Für Brandenburg: Zukunft sichern, Armut bekämpfen, Demokratie stärken.

Beschluss der 2. Tagung des 1. Landesparteitages
13.12.2008

Für Brandenburg: Zukunft sichern, Armut bekämpfen, Demokratie stärken.
Original sozial: DIE LINKE.
(Projekte 2009)

Am Vorabend des Wahljahres 2009 – 20 Jahre nach Beginn der demokratischen Umwälzungen in der DDR – hat sich mit der weltweiten Finanzkrise der Rahmen für politisches Handeln erneut deutlich verändert. Der enthemmte neoliberale Kapitalismus, der mit dem Scheitern des Staatssozialismus Marktradikalismus, Sozialabbau und Casino-Gebaren an den Finanzmärkten rechtfertigte, hat einen Kollaps erlitten. Diejenigen, die den Staat an den Rand gedrängt und sich über den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft hinweg gesetzt hatten, flüchten nun unter den Schutzschirm des Staates und in die Arme der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Neben die Erfahrung mit dem Scheitern von Staatssozialismus und autoritärem Parteien-Monopol tritt nun die mit dem Kollaps des ungezügelten Finanzmarktkapitalismus und seiner politisch zugelassenen und beförderten Verantwortungslosigkeit. Es gilt die kapitalistischen Ursachen für die Anhäufung von Reichtum auf der einen Seite und wachsender Armut auf der anderen Seite aufzudecken. Jetzt droht eine Entwicklung, in der die Folgen der Krise des Kapitalismus auf die von Erwerbsarbeit lebenden, auf die Rentnerinnen und Rentner, auf die Arbeitslosen, auf die sozial Benachteiligten abgewälzt werden. Dem werden wir entschiedenen Widerstand entgegensetzen.
Erneut sind große Fragen wie die nach dem Verhältnis von Markt und Staat, von Wirtschaft und Politik, von Risiko und Sicherheit, von individueller Freiheit und gesellschaftlicher Verantwortung, von Macht und Teilhabe auf die Tagesordnung gerückt. Der Blick zurück zeigt: Es kann, es darf in diesen Dingen kein Entweder-Oder geben. Es geht um die richtige Mischung, um eine stabile Balance. Das ist die alte Idee eines Dritten Weges.
Die Antwort auf die Frage, was das ist, liegt vor, nicht hinter uns. Wir nennen diesen Weg nach vorn demokratischen Sozialismus. Er ist für uns Bewegung, Wertesystem und Ziel – das Ziel einer Gesellschaft, in der die freie Entwicklung einer und eines jeden zur Bedingung der freien Entwicklung aller wird. Dazu machen wir uns hier und heute auf den Weg. Unser Einsatz gilt sozialer Gerechtigkeit und einer erneuerten Arbeitswelt, die allen Frauen und Männern Existenz sichernde Erwerbsmöglichkeiten bietet, dem dauerhaften Erhalt der Umwelt, der Bewahrung und Entwicklung der menschlichen Kultur, der Durchsetzung der Menschenrechte. Wir streiten für auf die demokratische Regelung aller Angelegenheiten durch die Bürgerinnen und Bürger selbst. Dabei lassen wir uns von Werten leiten, die den Schritten zu einer gerechten Gesellschaft Zusammenhang und Orientierung geben: Freiheit, Gleichheit und Solidarität bilden den Inhalt der Gerechtigkeit, die wir anstreben. Sie sind mit Frieden, Bewahrung der Natur und Emanzipation untrennbar verbunden.
Die Überwindung der Fehlentwicklungen und sozialen Spaltungen setzt demokratische Verhältnisse und deren ständige Weiterentwicklung voraus. Die Vertrauens- und Gesellschaftskrise, die über das Drama der Finanzwirtschaft hinaus reicht, ist nicht das Ende der Demokratie. Nur wenn es gelingt, sie als Mahnung zu einer neuen Sternstunde der Demokratie zu begreifen, und die Interessen der Mehrheit zur Geltung zu bringen – d. h., tatsächliche Demokratie in allen Bereichen der Gesellschaft, insbesondere der Wirtschaft, herzustellen, wird die Krise nachhaltig überwunden werden können.
Ein handlungsfähiger Staat ist nicht Gegenbild von Demokratie und Teilhabe, sondern de¬ren Instrument und nötige Ergänzung. Wir wollen staatliches Handeln zur rechten Zeit und an der richtigen Stelle, mit Augenmaß und Effizienz – nicht erst dann, wenn wie bei der Finanzkrise das Kind schon im freien Fall in den Brunnen ist.
Diese Auseinandersetzungen werden nicht außerhalb Brandenburgs und dürfen nicht über unsere Köpfe hinweg geführt – sondern auch in und für Brandenburg, mit uns und durch uns. Wir – die LINKE wie die Brandenburgerinnen und Brandenburger – stellen uns dem nicht erst jetzt. Gemeinsam haben wir in den letzten zwei Jahren einen intensiven Dialog über ein neues Leitbild für unser Land geführt. Darauf bauen wir jetzt auf.
Brandenburg ist für viele Bürgerinnen und Bürger zu einem Land geworden, in dem zu leben und zu arbeiten sich lohnt. Sie haben hart gearbeitet, manches erreicht – und einiges zu verlieren. Der wirtschaftliche Zusammenbruch und die Turbulenzen der 90er Jahre liegen hinter uns. Viele Versprechungen, Hoffnungen und Wünsche aus der Zeit des Beitritts der DDR zur BRD vor fast zwanzig Jahren sind so nicht aufgegangen, dennoch ist das Leben für viele beherrschbar und auch lebenswert geworden. Brandenburg hat einiges zu bieten: eine leistungsfähige moderne Infrastruktur, eine vitale Hochschul- und Forschungslandschaft, einen hohen Versorgungsgrad mit Kita-Plätzen, eine deutlich verbesserte Umweltsituation und wiederbelebte attraktive Innenstädte.
Brandenburgerinnen und Brandenburger haben allen Grund, Stolz auf ihre Lebensleistung zu sein – oftmals schon die zweite. Und ein zweites Mal ist vieles bedroht.
