das ändern, müssen wir gemeinsam darüber reden und letztlich auch gemeinsam entscheiden – einen Grund, deswegen jetzt aufgeregt zu sein, sehe ich nicht.

Liebe Genossinnen und Genossen,
unser heutiger Parteitag ist auch ein Wahlparteitag. Der scheidende Landesvorstand hat nach meiner Auffassung eine gute und solide Arbeit geleistet. Der Rechenschaftsbericht liegt euch vor. Und – das zu sagen liegt mir am Herzen – ich bin ich froh, dass die große Mehrheit der bisherigen Landesvorstandsmitglieder auch für die kommenden Monate wieder kandidiert. Danken möchte ich auch den drei Genossen und Genossinnen, die nicht erneut antreten. Herzlichen Dank an Ramona, die seit vier Jahren im Vorstand mitgearbeitet hat, an Ingeborg. Sie hat die Interessen von Menschen mir Behinderungen vehement vertreten, hat zahlreiche Änderungen in diesem Sinn auch in der Landesgeschäftstelle durchgesetzt und die LAG Behindertenpolitik mitbegründet. Herzlichen Dank an Peter Schömmel, der unermüdlich die Interessen und das Engagement der AG International vertreten hat.
Es ist kaum aufgefallen,  aber dennoch wahr:
Mit dem jetzt scheidenden Landesvorstand hat sich an der Spitze des Landesverbandes ein kompletter Personalwechsel vollzogen. Es geht also auch anders als bei der CDU.
Ich denke hier an  Maria und an Matthias. Beide – Maria als neue Landesgeschäftsführerin und  Matthias als Landesschatzmeister – haben weit mehr als nur meine Erwartungen erfüllt. Ich freue mich sehr, dass sie erneut kandidieren und möchte gerne weiter mit ihnen weiter zusammenarbeiten.
Gute, verlässliche, ideenreiche und ehrliche Arbeit setzt sich durch.
Die Aufgaben einiger Landesvorstandsmitglieder haben sich in den vergangen zwei Jahren radikal verändert.  2003 hat nur ein Landtagsabgeordneter für den Vorstand kandidiert. Thomas war immer eine Stütze und hat viel für eine gute Zusammenarbeit von Vorstand und Fraktion geleistet. Als Kreisvorsitzender war er ebenso wichtig, wie als erfolgreicher Wahlkampfleiter in seiner Heimatstadt Perleberg.
Der Erfolg bei den Bundestagswahlen brachte es mit sich, das aus einem Landtagsabgeordneten im Vorstand plötzlich drei wurden.
Über Ingeborg habe ich schon gesprochen. Dank auch an Andreas.
Er hat unermüdliche Arbeit gegen den Rechtsextremismus  organisiert und großen Anteil an unseren Aktivitäten gegen die Naziaufmärsche in Halbe wie auch anderorts.
Die Tatsache, dass in der Vorstandslegislatur zwei meiner Stellvertreterinnen Bundestagsabgeordnete geworden sind, war ein großer Gewinn für die Arbeit. Herzlichen Dank an Diana und Kirsten, die eine gute und engagierte Arbeit im Bundestag und im Vorstand leisten.
Auch Haralds Arbeitsplatz ist heute im Deutschen Bundestag. Er koordiniert nach wie vor ehrenamtlich die politische Bildung im Landesverband und jetzt auch die Kontakte zu unserer Landesgruppe im Bundestag. Unverzichtbar für unsere kommunalpolitische Arbeit war Stefan. Als Bürgermeister von Königswusterhausen immer im Dienst und darüber hinaus in vielen Situationen eine große Stütze – z.B. in der Leitbilddiskussion.
Sylvia wurde als Landesvorstandsmitglied in einer schwierigen Situation Kreisvorsitzende in Brandenburg und hat die Arbeit der AG Rechtsextremismus mit reorganisiert. Dagmar und Jutta waren immer da, wenn sie gebraucht wurden. Besonderen Dank an Elke. Sie hat in den letzten Jahren die Zusammenarbeit mit der AG Ausländerpolitik aufgebaut und erfolgreich gestaltet. Jetzt hat sie sich bereit erklärt, von Irma Hilka den Vorsitz der AG SeniorInnen zu übernehmen.
Dafür bin nicht nur ich ihr sehr dankbar und wünsche ihr bei der Lösung dieser Aufgabe viel Erfolg. Für die Arbeit des Landesvorstandes war es sehr gut, dass auch zwei Genossen aus der Lausitz an dessen Arbeit beteiligt waren. Matthias ist inzwischen Wahlkreismitarbeiter von Wolfgang Neskovic und eine unentbehrliche, sehr aktive Verbindung in den Stadtverband Cottbus. Nicht zuletzt an dieser Stelle Dank an Ingo Paeschke. Ingo kandidiert – wie bereits gesagt – gerade als Bürgermeister in Forst und ist in die Stichwahl gekommen. Ich würde mich über ihn als zweiten Bürgermeister im Landesvorstand sehr freuen.

Liebe Genossinnen und Genossen,
Ihr merkt, der bestehende Landesvorstand hat gut und erfolgreich gearbeitet. Deshalb, und auch weil mir diese Arbeit wichtig ist – mitunter sogar Freude gemacht hat, – trete ich erneut als Landesvorsitzender an. Deshalb würde es mich freuen, wenn ihr mir mit Eurem erneuten Vertrauen die Möglichkeit gebt, meine Arbeit fortzusetzen.