Neue Kraft für Brandenburg – Die Zeit ist reif für einen Energiewechsel!

Beschluss der 1. Tagung des 1. Landesparteitages am 27.01.2008

Die Kohleverstromung trägt zur Aufladung der Atmosphäre mit Kohlendioxid (CO2) – und damit zum Klimawandel – so viel bei, dass eine Fortsetzung der bisherigen auf fossile Rohstoffe fixierten Energiepolitik verantwortungslos wäre. Die Braunkohleverstromung ist nicht nur klimapolitisch kritisch zu sehen, sondern auch ein Millionengrab für Subventionen.
Sie trägt zur Vernichtung gewachsener Kulturen und Kulturlandschaften bei. Daher sind ein entschiedenes Umsteuern in der Energiepolitik und ein auf erneuerbare Energien basierender Energiewechsel notwendig. Die Chancen durch erneuerbare Energien und dezentrale Versorgung sind vielfältig. Sie sorgen für die Stärkung der ländlichen Räume und regionale Wertschöpfung. Bereits jetzt arbeiten in Brandenburg mehr Menschen in den erneuerbaren Energien als in der klassischen Energiewirtschaft. Ein Energiewechsel hin zu erneuerbaren Energien ist für die in der Kohleförderung und –verstromung Beschäftigten und deren Familien, aber auch für viele Bewohnerinnen und Bewohner der Lausitz ein schmerzhafter Einschnitt. Die Partei DIE LINKE. Landesverband Brandenburg ist sich dieses Einschnittes bewusst. Alle Vorschläge zum Umsteuern sind daher auf die Sozialverträglichkeit des Prozesses sowie auf die Schaffung von alternativen Arbeitsplätzen und Beschäftigungsmöglichkeiten auszurichten.

Der Parteitag beschließt:
1. Die Teilnahme der Partei DIE LINKE. Landesverband Brandenburg an der Volksinitiative „Keine neuen Tagebaue – für eine zukunftsfähige Energiepolitik“ wird ausdrücklich begrüßt.
Wir rufen alle Genossinnen und Genossen auf, die Volksinitiative weiterhin aktiv zu
unterstützen.

2. Bestehende Braunkohlekraftwerke sollten möglichst zeitnah abgeschaltet und der Neubau von weiteren verhindert werden. Die Spekulation auf CO2-neutrale Kraftwerke ist Augenwischerei und darf nicht von der dringend benötigten Energiewende ablenken. Die Landesregierung ist aufgefordert einen „Plan B“ vorzulegen, falls sich ihre Pläne bezüglich der CO2-Einlagerung in Luft auflösen sollten.

3. DIE LINKE. Landesverband Brandenburg sollte sich weiterhin für die mittelfristige
Energiewende in Brandenburg stark machen und eine Energiewende-Programm erarbeiten.
Wenn nötig, mit externer Hilfe. Das Programm muss auf Energieeffizienz,  Energieeinsparung und auf den Einsatz erneuerbarer Energien begründet sein. Nur eine öffentliche, breite Debatte dieser Energiewende kann die benötigte Unterstützung der  Bevölkerung sichern.

4. Der Energiewechsel muss einhergehen mit dem Ausbau der Forschung zu erneuerbaren Energien und zur Effizienz bei der Nutzung von Energieträgern, einem Landesprogramm zur besseren Wärmedämmung von Gebäuden und zur Nutzung von erneuerbaren Energien in öffentlichen Gebäuden, der finanziellen Unterstützung von Kraft-Wärme-Kopplungs-Technologien, der stärkeren Förderung von Niedrigenergiehäusern und einer schadstoff- und energiebezogenen Besteuerung von Unternehmen.

5. Die Landtagsfraktion sollte sich weiterhin für die Beendigung der indirekten
Subventionierung in Brandenburg tätiger Energiekonzerne einsetzen. Zum Beispiel muss die Grundwassernutzung durch eine Änderung des Brandenburgischen Wassergesetzes kostenpflichtig sein. Die Befreiung von der Förderabgabe ist zu beenden.

6. Stadtwerke sind in ihren Bestrebungen, erneuerbare Energien und dezentrale Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK) zu nutzen und den Verbraucherinnen und Verbrauchern anzubieten, zu stärken. Eine Privatisierung der kommunalen Energieversorger lehnen wir ab.

7. Klima- und Umweltschutz sind als zentrale Querschnittsaufgabe zu betrachten und daher frühzeitig in die Lehr- und Bildungspläne von Kindergarten, Hort und Schule zu integrieren.