Politisch gibt es keinen Anlass, sich zurück zu lehnen. Die Herausforderungen sind groß, der Druck wächst – nicht nur wegen der Finanzkrise und der drohenden Rezession. Die aktuelle Krise gibt Anlass zu größter Sorge und überschattet vieles. Doch die wirtschaftliche Lage der Menschen hat sich schon in den letzten Jahren – auch jenen der Konjunktur – nicht im notwendigen Umfang verbessert. Preis- und Kostensteigerungen gehen an die Substanz – und sie sind nicht immer nur Folge knapper werdender Ressourcen und gesteigerter Nachfrage, sondern viel zu oft Ergebnis von Spekulation und Monopolpreisbildung.
Die Verhältnisse im Land sind zudem nicht gerechter geworden. Die sozialen Risiken nehmen zu: schlecht bezahlte, nicht Existenz sichernde Arbeit greift um sich. Bei Verdienst und Einkommensniveau der privaten Haushalte gibt es gewaltige regionale Unterschiede. Große Teile des Landes leiden weiter unter Abwanderung, wirtschaftlicher Schwäche und mangelnder Zuwendung durch die Landespolitik. Die öffentliche Daseinsvorsorge ist gefährdet, die Finanzausstattung unzureichend.
Viel zu vielen Menschen blieb über die Jahre die Möglichkeit verwehrt, sich in Brandenburg eine gute, tragfähige Existenz aufzubauen – ihnen gegenüber steht unser Land in der Pflicht.
Die Schattenseiten unseres Landes treffen besonders die Kinder und Jugendlichen. Ein unerträglich hoher Teil von ihnen wächst in extrem schlechten finanziellen Verhältnissen auf – ein erheblich größerer Teil als bei den Erwachsenen. Materielle Armut geht einher mit schlechteren Bildungschancen und größeren Gesundheitsrisiken. Not ist für die nachrückenden Generationen noch viel präsenter und prägender als für die Älteren. Dazu kommt eine weitere Erfahrung für die Jüngeren: Ihr Weg ins Leben ist in Brandenburg voller Hürden und ein Kampf gegen Vorurteile. Das beginnt mit einem Schulsystem, das eine große Mehrheit im Land für ungeeignet hält, allen Kindern einen gute Start ins Leben zu ermöglichen. Einerseits fehlen Arbeitsplätze – andererseits können qualifizierte Ausbildungsplätze nicht mit geeigneten Bewerbern besetzt werden. Die Hochschulen sind überlastet, die Qualität der Lehre steht in der Kritik. Berufseinsteiger finden schwer Arbeit.
Die Rahmenbedingungen für Brandenburg werden in den nächsten Jahren nicht besser, sondern komplizierter. Es beginnt der spürbare Rückgang der Mittel aus dem Solidarpakt, der 2019 gänzlich ausläuft. Die EU-Förderung ändert sich; für die landwirtschaftlichen Betriebe beginnt die Umstellung schon jetzt. Die internationale Finanzkrise belastet die öffentliche Hand und fordert zugleich zu zusätzlichen Anstrengungen heraus, die Realwirtschaft, vor allem die kleinen und mittelständischen Unternehmen am Laufen zu halten. Dazu gehört auch die Stärkung der Massenkaufkraft.
Die globalen klimatischen Veränderungen machen keinen Bogen um Brandenburg. Witterungsextreme mit Wassermangel und Trockenheit aber auch Hochwasser und Überflutung sind Herausforderungen, denen unser Land gegenüber steht. Für manche Landstriche werden sogar Verödung und Versteppung prognostiziert. Klimawandel und CO2–Emissionen – in Brandenburg sehr stark ausgehend von der Braunkohleverstromung – stehen in enger Verbindung.
Die Situation unseres Landes verlangt tatkräftige, verantwortungsbewusste Politik. Doch wir haben eine schwache, zunehmend instabile Landesregierung, die immer öfter an den realen Anforderungen vorbei und über die Köpfe der Menschen hinweg regiert. Bei den Kommunalwahlen 2008 hatten SPD und CDU zusammen erstmals seit 1990 keine Mehrheit mehr im Lande.
Wir wollen, dass unser Land einen guten Weg mit allen und für alle geht. Damit dies gelingt, müssen Fundamente gefestigt, Fehlentwicklungen beendet und neue Türen aufgestoßen werden.
Wir stellen uns dieser Aufgabe und rücken dafür folgende Vorhaben ins Zentrum der Debatte über die Perspektiven Brandenburgs:

1. Gute Arbeit – gute Löhne – stabile Wirtschaft.
Gute Arbeit – das ist das Gegenmittel gegen Armut und die Basis eines guten Lebens. Wir brauchen deutlich mehr Arbeitsplätze, von denen Mann wie Frau leben kann.
Politik hat die Pflicht und auch Möglichkeiten, für gute Arbeit zu sorgen. Wir wollen dem Lohnwettlauf nach unten einen Riegel vorschieben. Existenz sichernde gesetzliche Mindestlöhne sind ein Mittel dafür. Zugleich muss die öffentliche Hand in die Lage versetzt werden, nicht ihrerseits zum Lohndumping herauszufordern. Die Bemühungen zur Vereinheitlichung des Arbeitsrechts auf Bundes- und EU-Ebene unterstützen wir.
Die öffentliche Auftragsvergabe verstehen wir als Rahmenbedingung für nachhaltige regionale Wirtschaftskreisläufe. Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen in Brandenburg muss an tarifliche und soziale Mindeststandards gebunden werden. Kriterien sollten auch betriebliche Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern, zur beruflichen Integration von Menschen mit Behinderung oder mit Migrationshintergrund, zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen sein. Wir bekräftigen unser Bekenntnis zur wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen.
In der Arbeitsmarktpolitik setzen wir auf öffentlich geförderte Beschäftigung mit Sinn stiftenden und Existenz sichernden Tätigkeiten. Damit sollen wichtige gesellschaftliche Aufgaben erfüllt werden, die die Privatwirtschaft mangels Gewinnaussichten nicht wahrnimmt. Die Förderung soll vor allem Menschen zu Gute kommen, für die dies auf längere Sicht die einzige Chance bedeutet, die Arbeitslosigkeit zu beenden. Die Förderung beruht auf dem Prinzip der Freiwilligkeit, die Entlohnung muss nach Tarif erfolgen und mindestens in Höhe des angestrebten gesetzlichen Mindestlohns liegen.
