Beschluss der 1. Tagung des 2. Landesparteitages am 14.03.2010

Einreicher: Landesvorstand

Die politische Situation in Brandenburg war in den Wochen nach der Bildung der neuen Landesregierung durch eine erhebliche Belastungsprobe für die rot-rote Koalition geprägt. Die Verantwortung für den dabei eingetretenen Vertrauensverlust in der Öffentlichkeit, gegenüber den Wählerinnen und Wählern und dem Koalitionspartner liegt bei der LINKEN und insbesondere bei den Mandats- und Funktionsträgern der Partei die sich nicht an die Beschlüsse der Partei zur konsequenten, offenen und öffentlichen Auseinandersetzung mit der Problematik „Staatssicherheit“ gehalten haben.
Wir haben die Offenlegung der Biografien einer und eines jeden zur Bedingung dafür gemacht, politische Ämter und Mandate im Namen und mit Unterstützung der Partei anzustreben. Der Grund war und ist, unsere spezifische Verantwortung für das Scheitern des real gewesenen Sozialismus als Partei und individuell nicht zu verdrängen. Nicht wenige Menschen haben unter der Enge der DDR, unter der Abschottung von der Welt und von Familienmitgliedern gelitten, sind um berufliche und Bildungschancen gebracht, sind ihrer Würde und auch ihrer individuellen Freiheit beraubt worden oder sogar zu Tode gekommen. Nicht zuletzt dafür haben sich die Delegierten des Sonderparteitages der SED im Dezember 1989 bei den Bürgerinnen und Bürgern der DDR entschuldigt. Diese damalige Entschuldigung und unseren unwiderruflichen Bruch mit dem Stalinismus als System bekräftigen wir heute. Die Offenlegung der politischen Biografien ist und bleibt daher für uns keine Formalie. Die Auseinandersetzung mit politischer Verantwortung, den realsozialistischen Machtstrukturen, ideologischer Prägung und individueller Schuld, ist und bleibt die entscheidende Voraussetzung dafür, in der heutigen demokratischen Gesellschaft glaubwürdig für die Untrennbarkeit von individuellen Freiheitsrechten und sozialer Gerechtigkeit eintreten zu können.
Dabei plädieren wir nach wie vor für eine differenzierte Einzelfallprüfung und für einen Umgang mit den Biografien mit menschlichem Maß. Die (von SPD, LINKE und Bündnis 90/Grüne) dem Landtag vorgelegten Verfahrensregeln zur Überprüfung aller Landtagsabgeordneten auf eine Zusammenarbeit mit dem MfS begrüßen wir daher und empfehlen den Fraktionen in den Kreistagen und Stadtverordnentenversammlungen und den Gemeindevertretungen bei entsprechenden Debatten sich an dieser Vorgehensweise zu orientieren. Wir erwarten eine sachliche und nicht instrumentelle Überprüfung und Beurteilung aller vorliegenden eventuell be- bzw. entlastender Fakten bei den betreffenden Abgeordneten. Wir widersetzen uns allen Versuchen, die Auseinandersetzung um die eventuelle Zusammenarbeit mit dem MfS für parteitaktische und tagespolitische Zwecke zu instrumentalisieren. Verfassungswidrige und pauschale Vorgehensweisen lehnen wir ab.
Vor dem Hintergrund dieser Auseinandersetzung und unter Bekräftigung der Präambel des Koalitionsvertrages zwischen SPD und LINKE beschließt der Landesparteitag:
1. Die Beschlüsse zum offenen und öffentlichen Umgang mit den Biografien der 2.Tagung des 2. Bundesparteitages der PDS 1991, der 2. Tagung des 3. Bundesparteitages der PDS 1993 bleiben auf der Grundlage des Beschlusses des Parteivorstandes der Partei Die Linke. vom 12.06.2006 weiter in Kraft und Grundlage für die politische Praxis im Landesverband (siehe Anlage).