8. Die Forderung der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, Emissionszertifikate nicht mehr an Energiekonzerne zu verschenken, ist richtig und muss zur Versteigerung der Zertifikate führen. Die Preise sind so zu kalkulieren, dass die Förderung erneuerbarer Energien, die Renaturierung alter Tagebaulandschaften und die Kompensation von sonstigen Umweltschäden ermöglicht werden.

Begründung:
Spätestens seit dem vierten Bericht des Weltklimarates (IPCC) im Frühjahr 2007 ist die Debatte um den vom Menschen beeinflussen Klimawandel nicht mehr zu stoppen. Auch bürgerliche Parteien, die Wirtschaft und andere bisherigen Umweltsünder akzeptieren, dass der Klimawandel im vollen Gange ist und dementsprechend gehandelt werden muss. Was aber konkret zu tun ist und wie ernsthaft Veränderungen angegangen werden müssen, da gehen die Meinungen stark auseinander. Die neuen Erkenntnisse des IPCC-Berichtes zeigen die Notwendigkeit und Dringlichkeit einer globalen Energiewende auf: Energiepolitik muss Klimapolitik werden. Deutschland und auch unser Bundesland Brandenburg müssen dabei aufgrund der historischen Verantwortung für die Entstehung des Klimawandels eine Vorreiterrolle übernehmen. Die Braunkohleverstromung ist der Grund, warum Brandenburg sein Klimaziel (Senkung auf 53 Mio. Tonnen CO2 bis 2010) nicht erreichen wird. Doch damit nicht genug: Zur Senkung des globalen Temperaturanstiegs auf gerade noch verträgliche 2 Grad Celsius muss der weltweite CO2-Ausstoß laut Klimarat der Vereinten Nationen bis 2050 um 50 bis 85 Prozent sinken. Um dieses Ziel zu erreichen, müsste Brandenburg als zweitgrößter Klimasünder Deutschlands einen erheblichen Beitrag leisten. Pro Jahr werden hier derzeit rund 61 Millionen Tonnen Kohlendioxid freigesetzt. 62 Prozent davon fallen bei der Braunkohleverstromung an. Mit dem von der Landesregierung anvisierten Aufschluss der Tagebaue Jänschwalde Nord, Welzow-Süd (Teilfeld II), Spremberg-Ost und Bagenz-Ost soll die Rohstoffversorgung für die brandenburgischen Braunkohlekraftwerke über Jahrzehnte hinaus sichergestellt werden. Allein die Kraftwerke Jänschwalde und Schwarze Pumpe sind mit einem jährlichen CO2-ausstoß von 37,5 Millionen Tonnen die Ursache, warum Brandenburg nicht in der Lage sein wird, das Klimaziel der Landesregierung zu erreichen. Braunkohle ist aufgrund des geringen Energiegehaltes der schmutzigste aller fossilen Brennstoffe.
Es gibt also genug Grund zum Handeln – und zwar jetzt: Dies bedeutet einerseits den konsequenten Ausbau erneuerbarer Energien sowie die Steigerung der Energieeffizienz im Strom-, Wärme- und Kraftstoffbereich. Bei sparsamem und effizientem Umgang mit Energie können erneuerbare Energieträger bis Mitte dieses Jahrhunderts unseren Energiebedarf weitgehend decken. Andererseits muss konsequent aus fossilen (und atomaren) Energieträgern ausgestiegen werden. Dies kann nicht von heute auf morgen geschehen. Die Volksinitiative „Keine neuen Tagebaue – für eine zukunftsfähige Energiepolitik“ ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Diesem müssen aber noch weitere folgen. Der Ersatz der bestehenden Energieproduktion muss konsequent ausgebaut und ein sozialer, mittelfristiger Ausstieg für die in der fossilen Energiewirtschaft Beschäftigten ermöglicht werden. Eine Energiewende darf sich nicht allein auf den Ausstieg aus der klimaschädlichen Braunkohleverstromung und Braunkohlegewinnung konzentrieren, sondern muss den Ausbau der erneuerbaren Energien, die Reduzierung des Energiebedarfs, sowie eine verstärkte Energieeffizienz berücksichtigen. Eine solche Energiewende macht sich nicht von allein, sondern muss gezielt von Landes- und Bundespolitik mit weiteren Förderprogrammen flankiert werden. Dabei ist sich vor Allem auf die Energieeinsparung zu konzentrieren.