Wir wollen Mittel, statt sie für Arbeitslosigkeit auszugeben, zur Finanzierung von gemeinwohlorientierter Beschäftigung nutzen. Der Kommunalkombi ermöglicht einen Einstieg – jedoch nicht überall und nicht im erforderlichen Ausmaß. Im Rahmen dieses Programms könnten in Brandenburg ca. 11.000 Stellen geschaffen werden. Erst ein Bruchteil dieses Kontingents ist besetzt. Bund und Land haben Zugangsmöglichkeiten und Finanzierung halbherzig ausgestaltet. In Landkreisen mit einem „geteilten Arbeitsmarkt“ bleiben die Regionen mit hoher und verfestigter Arbeitslosigkeit von der Förderung ausgeschlossen. Zu restriktiv ausgestaltete Zugangsvoraussetzungen für Arbeitsuchende erschweren die Besetzung der Stellen. Und nicht zuletzt hat die Landesregierung die Kofinanzierung auf zwei Drittel des möglichen Stellenkontingents begrenzt. Wir setzen uns dafür ein, diese Hemmnisse zu beseitigen.
In der Wirtschaftspolitik verfolgen wir einen komplexen, gestalterischen Ansatz. Sie ist mehr als Förderpolitik und umfasst Ordnungspolitik, Genehmigungsverfahren, Kartellrecht, Einfluss auf Preisbildung, Regulierung von Netzzugängen und nicht zuletzt auch Gewährleistung demokratischer Teilhabe. Wirtschaftspolitik muss mit der Regionalentwicklung verzahnt werden.
Eine Wirtschaftspolitik, die mit dem „Standortvorteil“ niedriger Löhne und längerer Arbeitzeiten wirbt, ist kontraproduktiv: Sie forciert mit öffentlichen Geldern die Ausbreitung unterbezahlter Arbeit. Demgegenüber muss Unterstützung für Unternehmen nicht nur an die Zahl von Arbeitsplätzen, sondern auch an die Qualität von Arbeit gebunden werden – also etwa an Fragen wie die, ob der subventionierte Arbeitsplatz mit Leiharbeit besetzt wird, ob dort Niedriglöhne gezahlt werden oder ob das Recht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer behindert wird, einen Betriebsrat zu wählen.
Zwei Aufgaben drängen wirtschaftspolitisch ganz besonders: die Substanzpflege der bestehenden, oft kleinteiligen und eigenkapitalschwachen Unternehmensstruktur und die Bewahrung industrieller Kerne einerseits sowie die Aktivierung der vorhandenen Entwicklungspotentiale andererseits. Brandenburgs Chance liegt vor allem bei neuen Industrien und Dienstleistungen, bei Wissenschaft und Innovation. Die seit dem Kahlschlag durch die Treuhand bestehende Lücke bei der Industrieforschung muss geschlossen werden.
Förderlogik und Förderstruktur wollen wir umbauen: So soll es künftig eine Grundförderung für alle Wirtschafts¬regionen in Brandenburg geben, die im Prinzip aus Darlehen und Zinsvergünstigungen besteht. Dazu kommt – in Abstimmung mit Berlin – eine gezielte klassische Förderung von innovativen Branchen, tragfähigen Netzwerken und grenzüberschreitenden Kooperationen sowie für Forschung und Entwicklung in KMU und für den Transfer Wissenschaft – Wirtschaft. Für KMU, Handwerk und freie Berufe soll es Mikrofinanzierungen geben. Das Bürgschaftssystem soll zur Stärkung der Eigenkapitalsituation ausgebaut werden. Ein solcher Umbau der Förderlogik könnte durch eine andere Kombination der Fördermöglichkeiten, durch die Neuordnung Verantwortlichkeiten sowie durch eine bessere Nutzung der bundespolitischen und europäischen Rahmenbedingungen 100 Mio. Euro Finanzmasse inhaltlich ersetzten.
Wirtschaftspolitik muss mit der Regionalentwicklung und der Raumplanung enger verzahnt werden. Das gilt für das ganze Land – und nicht nur für die von der Landesregierung ausgewiesenen Wachstumskerne und Schwerpunktregionen der ländlichen Entwicklung. Wir wollen nicht zulassen, dass besonders strukturschwache ländliche Regionen in Randlage weiter abgehängt werden. Dazu sind stabile Agrarstrukturen notwendig, eine Bodenpolitik, die die Brandenburger Landnutzer stärkt, und die Grundförderung für alle Wirtschaftsregionen beinhaltet. Dies wollen wir erreichen, indem die ländlichen und strukturschwachen Räume so entwickelt werden, dass sie dem Grundsatz der Landesverfassung folgend, gleichwertige Lebensbedingungen garantieren. Dazu sind die spezifischen Potenziale gezielt zu entwickeln. Land- und Forstwirtschaft müssen dabei als Anker für Existenz sichernde Einkommen und selbstbestimmtes Leben in den Dörfern und kleinen Städten verstanden werden. Wir lehnen daher die Stellenkürzungen im Zuge der Forstreform ab und fordern stattdessen eine Erschließung der Holzreserven vor allem im Kleinprivatwald und die Unveräußerlichkeit des Landeswaldes. In der Landwirtschaft gilt es, den Beschlüssen zur Benachteiligung der ostdeutschen Agrarstrukturen wirksame Förderinstrumente entgegenzusetzen, die einen Verbleib der finanziellen Mittel in unseren Regionen sichern. Das bedeutet auch, dass alle Maßnahmen, die zu einer Verbesserung und Harmonisierung der Umweltstandards beitragen, von uns unterstützt werden. Dabei
sind neue Einkommensquellen und Geschäftsfelder zu erschließen. Der Boden als Hauptproduktionsmittel und die Nahrungsmittel dürfen nicht zum Spekulationsobjekt von Finanzjongleuren werden. Kreislaufwirtschaft und die Versorgung des Ballungsraumes Berlin sind zu fördern.