2. Bei der heutigen Einzelfallprüfung ist immer mit zu berücksichtigen wie die betroffenen Genossinnen und Genossen in den seit 1991/93 vergangenen Jahren mit den geltenden Beschlüssen umgegangen sind. Mitglieder der Partei die sich bei der Aufstellung als Kandidatinnen und Kandidaten für Wahlen mit einem offenen Bekenntnis zu ihren Biographien und zu den programmatischen Grundsätzen der Partei den Wählerinnen und Wählern gestellt haben sowie unter diesen Voraussetzungen gewählt wurden, kann und darf aus dieser Vorgehensweise kein Nachteil aus dem Handeln der Partei und ihrer Fraktionen erwachsen.
3. Genossinnen und Genossen die sich seit den genannten Beschlussfassungen für die Partei in öffentliche Funktionen wählen lassen haben ohne ihre Biographien offen zu legen, tragen die persönliche Verantwortung für den dadurch eintretenden erheblichen politischen Schaden und Verlust an Glaubwürdigkeit. Mit der in den Beschlüssen geregelten Verfahrensweise muss entsprechend kritisch geprüft werden ob diesen Genossinnen und Genossen noch das Vertrauen ausgesprochen werden kann.
4. Genossinnen und Genossen, die Mitglieder der Partei DIE LINKE in Unkenntnis der entsprechenden Beschlusslage geworden und in öffentliche Funktionen gewählt worden sind, und Parteilose, die für die LINKE in Parlamenten sitzen, müssen bei vorliegender Notwendigkeit (z.B. das Alter betreffend) jetzt und unmittelbar die Offenheit gegenüber der Partei sowie den Wählerinnen und Wählern herstellen und entsprechend der geltenden Beschlusslage die Vertrauensfrage stellen.

Anlagen

21./23. Juni 1991: Zur konsequenten, offenen und öffentlichen Auseinandersetzung der PDS mit der Problematik „Staatssicherheit“
Beschluss der 2. Tagung des 2. Parteitages, 21. bis 23. Juni 1991

Die neuerliche Krise um die inoffizielle Mitarbeit von MandatsträgerInnen der PDS beim ehemaligen Ministerium für Staatssicherheit verdeutlicht, dass die PDS sich bis heute völlig unzureichend mit diesem Problemkomplex auseinandergesetzt hat. Wir stehen wieder und noch immer vor der Wahl, endlich die kritische Auseinandersetzung mit unserer Geschichte in Angriff zu nehmen oder weiter an Glaubwürdigkeit und damit an einer wesentlichen Voraussetzung für politische Handlungsfähigkeit zu verlieren.
Angesichts dieser Situation beschließt der Parteitag folgende Grundsätze und Maßnahmen für die Entwicklung der Auseinandersetzung auf diesem Problem- und Politikfeld:
I. Grundsätze:
l. Die Tätigkeit des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) ist als Moment einer komplexen Staats- und Sicherheitskonzeption zu begreifen. das MfS war nur ein, wenn auch ein zentrales, Instrument der Verwirklichung dieser Konzeption. Dieser lagen ideologische Überzeugungen, eine Klassenkampf- und Revolutionstheorie und eine Staats- und Rechtsauffassung zu Grunde, für deren Durchsetzung die SED wirkte. Ihre Realisierung war notwendig verbunden mit Verletzungen grundlegender Menschen- und Bürgerrechte, mit der immanenten Missachtung der Souveränität und Integrität des einzelnen Bürgers.
Die SED hatte die politische Verantwortung für die Tätigkeit des MfS, das entsetzliches Leid über viele Bürger und Bürgerinnen der ehemaligen DDR gebracht hat, dessen Folgen bis in die Gegenwart reichen.
Deshalb steht heute die PDS, die ihre Nachfolge-Existenz gerade mit dem Willen, sich der geschichtlichen Verantwortung zu stellen, begründete, in einer besonderen Pflicht für die Aufarbeitung dieser Seite der DDR- und SED-Geschichte.