Beispielsweise könnte ein Landesprogramm zur besseren Wärmedämmung oder zur Nutzung von erneuerbaren Energien in öffentlichen Gebäuden aufgelegt werden. Gerade aus sozialen Gründen ist es seriös – und nicht wie von Ministerpräsident  Platzeck immer wieder behauptet „populistisch“ – bereits heute die dringend benötigte Energiewende einzuleiten und massiv voran zu bringen. Rund 8.000 Brandenburgerinnen und Brandenburger arbeiten bereits in der Branche der erneuerbaren Energien. Direkt in der Förderung der Brandenburger Braunkohle arbeiten derzeit noch rund 3.800 Menschen. Es ist nicht unser Ziel, ihnen ihre Lebensgrundlage streitig zu machen. Auch nehmen wir ihre Ängste um ihren zukünftigen Broterwerb sehr ernst. Eine klare Ansage, wohin sich Brandenburg energiepolitisch entwickeln wird, in welchen Branchen die Zukunft liegt und in welchen nicht, ist seriöse und verantwortungsvolle Politik. Die Menschen brauchen Perspektiven und nicht Hoffnungsschimmer á la CO2-Einlagerung.
Durch den Braunkohletagebau haben im Lausitzer Kohlerevier seit 1924 bereits 25.000 – 30.000 Menschen ihre Heimat verloren. Die Lausitzer Kulturlandschaft hat durch den Tagebau tiefe Wunden erlitten. Das kann so nicht weiter gehen. Selbst eine materielle Entschädigung kann die Zerstörung gewachsener Dörfer nicht ausgleichen. Mit der Braunkohleförderung geht zudem eine gigantische Naturzerstörung einher. Braunkohle kann in Brandenburg nur abgebaut werden, wenn jedes Jahr über 200 Millionen m³ an Grundwasser abgepumpt werden. Die Folge ist eine Absenkung des Grundwasserstandes in der Lausitz.
Leidtragende sind nicht erst seit dem Sommer 2006 die Land- und Forstwirte. Die  passiven finanziellen Vergünstigungen für die Braunkohlegewinnung sollten beseitigt und durch Neuregelungen ersetzt werden. Diese müssen der angerichteten Zerstörung zumindest teilweise Rechnung tragen. Hierzu könnte etwa die Erhebung eines Entgelts für die förderungsbedingte Wasserentnahme gehören. Diese Maßnahme könnte dem Land Brandenburg jedes Jahr einen zweistelligen Millionenbetrag an Einnahmen bringen. Daher ist die Beendigung der aktuellen Ausnahmeregelung beim Wasserentnahmeentgelt dringend erforderlich und das Brandenburger Wassergesetz dementsprechend zu verändern. In der Energiewirtschaft bereichern sich so unverschämt wie in kaum einem anderen Wirtschaftsbereich Oligopole auf Kosten der Verbraucherinnen und Verbraucher. Oftmals blockieren sie zusätzlich den gewünschten Strukturwandel hin zu erneuerbaren Energien. Die Energieversorgung muss ein wesentlicher Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge sein.
Die Abhängigkeit von großen Energiekonzernen muss zugunsten dezentraler – insbesondere kommunaler und genossenschaftlicher – Versorger, abgebaut werden. Ziel muss weiterhin eine Rekommunalisierung der Energieversorgung bzw. eine Stärkung noch vorhandener kommunaler Energieversorger sein. Stadtwerke sind beim Ausbau der erneuerbaren Energie und der Kraft-Wärme-Kopplung gezielt zu unterstützen. Ihre Privatisierung ist konsequent abzulehnen.
Die Folgen des Klimawandels werden vor Allem diejenigen zu erleiden haben, die jetzt oder in den kommenden Jahren erst geboren werden. Daher sind die Themen Umwelt- und Klimaschutz in Lehr- und Bildungspläne für Kindergarten, Hort und Schule aufzunehmen. Bis 2012 wird der übergroße Anteil aller Emissionsrechte kostenlos an die Wirtschaftsteilnehmer vergeben. Die damit verbundenen Verteilungswirkungen zu Gunsten einiger Unternehmen, insbesondere der Stromversorger, führen zu Extraprofiten in Milliardenhöhe zu Lasten des Bundesetats bzw. privater Haushalte und Unternehmen. Zudem kompensiert die kostenlose Vergabe die gewünschte Klima schützende Lenkungswirkung des Emissionshandels weitgehend und verkehrt sie in ihr Gegenteil: Neuinvestitionen im fossilen Kraftwerksbereich werden tendenziell in klimaschädliche Kohlekraftwerke gelenkt, anstatt in umweltfreundlichere Gaskraftwerke. Die brennstoffspezifischen Zuteilungsregeln schützen die besonders klimaschädliche Braunkohleverstromung. Das Verschenken der Zertifikate muss ein Ende haben, wenn ein wirklicher Wechsel hin zu umweltfreundlicheren Technologien in der Energieerzeugung und hin zu einem massiven Einsparen von Energien erreicht werden soll.