Einkommen im ländlichen Raum zu akkumulieren bedeutet gleichermaßen, die reichhaltigen naturräumlichen Gegebenheiten Brandenburgs zu erhalten, zu pflegen und schonend zu nutzen. Ebenso sind diese Landstriche in ihrer Attraktivität für die Erholungsfunktion zu entwickeln, durch sanften Tourismus, Umweltbildung und die Stärkung der Großschutzgebiete. Naturschutz ist ein Wert an sich. Der Schutz von Arten und Biotopen lässt sich nicht gegen Wirtschaftswachstum und Bautätigkeit aufrechnen. Ohne intakte Umwelt, ohne funktionierenden Landschaftswasserhaushalt und ohne notwendige Anpassungsstrategien zur Vermeidung bzw. Abmilderung von Klimaveränderungen stellt sich jeder Fortschritt aufgrund der spezifischen Brandenburger Bedingungen selbst in Frage.

Wir wollen den Bau des Flughafens Berlin Brandenburg International (BBI) kritisch und konstruktiv begleiten und engagiert mit gestalten. Fehler wie bei der fehlenden Bahnerschließung für den teuren, unterirdischen Flughafenbahnhof BBI (636 Mio. Euro) dürfen sich nicht wiederholen.
Wir wollen das Bündnis am Boden, und setzen uns für den Schutz der Anwohner vor Gesundheitsgefährdungen durch den Flugverkehr und treten für die Einhaltung des Nachtflugverbotes auch in den sogenannten „Randzeiten“ ein. Der von der Landesregierung angekündigte Vorteils-Nachteils-Ausgleich für die Gemeinden im Umland des Flughafens muss realisiert werden

2. Armut überwinden, Armut verhindern.
Brandenburg hat sich mit der derzeitigen Landesregierung zu viele Fesseln für ein erkennbares politisches Agieren auf der Bundesebene auferlegt. Unser Land muss künftig aber im Bund klar seine Stimme nicht nur für den gesetzlichen Mindestlohn, ebenso deutlich erheben für
• eine Grundsicherung für alle, die Armut verhindert,
• für die Aufstockung der Regelsätze, vor allem für Kinder,
• für die Sicherung des Rentenniveaus und die Anhebung des Rentenwerts (Ost) auf Westniveau,
• für ein Gesetz, das verhindert, dass Praktika als Deckmantel für Dumping-Löhne für Berufseinsteigerinnen und -einsteiger missbraucht werden, und
• für gesetzliche Regelungen, die einkommensschwache Haushalte durch den Erlass von Grundgebühren o. ä. gegen explodierende Energiekosten schützen.
Die Zunahme von Leiharbeit, Mini-Jobs, Teilzeitarbeit und befristeter Beschäftigung wurde erst durch die Hartz-Gesetze ermöglicht. Insbesondere Frauen sind von dieser Entwicklung betroffen. Diese Einfallstore für Niedriglohnbeschäftigung müssen ge¬schlos¬sen werden. Die Durchsetzung des Prinzips gleicher Lohn für gleiche Arbeit gilt auch in der Leih¬arbeit, die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung, die volle Sozialversicherungspflicht für jede geleistete Arbeitsstunde und die Wiederherstellung des Qualifikationsschutzes sind unverzichtbar.
Im Lande selbst ist dafür zu sorgen, dass materielle Armut nicht in Ausgrenzung mündet. Das beste Mittel dafür ist der Weg zurück in existenzsichernde Erwerbsarbeit– Fortbildung und Umschulung für Erwerbslose hat deswegen einen hohen Stellenwert. Wir schlagen ein Sonderprogramm Fachkräftequalifizierung von Schulabschluss bis Rente unter Berücksichtigung der Gleichstellung von Mann und Frau vor.
Um die gesellschaftliche Teilhabe aller zu sichern, setzen wir uns für Familienpässe und Kulturtickets ein.
Das Sozialticket muss über den 31. August 2010 hinaus Bestand haben. Es soll auch für Einzelfahrscheine und Tagestickets möglich sein. Und es geht um die Einbeziehung des Tarifbereichs Berlin in den Geltungsraum des Brandenburger Sozialtickets.
Wir brauchen in Brandenburgs Kommunen Wohnungssegmente, die für einkommens¬schwache Haushalte vorgehalten werden.
Aus dem BAföG für Studierende und Schülerinnen und Schüler sollte eine eltern¬unabhängige Grundsicherung werden.

3. Gute Bildung und Kultur für alle – von Anfang an.
Wir sehen in der Bildung eine der wichtigsten Zukunftsinvestitionen des 21. Jahrhunderts. Daher muss Bildung langfristig beitragsfrei werden – von der Kita über die Schule, die Ausbildung, das Studium bis zur Weiterbildung.
Von Chancengleichheit in der Bildung sind wir in Brandenburg weit entfernt. Wir sind für eine Stärkung des öffentlichen Schulsystems, einen weiteren Abbau schulischer Infrastruktur darf es nicht geben.
16 Schulgesetzänderungen in den letzten zehn Jahren haben es nicht vermocht, die Qualität schulischer Bildung in Brandenburg zu verbessern. Wir müssen das Schulsystem ändern – mit Augenmaß und Verstand. Die Mehrheit in Gesellschaft und Politik weiß: Kinder gehören in der Schule – wie in der Familie – zusammen. Jeder kann von jedem lernen. Soziale Verantwortung, Offenheit, Teamgeist, Kreativität – das alles entsteht nur im Miteinander, nicht in der Abgrenzung. Deswegen wollen wir längeres gemeinsames Lernen bis zum Ende der Sekundarstufe I in einer Gemeinschaftsschule, die jeden individuell fördert.
Die Änderung des Schulsystems braucht Zeit. Einige Dinge sind aber schon jetzt, unver¬züg¬lich nötig. Nötig sind eine höhere Qualität der frühkindlichen Bildung und Erziehung, eine Absenkung des Personalschlüssels in Kitas, Sprachstandsfeststellungen und Sprachförderung mindestens zwei Jahre vor Schulbeginn, mehr und qualifiziertere Ganztagsangebote, eine bessere Ausstattung mit Lehrerstellen und bessere Arbeitsbedingungen und Fortbildungsangebote für Lehrkräfte und ErzieherInnen, auch mehr SonderpädagogInnen und SozialarbeiterInnen an Schule wie in der Freizeit. Und wir müssen umgehend die vom Europarat geforderten strukturellen Maßnahmen im Bereich der Vermittlung der niedersorbischen (wendischen) Sprache umsetzen.