2. Wir treten für eine differenzierende Auseinandersetzung mit der DDR-Gesellschaft ein. Deshalb lehnen wir es ab, die offiziellen und inoffiziellen MitarbeiterInnen des ehemaligen MfS zu Sündenböcken des Niedergangs dieser Gesellschaft zu machen. Für sie gilt, wie für jeden anderen Bürger, dass jeder ein Recht darauf hat, nach seiner individuellen Verantwortung und Schuld beurteilt zu werden. Einer pauschalisierenden Vorverurteilung treten wir entschieden entgegen. Die Art und Weise des Umgangs mit dem „Erbe“ dieses undemokratischen Repressionsapparats und mit seinen MitarbeiterInnen wird zu einem Prüfstein für die demokratische Gesittung des neuen Deutschlands.
3. Wir fördern und initiieren demokratischen Widerstand gegen alle Formen der pauschalen sozialen Ausgrenzung von offiziellen oder inoffiziellen MitarbeiterInnen des ehemaligen MfS durch generalisierende Ausschlüsse von beruflichen Laufbahnen, – gerade weil wir die diesbezüglichen Praktiken des MfS in der DDR verurteilen. Der Grad der persönlichen Verstrickung in Unterdrückung und Unrecht muss in jedem Einzelfall ausschlaggebend sein.
4. Wie einer Pauschalverurteilung der MitarbeiterInnen des MfS treten wir allen Formen der pauschalen Entschuldigung und „Solidarisierung“ entgegen. Wagenburg-Mentalität und Schulterschluss-Gesten sind letztlich das Gegenstück zur pauschalen Verurteilung und Dämonisierung, sind die andere Seite derselben Medaille, die Verdrängung heißt. Verdrängung von Unrecht und Verantwortung vergiftet die Demokratie und tötet den Sinn für Gerechtigkeit und die Zivilcourage in der Gesellschaft. Für uns ist die Forderung nach der Einzelfallprüfung eben nicht Blockade der Auseinandersetzung, sondern sie bedeutet wirklich Prüfung mit jeweils konkretem Ausgang.
5. Alle offiziellen und inoffiziellen Mitarbeiterinnen des MfS, die bereit sind, sich mit ihrer persönlichen Verantwortung auseinanderzusetzen haben Anspruch auf unsere Solidarität und unsere Hilfe. Dies schließt Kritik sowie die Verurteilung gesetzwidriger und menschenverachtender Praktiken des MfS und einzelner seiner Mitarbeiterinnen ein.
II. MfS-Mitarbeiterinnen in der PDS
1. Mitglieder der PDS, die als offizielle oder inoffizielle Mitarbeiter für das ehemalige Ministerium für Staatssicherheit gearbeitet haben, sind keine Mitglieder „zweiter Klasse“. Jede pauschalisierende Einschränkung ihrer Rechte und Pflichten wäre statutenwidrig und widerspräche politischen Grundforderungen der PDS. Auch in dieser Hinsicht muss die Partei ihre Forderungen leben.
2. Eine allgemeine Pflicht zur Offenlegung einer früheren Tätigkeit für das MfS gibt es für die Mitglieder innerhalb der PDS nicht. Jede Genossin und jeder Genosse ist aufgefordert, sich kritisch gerade mit dieser Seite der Vergangenheit der Partei und seiner eigenen Biographie auseinanderzusetzen. Aber dieses ist die Sache einer/s jeden Einzelnen. Die persönliche Integrität der Parteimitglieder ist eine schützenswerte Errungenschaft unseres neuen Parteiverständnisses. Nur für GenossInnen, die sich anschicken, für die Partei in exponierter Stellung öffentlich zu wirken, ist die persönliche Biographie in dieser Frage keine reine Privatsache mehr. Diese GenossInnen müssen den unterschiedlichen Anforderungen der jeweiligen Öffentlichkeit gerecht werden können.
a) MandatsträgerInnen
3. Mitglieder der PDS, die als offizielle oder inoffizielle MitarbeiterInnen für das ehemalige MfS tätig waren und sich um ein Mandat der Partei für eine Wahl zu einer Volksvertretung bewerben, haben die Pflicht, ihre Tätigkeit für das MfS offenzulegen, um eine Einzelfallprüfung zu ermöglichen. Die nominierenden Gremien entscheiden auf diese Weise selbst bestimmt über eine solche Kandidatur und die WählerInnen werden in die Lage versetzt, eine souveräne Entscheidung zu treffen.