Alle Kinder in Kita und Grundschule müssen mit einem Mittagessen versorgt werden, das für die Eltern kostenfrei ist und sich in das pädagogische Konzept und den Rahmen der Gesundheitsprävention einordnet.
Wir fordern ein Recht auf einen voll qualifizierten Ausbildungsplatz für jeden Jugend¬lichen. Das Recht auf Ausbildung gehört in die Landesverfassung. Die Qualität der Berufsausbildung hat oberste Priorität. Als Kern der beruflichen Ausbildung gilt nach wie vor das duale Ausbildungssystem. Innerhalb der dualen Ausbildung ist die Stellung der Berufsschulen deutlich zu stärken.
Unternehmen dürfen nicht aus ihrer Verantwortung für die berufliche Bildung entlassen werden. Kleineren Unternehmen soll eine Beteiligung an Ausbildung über eine Umlagefinanzierung ermöglicht werden. Und die Landesverwaltung darf nicht länger ein negatives Beispiel abgeben – die niedrige und nicht einmal stabile Ausbildungsquote (1,25 Prozent im Jahr 2007) muss erhöht werden.
Eine kontinuierliche Modernisierung der Hochschullandschaft ist erforderlich. Deswegen müssen die Hochschulen zu einem dauerhaften Investitionsschwerpunkt des Landes werden. Es geht um die Steigerung der Lehrqualität durch bessere Betreuungsrelationen und mehr Qualität in der Lehre – nötig sind die Aufstockung des Lehrpersonals, eine Stärkung des akademischen Mittelbaus, die verpflichtende didaktische Weiterbildung des Lehrpersonals sowie eine umfassende Qualitätsentwicklung. Der Master muss der Regelabschluss an Hochschulen sein. Der freie Zugang zum Master muss gewährleistet werden Die demokratischen Mitbestimmungsrechte müssen in allen Bildungsbereichen, insbesondere an den Hochschulen, gestärkt werden.
Wir lehnen jegliche Form von Studiengebühren – einschließlich Studienkonten – ab.
Kulturpolitische und bildungspolitische Entscheidungen wirken sich nie sofort aus, müssen deshalb immer auf Langfristigkeit angelegt sein. Aktionismus ist hier fehl am Platz.
Pflege und Förderung der Kultur, der Erhalt des kulturellen Erbes sowie die Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Freiheit der Kunst sichern, müssen als gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen begriffen werden. Nur so können die Standards, die Brandenburg als attraktives Kulturland ausweisen, gehalten werden. Teilhabe an Kultur und kultureller Selbstausdruck muss für alle – Kinder, Jugendliche und Erwachsene – möglich sein. DIE LINKE unterstützt eine Volksinitiative zur Sicherung der Qualitätsstandards der Musikschulen im Land Brandenburg.
Wir setzen uns dafür ein, genau zu prüfen, wo zur Sicherung kulturpädagogischer und künstlerischer Einrichtungen und Veranstaltungen der Übergang von einer Projektförderung zur vertraglich vereinbarten langfristigen Förderung (Institutsförderung) übergegangen werden kann. Dazu wird eine andere Logik im Haushaltsplan nötig sein, die Ausgaben für Bildung und Kultur vor allem als Investitionen begreift und ressortübergreifende Wirkungen anstrebt. DIE LINKE in Brandenburg setzt sich dafür ein, dass Kultur als Staatsziel möglichst verbindlich ins Grundgesetz aufgenommen wird. Nur so kann die Forderung nach einem kooperativen Kulturföderalismus eine solide Grundlage erfahren und im europäischen Rahmen zeitgemäß fortentwickelt werden.

4. Gutes Leben in allen Regionen.
Brandenburgs Regionen entwickeln sich sehr unterschiedlich – aber niemand darf für seine Hei¬mat bestraft werden. Dem Verfassungsgrundsatz der gleichwertigen Lebensverhältnisse im gesamten Land Brandenburg muss mehr Geltung verschafft werden. Daher bedarf es auch weiterhin eines politischen Ausgleichs. Privatisierungen verbieten sich, wenn Aufgaben, die im Interesse der Gemeinschaft unverzichtbar sind und deren Umfang sich von daher bestimmt, dem Profitstreben unterworfen werden und wenn es zum Verlust von Steuerungsfähigkeit durch die öffentliche Hand kommt. Der Staat darf sich nicht weiter aus der Fläche zurückziehen, die öffentliche Daseinsvorsorge ist zu sichern und muss sich den wandelnden Erfordernissen anpassen.
Das Land muss das gewährleisten. Aber wie die Dinge organisiert werden – dass muss in den Regionen selbst, das muss vor Ort entschieden werden können – mit klaren Kompetenzen und den nötigen Finanzen. Das ist einerseits über eine Funktionalreform – einer Neuverteilung der Aufgaben zwischen dem Land, den Kreisen und den Gemeinden – zu gewährleisten. Andererseits brauchen wir eine neue, eine realistische, die tatsächlichen Entwicklungen und Handlungsnotwendigkeiten berücksichtigende Finanzausstattung der Kommunen.
In Brandenburg gibt es große regionale Unterschiede – auch innerhalb von Landkreisen und Gemeinsamkeiten über Kreisgrenzen hinweg. Wir wollen kooperative Ansätze von Kommunen in der Region befördern. Über diesen Weg können bestehende Potenziale vernetzt, bisherige Investitionen weiter genutzt und Neues erschlossen werden. Für einen solchen Ausbau der interkommunalen Kooperation sind die notwendigen administrativen und landesplanerischen Voraussetzungen zu schaffen. Der Verzicht auf Grundzentren kann nicht dazu gehören – eine Landesplanung nur gestützt auf Mittelzentren als kleinste Stufe im Zentralen-Orte-System funktioniert in der Fläche nicht. Angesicht der demografischen Entwicklung und der damit verbundenen Probleme für die gewohnte Struktur der öffentlichen Daseinsvorsorge im ländlichen Raum werden die Städte als zentrale Orte mit ihrer sozialen Infrastruktur für die Gewährleistung gleichwertiger Lebensverhältnisse immer wichtiger. Städte üben Funktionen für das Umland aus und sollen dementsprechend auch vom Umland unterstützt werden.
Die Unterstützung des Bundes für den Stadtumbau bleibt weiter erforderlich; der Stadtumbau ist mit gleicher Intensität wie bisher fortzuführen – mit veränderter Schwerpunktsetzung: weg vom bloßen Abriss, hin zur Aufwertung der Städte. Die Möglichkeiten des Landes, unter Nutzung von EU-Mitteln den Stadtumbau zu unterstützen, sind besser auszuschöpfen – sei es für sozialen Wohnungsbau im Berliner Umland oder zur Förderung der Doppelstädte an der deutsch-polnischen Grenze.
Für den Öffentlichen Personennahverkehr müssen wieder Landesmittel eingesetzt werden, damit mehr möglich wird, als nur das Bestehende zu verwalten: Wir wollen den Umweltverbund aus ÖPNV, Radverkehr und Fußwegen stärker fördern und die Verknüpfung der verschiedenen Verkehrsträger optimieren (Rad und Bahn, Auto und Bahn). Weitere Streckenstilllegungen und Abbestellungen im Schienenverkehr darf es nicht geben; Schienennetz und Bahnhöfe müssen besser werden.
Um die Gesundheitsversorgung in allen Regionen zu gewährleisten, muss die Kooperation von öffentlichen, ambulanten und stationären Leistungen neu gestaltet werden. Das Land muss durch insgesamt attraktive Lebensbedingungen wie auch durch gezielte Förderung dazu beitragen, dass sich wieder mehr Ärzte vor allem für die ländlichen Räume ansiedeln. Wir sind für die Einbindung der „Gemeindeschwester“ in die gesundheitliche Versorgung. Sie ist zuverlässige Partnerin der Bürgerinnen und Bürger wie auch der praktizierenden Ärzte vor Ort, aber sie kann kein Ärzteersatz sein.
Nicht nur für Ostbrandenburg sondern für die Zukunftsfähigkeit des gesamten Landes ist die Gestaltung der Zusammenarbeit mit der Republik Polen und dabei die Entwicklung umfangreicher Kooperationsbeziehungen mit den westpolnischen Woiwodschaften von Bedeutung. Dieser Raum zieht Kraft aus den Wachstumszentren Berlin, Szczecin, Poznań und Wrocław, seine Potenziale liegen aber auch in Zentren wie Frankfurt (Oder) oder Zielona Góra und im ländlichen Raum. Zentrales Projekt hier ist die „Oder-Part¬nerschaft“. Für eine wettbewerbsfähige europäische Region an Oder und Neiße bleibt noch viel zu tun: eine Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik zur Herausbildung eines Wirtschaftsstandortes Berlin/Brandenburg-Westpolen, die Schaffung eines Netzwerkes von Hochschul- und Forschungseinrichtungen, die Erarbeitung und Umsetzung eines grenzüberschreitenden Verkehrskonzepts oder die gemeinsame Erschließung der kulturellen und natürlichen Potenziale der Region im Sinne eines Erlebnisraumes Oder-Neiße.
Wir bleiben dabei: Brandenburg ist mehr als die Metropolen-Region um Berlin. Seine Beziehungen zur Bundeshauptstadt sind nicht nur in der Form einer Länder¬fusion denkbar. Wir wollen eine intensive Zusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen.

5. Bezahlbare Lebensumstände.
Preise, Abgaben, Beiträge und Gebühren gehören auf den Prüfstand; Preisstabilität und angemessene Kosten sind der Maßstab. Nicht alles hat der Staat, nicht alles hat das Land Brandenburg in Griff. Aber in einigen Bereichen besteht nicht nur Handlungsbedarf, sondern kann auch etwas getan werden.
Dazu gehört der Abwassersektor. Bürgerinnen und Bürgern, die bereits seit Jahrzehnten angeschlossen sind, aber auch Unternehmen, denen Beitragsforderungen in teilweise zweistelliger Millionenhöhe drohen, muss durch eine vernünftige Stichtagsregelung die Angst vor unakzeptablen und hohen, nicht eingeplanten Kosten oder gar vor dem Ruin genommen werden. Wir setzen uns für eine Lockerung des Anschluss- und Benutzungszwangs im ländlichen Raum ein. Bürgerinnen und Bürger sollen dort selbst entscheiden können, ob sie an zentrale Kläranlagen angeschlossen werden oder Wiederaufbereitungsanlagen nach hohen ökologischen Standards betreiben. Wir brauchen eine Gesamtoffensive für einen sozial verträglichen Umbau der Wasser- und Abwasserwirtschaft in Brandenburg und fordern die Landesregierung auf, noch vor der Landtagswahl ein Abwasserhandlungskonzept vorzulegen. Durch ein Kommunalabgabenbegrenzungsgesetz sollen die Spielräume der Kommunen erweitert werden.
Wohnen muss bezahlbar sein! Die Entlastung von „DDR-Altschulden“ – auch für dauerhaft leer stehenden Wohnraum – bleibt wichtig , denn nur dann haben die Wohnungsunternehmen Spielraum für soziales Engage¬ment und für möglichst miet-neutrale Investitions- und Modernisierungsmaßnahmen. Notwendig ist zugleich eine Reform der bisherigen Praxis der Erstellung von Mietspiegeln.
Auch die Kontrolle und dauerhafte Begrenzung der Energiepreise bleibt eine zentrale Herausforderung. Brandenburg darf sich da nicht hinter dem Bund verstecken – vielmehr gilt es, bundespolitisch klar Position zu beziehen:
• für die Senkung von Energiekosten für Haushalte mit geringem Einkommen
• für die Entkopplung der Preisentwicklung der Energieträger Gas und Öl sowie
• für eine verbesserte Kontrolle von marktbeherrschenden Unternehmen
• für den diskrimierungsfreien Zugang zu den Netzen auch für kleine Anbieter oder für Stadtwerke,
• für die Trennung von Netzbetrieb und Energieerzeugung.
Das Land muss generell den ihm gegebenen ordnungspolitischen Rahmen voll ausschreiten. So kann das Landeskartellamt durchaus zur Kontrolle von Preisen beitragen; es muss entsprechend arbeitsfähig gehalten werden.