4. MandatsträgerInnen, die sich in dieser Frage gegenüber ihren GenossInnen als unehrlich und unsolidarisch erweisen, werden aufgefordert, ihre Mandate niederzulegen. Kommen sie einer solchen Aufforderung nicht nach, wird empfohlen, sie aus der Fraktion auszuschließen.
Übergangsregelung
5. Mitglieder, die gegenwärtig MandatsträgerInnen für die PDS sind und offizielle oder inoffizielle MitarbeiterInnen des MfS gewesen waren, dies aber bisher nicht offengelegt haben werden aufgefordert, dies vor der PDS-Fraktion des Gremiums, in das sie gewählt worden sind, zu tun. Dieser obliegt im Zusammenwirken mit dem jeweiligen Vorstand der PDS die Einzelfallprüfung, die mit einer Empfehlung für den‘ Betroffenen zu verbinden ist. Gemeinsam ist die Art und Weise der Öffentlichmachung der Tatsachen wie der Empfehlung zu regeln.
6. Die PDS-Mitglieder der Fraktionen in den parlamentarischen Vertreterversammlungen erklären ihre Bereitschaft zur individuellen Überprüfung. Die Fraktionen stellen unverzüglich eigenständig bei der „Gauck-Behörde“ einen Antrag auf Überprüfung.
7. Abgeordnete, die glauben, sich einer solchen Überprüfung aus persönlichen Motiven und in Verantwortung für andere nicht unterziehen zu können, wird die Niederlegung des Mandats empfohlen.
b) Funktionen in der Partei
8. GenossInnen, die sich um Wahlfunktionen bewerben und somit in einer Funktion die Partei in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit repräsentieren, haben gegenüber den Delegierten- bzw. Mitgliederversammlungen, in denen sie sich zur Wahl stellen, eine eventuelle offizielle oder inoffizielle Mitarbeit beim MfS als Grundlage für eine Einzelfallprüfung offenzulegen.
9. Sollten sich GenossInnen in dieser Hinsicht als unehrlich gegenüber der Partei erweisen, so entbinden die jeweiligen Vorstände bzw. Gremien sie von ihrer Funktion und legen diesen Tatbestand gegenüber den sie wählenden Delegiertenkonferenzen oder Mitgliedervollversammlungen offen, so dass diese über eine eventuelle Abwahl des entsprechenden Genossen entscheiden können.
Übergangsregelung
10. GenossInnen in Wahlfunktionen der PDS, die offiziell oder inoffiziell für das MfS tätig waren und dies bisher nicht offengelegt haben, sind aufgefordert, dies gegenüber den Vorständen oder Gremien, in denen sie tätig sind, nachzuholen. Die Vorstände und Gremien sind nach Einzelfallprüfung verpflichtet, den betroffenen GenossInnen eine Empfehlung über einen Verbleib oder das Ausscheiden aus diesen Wahlfunktionen auszusprechen.
11. Die Tatsachen und die Empfehlungen werden den Versammlungen bzw. Delegiertenkonferenzen, die sie gewählt haben, mitgeteilt. Den FunktionsträgerInnen, die sich zu einer solchen Offenlegung aus persönlichen Motiven und in Verantwortung für andere nicht in der Lage sehen, wird empfohlen, aus ihren Wahlfunktionen ohne Erklärung auszuscheiden.
12. Der Bundesparteitag empfiehlt den Landesverbänden der PDS, Beschlüsse zum Umgang mit der Frage der offiziellen oder inoffiziellen Mitarbeit von Mandats- und Funktionsträgem der PDS im Sinne dieses Beschlusses zu fassen.