6. Zukunftsfähiges Energieland Brandenburg – ökologisch und sozial
In Brandenburg gibt es einen Energiemix zwischen den stärker werdenden erneuerbaren Energien Windkraft, Biomasse und Solarwirtschaft einerseits und der traditionellen Braunkohleverstromung andererseits. Der Klimawandel erfordert zwingend, mittelfristig – also spätestens bis 2050 – die Braunkohleverstromung zu beenden. Dieser Prozess muss verantwortungsbewusst gestaltet werden. Einen Einstieg strebt das von uns unterstützte Volksbegehren „Keine neuen Tagebaue!“ an. Dies ist Teil des von der Linksfraktion im Landtag angestoßenen Energiedialogs. Wir wollen diesen Dialog fortführen, denn es geht um eine neue, zukunftsfähige Energiepolitik – getragen von stabilen Mehrheiten in Gesellschaft und Politik. Eine Energiepolitik, die Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit, effiziente Energiebereitstellung sowie -nutzung und günstige Preise mit Klimaschutz, Bewahrung der Heimat und Verantwortung für nachfolgende Generationen verbindet, die Innovationen anregt und die notwendige Wende – hin zur Nutzung erneuerbarer Energien –  sozial verantwortungsbewusst gestaltet. Die entsprechenden Entscheidungen müssen in der nächsten Legislaturperiode fallen.

7. Demokratie leben, Rechtsstaat stärken
Wir wollen, dass Brandenburg wieder jene Vorreiterrolle einnimmt, die das Land Anfang der 90er Jahre mit seiner modernen Landesverfassung schon einmal hatte. Es geht um eine neue Wende hin zu mehr unmittelbarer Mitwirkung und Mitentscheidung der Bürgerinnen und Bürger an den politischen Prozessen. Für die Direkte Demokratie sind bessere Bedingungen zu schaffen: die Bürgerinnen und Bürger müssen sich möglichst in Wohnortnähe einbringen können, die technischen und kommunikativen Möglichkeiten des Internet sind auszubauen und zu nutzen. Auch eine  Kostenerstattungsregelung steht auf der Tagesordnung.
Jugendliche sollen erweiterte Abstimmungsmöglichkeiten bekommen; wir wollen das Wahlalter bei kommunalen Wahlen und Volksabstimmungen auf 16 Jahre herab setzen.
Wir unterstützen und fördern die Einführung von Bürgerhaushalten. Auf dem Weg zur Bürgerkommune können Bürgerinnen und Bürger ihre Angelegenheiten mehr und mehr in die eigenen Hände nehmen.
Die komplizierten Bedingungen im Lande wie die anstehenden Veränderungen erfordern zudem eine grundlegende Reform der gesamten parlamentarischen Arbeit. Wir bündeln unsere Vorstellungen in dem Projekt „Ein Parlament – dem Volke zugewandt“. Für uns gehören dazu vor allem mehr Öffentlichkeit in der Parlamentsarbeit, die Erweiterung der Informations- und Kontrollrechte des Landtages gegenüber der Regierung, die Stärkung der Rolle der Opposition und eine Neuordnung der Abgeordnetengesetzgebung zur Abschaffung unzeitgemäßer Privilegien.
Demokratie setzt Rechtstaatlichkeit voraus. DIE LINKE als Bürgerrechtspartei wendet sich gegen den Ausbau des Überwachungsstaates. Unser Anspruch ist, gestaltend in den Ausbau des Rechtsstaates einzugreifen. Es geht nicht nur darum, Beschädigungen des Rechtsstaates zu verhindern, sondern positive Entwicklungen in Gang setzen.
Bürgerliche Grundrechte wie der Schutz der Privatsphäre, das Briefgeheimnis, die Unantastbarkeit der Wohnung und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dürfen nicht weiter ausgehöhlt werden. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip muss wieder hergestellt werden. Öffentliche Sicherheit entsteht nicht durch den Einsatz der Bundeswehr im Inneren und nicht durch aktionistische Ausweitung polizeilicher Eingriffsbefugnisse. Wir setzen auf Kriminalprävention durch Sicherung des Sozialstaates. Wir setzen auf einen wirksamen Ausbau der kommunalen Kriminalitätsverhütung. Wir fordern einen Ausbau des Netzes der Revierpolizisten und die Präsenz einer bürgernahen Polizei. Wir setzen uns ein für eine zeitnahe Verfolgung von Straftaten und einen Strafvollzug, der zu einem straffreien Leben erzieht.

8. Finanzpolitik mit Courage und Augenmaß
Finanzielle Spielräume für eine Politik, die nicht nur ihre gesetzlichen Pflichtaufgaben verwalten will, sondern nachhaltige Entwicklung mit eigenem Gestaltungsanspruch betreiben will, sind äußerst eingeschränkt. Wir antworten darauf durch eine Finanzpolitik mit Courage und Augenmaß.
Um Politik nicht zu einer ausschließlichen Rotstift-Politik verkommen zu lassen, gehört die Frage nach einer verbesserten Einnahmepolitik des Landes auf die Tagesordnung – Antworten darauf enthalten u. a. die „Steuervorschläge der LINKEN“ im Bund.
Auch für die LINKE ist die Haushaltskonsolidierung ein wichtiges politisches Ziel – es geht dabei aber immer um die Handlungsfähigkeit von Politik. Sowohl ausufernde weitere Verschuldung als auch platte Verschuldungsverbote machen Politik aber handlungsunfähig. Steuerverschwendung muss bekämpft werden.
Durch eine Konzentration der vorhandenen Mittel und Programme auf politische, soziale und wirtschaftliche Schwerpunkte wollen wir angesichts begrenzter finanzieller Ressourcen den großen und weiter zunehmenden regionalen Disparitäten und unterschiedlichen Problemlagen im Land Rechnung getragen werden. Notwendige Strukturinvestitionen sowie die Öffentliche Daseinsvorsorge müssen finanziert werden.
Zu den anstehenden finanzpolitischen Veränderungen im Land Brandenburg gehören:
• Verbesserung der Kommunalfinanzierung mit dem Ziel, den Kommunen künftig die notwendige Handlungsfähigkeit zu geben und einen Grundkanon öffentlicher Leistungen zu sichern, der die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse, wie sie die brandenburgische Landesverfassung im Artikel 44 vorsieht, gewährleistet.
• Der Umbau der Förderlogik und –struktur, damit Brandenburg auch nach 2010 finanzielle Anreize und Unterstützung bieten kann. Neben Zuschüssen oder revolvierenden Fonds sind Bürgschafts- und Beteiligungsprogramme neu zu gestalten. Im Zusammenhang damit ist die Evaluation der EU-Strukturfondsmittel zu nutzen, um die Möglichkeiten der europäischen Förderung für eine Verbindung von klassischer Investitionsförderung mit anderen Erfordernissen herzustellen.
• Anpassung der rigiden Personalplanung an den tatsächlichen Bedarf, um Grundzüge der Entwicklung in Brandenburg sicherstellen zu können.
Brandenburg muss an seiner Ablehnung eines generelle Verschuldungsverbotes für die Länder im Rahmen der Föderalismus-Reform II festhalten. Zugleich ist zu klären, wofür und in welchen Grenzen Verschuldung in Kauf genommen wird. Die Grenzen lassen sich durch Defizitkorridore regeln. Zudem muss die Ausgabenstruktur anders gestaltet werden – Zukunftsausgaben sind Investitionen, nicht konsumtiv.
Die finanzpolitischen Handlungsspielräume lassen sich letztlich erst vor Hintergrund Finanzkrise präzise definieren. Deren Ausmaße und Wirkungen sind derzeit noch nicht voll absehbar.

9. Die europäische Dimension ausfüllen.
Brandenburg liegt mitten in Europa, inmitten der Europäischen Union – diese Rolle muss das Land aktiv ausfüllen. Landtag und Landesregierung müssen die Interessen unseres Landes genauer artikulieren und wirksamer in die europäischen Entscheidungsprozesse einbringen. Von besonderer Bedeutung sind dabei politische Forderungen zur Ausgestaltung eines sozialen Europas, zur Stärkung der Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter den Bedingungen der Globalisierung.
Notwendig sind eine eigenständige Europapolitik und eine den Bedingungen der internationalen Arbeitsteilung angepasste Landesstrategie. Anstelle eines Neben- oder Gegeneinanders muss das Miteinander der Ressorts, eine abgestimmte Zusammenarbeit von Landesregierung und Landtag treten.
Die Probleme, die es zu lösen gilt, sind förmlich mit den Händen zu greifen:
So könnten etwa durch die Erarbeitung und Umsetzung einer Strategie zum Ausbau der Mehrsprachigkeit die Brandenburger nur gewinnen – ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt im In- und Ausland würden wachsen, der Erwerb interkultureller Kompetenz wäre ein Beitrag für mehr Toleranz und gegen Fremdenfeindlichkeit im Lande.
Zu den anstehenden Aufgaben gehört ebenso die Vorbereitung des Landes auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit für alle EU-Ausländer ab 2011 – sie muss jetzt beginnen.
Anstelle der Lissabon-Strategie, die einseitig auf Liberalisierung, Flexibilisierung und Kostensenkung für Unternehmen setzt, braucht die Europäische Union eine Strategie für Solidarität und nachhaltige Entwicklung. Gemeinsam mit anderen linken Parteien und Partnern in der europäischen Zivilgesellschaft werden wir uns in Vorbereitung auf die Europawahl 2009 für eine soziale Fortschrittsklausel in den europäischen Verträgen einsetzen. Es muss Schluss sein mit dem – vom Europäischen Gerichtshof in diversen Urteilen sanktionierten – Lohndumping bei öffentlichen Aufträgen. Änderungen in der EU-Entsenderichtlinie sollen verhindern, dass nur auf Mindestlohnniveau entlohnt wird und Mindeststandards Normalität sind.

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In knapp einem Jahr wird ein neuer Landtag gewählt. Bis dahin hat Brandenburg Zeit und Gelegenheit, sich über seine Perspektiven klar zu werden und zu entscheiden, wie es weiter gehen soll, wie der richtige Weg verläuft.
Die SPD in Brandenburg hält sich zu Gute, was Brandenburg liebens- und lebenswert macht. Aber sie trägt landes- und auch bundespolitisch Verantwortung für soziale Missstände: für Armut und schlecht bezahlte Arbeit, für einen sozialen Flickenteppich im Land, für das Stottern im Bildungswesen, für die Sorgen in den schwachen Regionen und in den kleineren Städten. Damit muss jetzt aufgeräumt werden. Wenn die SPD nicht nur darüber reden will, muss sie einen Politikwechsel vollziehen und nach Partnern und nicht nach Ausreden suchen.
20 Jahre nach Beginn des demokratischen Umbruchs in der DDR, in dem auch Wurzeln unserer Partei liegen, formulieren wir unsere Vorschläge in der Tradition des Herbstes 1989 – der Idee des demokratischen Sozialismus, der Einheit von individuellen Freiheits- und sozialen Menschenrechten, von Demokratie, Rechts- und Sozialstaat. Dem Grundsatz: Global denken – lokal handeln. Unsere Leitidee für Brandenburg ist die der gleichberechtigten Teilhabe aller. Der Weg zur politischen Entscheidung ist für uns der Dialog. Der Weg zur politischen Entscheidung ist für uns der Dialog. Gewalt und Intoleranz, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und autoritäre Bestrebungen, Demokratieverachtung und Geschichtsverleugnung bekämpfen wir und streben in diesem Sinne nach einem breiten gesellschaftlichen Bündnis gegen Rechtsextremismus. Wir sprechen uns für eine enge, wirklich gleichberechtigte Partnerschaft mit unseren polnischen Nachbarn aus – der 70. Jahr des Überfalls Hitlerdeutschlands auf das unabhängige Polen ist nicht nur Mahnung sondern auch Anlass für eine neue Qualität der Zusammenarbeit.
Brandenburg hat die Möglichkeit, einen guten Weg zu beschreiten. Es gibt eine Mehrheit für ein solidarisches, der Zukunft zugewandtes Land. Dass der Weg begangen, dass die Zukunft gewonnen, dass die solidarische Mehrheit politisch wirksam werden kann, setzt engagierte Bürgerinnen und Bürger und eine starke und einflussreiche LINKE voraus.