III. Zur weiteren Auseinandersetzung
1. In Verantwortung des Parteivorstandes sind umgehend qualifiziert differenzierte Beschreibungen und Bewertungen der vielfältigen Arten der Tätigkeit für das MfS vorzulegen, die Hilfestellung bei der Einzelfallprüfung geben und zugleich dem Einzelnen bei seiner persönlichen Auseinandersetzung mit
der eigenen Verantwortung sich zu orientieren helfen.
2. Die Landesvorstände fördern die Tätigkeit und vor allem die Außenwirkung von Arbeitsgruppen, die sich mit dem Problemkomplex „Staatssicherheit“ auseinandersetzen. Die Publikation von Arbeitsergebnissen und Materialien für die politische Bildung sind in Kooperation mit der Fraktion im Abgeordnetenhaus materiell abzusichern.
3. Neben der politisch-historischen Rekonstruktion der Tätigkeit des MfS und der Analyse seiner politischen und ideologischen Grundlagen ist der individuellen Beratung und Hilfe größere Aufmerksamkeit zu schenken. In Ergänzung zur kollektiven Auseinandersetzung in Arbeitskreisen sollten in den Bezirken Möglichkeiten für die individuelle Beratung, feinfühlige Lebenshilfe und Unterstützung in moralischer, sozialer und auch juristischer Art geschaffen werden.
4. In den Kreisen sind öffentliche Diskussionen mit interessierten Bürgern zu organisieren, wobei die Teilnahme anderer politischer Parteien und von Bürgerinitiativen anzustreben ist. (Vgl. auch: Gegen Strafverfolgung wegen nachrichtendienstlicher Tätigkeit. Beschluss der 2. Tagung des 2. Parteitages, 21. bis 23. Juni 1991)

26./27. Juni 1993: Zur Offenlegung der politischen Biographie für Genossinnen und Genossen, die für Parteiämter oder Wahlmandate kandidieren
Beschluss der 2. Tagung des 3. Parteitages, 26. bis 27. Juni 1993

1. Mitglieder der PDS, die für Parteiämter von Kreis- bis Bundesebene oder für Wahlmandate der gleichen Ebenen kandidieren, akzeptieren, dass ihre politische Biographie mit dieser Kandidatur keine Privatsache mehr ist. Diese Offenlegung der politischen Biographie ist für diese Genossinnen und Genossen vor dem Gremium, das sie wählen oder bestätigen soll, verbindlich.
2. Wird nachträglich bekannt, dass Genossinnen und Genossen wesentliche Umstände ihrer politischen Biographie falsch dargestellt oder verschwiegen haben, haben sie vor dem Gremium, in das sie gewählt worden sind, die Gründe dafür zu benennen und die Vertrauensfrage zu stellen. Dieses Gremium entscheidet nach der Einzelfallprüfung durch geheime Stimmabgabe, ob das Vertrauen weiter besteht und informiert die Parteiöffentlichkeit über das Ergebnis der geheimen Abstimmung. Wird die Vertrauensfrage negativ beantwortet, wird die Genossin/der Genosse von ihrer/seiner Aufgabe bis zur nächsten Tagung des Gremiums, das die Wahl durchgeführt hat, entbunden. Ungeachtet der Entscheidung des Gremiums, in das die betreffende Genossin/der betreffende Genosse gewählt wurde bzw. der Fraktion, deren Mitglied sie sind, wird die nächste Tagung des Gremiums, das die Wahl durchgeführt hat, nach Einzelfallprüfung durch geheime Abstimmung prüfen, ob das Vertrauen weiter besteht.
Bei Mandatsträgern wird den jeweiligen Fraktionen, wenn sie die Vertrauensfrage negativ beantwortet haben, empfohlen, die Betreffenden zur Mandatsniederlegung aufzufordern und bei Verweigerung aus der Fraktion auszuschließen.
(Vgl.: Zur konsequenten offenen und öffentlichen Auseinandersetzung der PDS mit der Problematik Staatssicherheit. Erklärung des 3. Parteitages zum Beschluss der 2. Tagung des 2. Parteitages, 29. bis 31. Januar 1993)

12. Juni 2006: Zum weiteren Umgang mit den Beschlüssen zur persönlichen Offenlegung der Biografie und zur Geschichte von 1991 und 1993, zu dem Gesetz zur Beendigung der Überprüfung zum 31.12.2006 und zu den Empfehlungen der „Expertenkommission zur Schaffung eines Geschichtsverbundes ‚Aufarbeitung der SED-Diktatur'“.
Beschluss des Parteivorstandes vom 12. Juni 2006

Der Parteivorstand fordert die Bundestagsfraktion DIE LINKE. auf, sich in Zusammenarbeit mit der Historischen Kommission der Linkspartei.PDS mit dem Bericht der Expertenkommission zu befassen und Vorschläge zum weiteren politischen Umgang damit zu unterbreiten. Der Parteibildungsprozess von Linkspartei.PDS und WASG und weiteren Linken gründet auf einem differenzierten Geschichtsbild der linken Vergangenheit in Ost und West, das die repressiven Elemente des real existierenden Sozialismus, die Verbrechen des Stalinismus, den Hang zu Spaltung und Kampf gegeneinander genauso analysiert wie die Elemente von sozialer Gerechtigkeit und Gleichheit im real existierenden Sozialismus und die Erfolge der Linken, der sozialen Bewegungen, der Gewerkschaften im Kampf um mehr Rechte, Partizipation, Demokratie und Gerechtigkeit.
Der Parteivorstand stellt fest, dass der Beschluss des 3. Parteitages, 2. Tagung, 26.-27.6.1993, zur Offenlegung der politischen Biografie für Genossinnen und Genossen, die für Parteiämter oder Wahlmandate kandidieren, nichts von seiner Gültigkeit verloren hat. Gleichzeitig bekräftigt der Parteivorstand die Auffassung, dass niemand wegen seiner politischen Biografie diskriminiert werden darf (festgehalten vor allem in der Erklärung des 3. Parteitages zum Beschluss der 2. Tagung des 2. Parteitages, 29.-31.1.1993: Zur konsequenten offenen und öffentlichen Auseinandersetzung der PDS mit der Problematik Staatssicherheit).
Der Parteivorstand lehnt eine mögliche Änderung des Stasi-Unterlagengesetzes ab, der zufolge die Regelüberprüfung im Öffentlichen Dienst sowie von Abgeordneten über das Jahresende 2006 hinaus verlängert werden soll.
Der Parteivorstand wendet sich gegen Versuche, die kritische Aufarbeitung der Geschichte durch die Linkspartei.PDS zurückzudrehen und die für die Gesellschaft der DDR auch prägenden autoritären Strukturen zu relativieren.
Der Parteivorstand bestätigt die bisherige Haltung der Linkspartei.PDS zur Beseitigung des Rentenstrafrechts. Das Rentenrecht eignet sicht nicht zur Vergangenheitsaufarbeitung und als strafrechtliches Sanktionsinstrument. Das Rentenstrafrecht verhindert eher eine offene Auseinandersetzung mit Geschichte. Der Parteivorstand unterstützt in ausgewählten Musterfällen die rechtliche Vertretung von Betroffenen. Er erklärt sich solidarisch mit von Verbänden und Vereinen eingeleiteten Maßnahmen zur Beseitigung des Rentenstrafrechts. Der Parteivorstand bittet die Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag zu prüfen, ob und welche Maßnahmen zur Aufhebung des ersten
Gesetzes zur Änderung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes vom 21.6.2005 zu erarbeiten sind. Der Parteivorstand befürwortet großzügigere rentenrechtliche Regelungen für die Opfer von rechtsstaatswidriger Politik in der DDR.
Der Parteivorstand distanziert sich von der missbräuchlichen Verwendung und politischen Instrumentalisierung von Stasi-Unterlagen zur Diskreditierung von Personen, insbesondere auch von Politiker/innen der Linkspartei.PDS, wie in den Fällen Heilmann, Kuschel, Leukefeld und Porsch. Mit einer solchen Praxis wird einer sachlichen und sachgerechten Auseinandersetzung mit der Geschichte der DDR und speziell des MfS die Grundlage entzogen. …