1.1 Gute Arbeit: Voraussetzung für ein gutes Leben
“Arbeit ist das halbe Leben”, sagt ein altes Sprichwort, in dem viel Wahrheit steckt. Fast alle von uns verbringen einen Großteil ihrer Zeit am Arbeitsplatz. Arbeit kann erfüllend sein, Sinn stiften, große Freude und eine gute Zeit bereiten. Sie kann aber auch krank machen, Körper und Geist schaden. Unsere Einkommen haben Einfluss auf unsere Lebensqualität und unseren Lebensstandard, heute und in Zukunft. Maßgeblich bestimmen sie, was wir uns leisten können, wie unsere Kinder aufwachsen und wie es uns selbst einmal gehen wird, wenn wir in Rente oder Pension gehen. Oft genug entscheiden die Art und die Entlohnung unserer Arbeit darüber, ob man uns mit Wertschätzung und Respekt begegnet oder ob man auf uns herabschaut. Ob uns nachts Sorgen quälen, weil das Geld schon wieder knapp ist oder ob wir ein annehmliches Leben führen können.
Uns geht es darum, dass alle Menschen von ihrer Arbeit gut und sicher leben können. Dafür muss Arbeit unbefristet, sinnvoll und tariflich bezahlt sein – egal ob sie im Blaumann oder im Pflegekittel, mit Wischmopp oder Laptop geleistet wird. Arbeitsbedingungen müssen sich am Menschen und ihren Familien orientieren, nicht an den Profitinteressen von Konzernen und ihrer Aktionärinnen und Aktionäre. Wir stehen deshalb unvermindert an der Seite der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften und unterstützen jene Unternehmerinnen und Unternehmer, die mit gutem Vorbild vorangehen.
In Brandenburg sind immer mehr Menschen in Arbeit. Das ist eine erfreuliche Entwicklung, die weiter vorangetrieben werden muss. Aber es gibt auch Schattenseiten: Noch immer arbeitet jeder dritte Beschäftigte zu Niedriglöhnen, die Tarifbindung ist außerordentlich niedrig, die Mindestlohnquote viel zu hoch. Kontrollen zur Einhaltung des Mindestlohns gibt es kaum. Noch immer erhalten Brandenburgerinnen und Brandenburger im Jahr durchschnittlich 13.000 Euro weniger als ihre Kolleginnen und Kollegen in Westdeutschland. Erhebliche Gehaltsunterschiede gibt es auch zwischen den Regionen, die zusehends auseinanderdriften. In der Prignitz beispielsweise erhielten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im letzten Jahr durchschnittlich 8.200 Euro weniger als in Potsdam. Nicht nur hier, aber auch in Brandenburg, werden gerade jene Berufe noch immer viel zu schlecht bezahlt, die unser Land jeden Tag am Laufen und die Gesellschaft zusammen halten. In der Corona-Krise wurden sie beklatscht und als “systemrelevant” gelobt – verbessert hat sich für die Beschäftigten in Pflege, Sozialberufen, Einzelhandel, Paketzustellung oder Nahverkehr wenig. Viele Berufsgruppen, darunter vor allem Solo-Selbstständige und Saison-Arbeitskräfte, sind weiterhin kaum sozial abgesichert. Für viel zu viele Menschen gehören Stress, Hetze und Überstunden zum Alltag, immer häufiger führt das auf Dauer zu Burnout, Depressionen oder chronischen Leiden.
All das ist nicht gerecht und deshalb wollen wir das ändern. Für mehr Respekt, Anerkennung und Gute Arbeit in Brandenburg.
Unsere Projekte:
- Öffentliches Geld nur für Gute Arbeit – Tariftreue einführen und Vergabemindestlohn erhöhen: Lohndumping im öffentlichen Auftrag darf es nicht mehr geben. Alle, die öffentliche Aufträge oder öffentliche Fördermittel erhalten, werden verpflichtet, ihre Beschäftigten nach Tarif zu bezahlen. Den Vergabemindestlohn werden wir auf 15 Euro erhöhen und dessen Entwicklung an die Inflation koppeln.
- Mindestlohnerhöhung über den Bundesrat anstoßen: Auch auf Bundesebene werden wir über den Bundesrat eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohnes auf 15 Euro einfordern. Denn das ist rechnerisch das Mindeste, was man verdienen muss, um nach 45 Arbeitsjahren eine armutsfeste Rente erwarten zu können. Deshalb werden wir uns auch für eine Ausweitung des Mindestlohns auf Azubis und die Abschaffung aller Sonderregelungen einsetzen.
- Weniger Arbeit, mehr Leben: Wir werden ein Modellprojekt zur Einführung der Vier-Tage-Woche mit vollem Lohnausgleich initiieren und die teilnehmenden Unternehmen direkt fördern. Die gesetzliche Höchstarbeitszeit werden wir auf 40 Stunden begrenzen.
- Mehr Mindestlohnkontrollen: Ein Vergabemindestlohn macht nur Sinn, wenn er auch kontrolliert und durchgesetzt wird. Deshalb braucht es eine Kontrollstelle, die Stichprobenkontrollen vor Ort durchführt und auf diese Weise Lohndumping verhindert.
- Mehr Tarifverträge: Neben der Tariftreueregelung braucht es mehr allgemeinverbindliche Tarifverträge. Deshalb werden wir die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen grundsätzlich vereinfachen und gemeinsam mit dem „Bündnis für Gute Arbeit“ insbesondere in der kritischen Infrastruktur wie Pflege und Gesundheit mehr Tarifverträge als allgemeinverbindlich erklären.
- Soziale Absicherung in allen Arbeitsverhältnissen: Wir werden Befristungen zurückdrängen und sämtliche Tätigkeiten über die Sozialversicherungen absichern. Das schließt Beschäftigte über Plattformen, Solo-Selbstständige, Saisonbeschäftigte und Minijobberinnen und Minijobber mit ein. So wird eine sanktionslose Mindestsicherung von 1.200 Euro finanzierbar.
- Arbeit, die zum Leben passt: Wir werden ein Recht auf familienfreundliche Arbeitszeiten und, sofern das Tätigkeitsfeld dies zulässt, ein Recht auf Home-Office, ein Mitbestimmungsrecht bei der Personalbemessung und eine Anti-Stress-Verordnung mit klaren Vorgaben für die Unternehmen einführen.
- Betriebsrätenetzwerk schaffen: Zukunftsfähige Unternehmen gibt es nur mit starken Personal- und Betriebsräten im Land. Deshalb werden wir deren Arbeit stärker unterstützen und vernetzen. Dazu wird ein Betriebsrätenetzwerk die Voraussetzungen schaffen, um Union Busting zu bekämpfen. Die Verhinderung der Arbeit von Betriebs- und Personalräten ist eine Straftat und muss geahndet werden. Damit dies besser als bisher gelingt, soll eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft eingerichtet werden.
- Solidarischen Arbeitsmarkt schaffen: Ein Großteil der Erwerbslosen in Brandenburg ist länger als ein Jahr ohne Job. Es ist immer schwerer, Menschen nach einer langen Zeit wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Es gibt in Brandenburg schon einige Initiativen, die sich um eine bessere Integration von Langzeiterwerbslosen engagieren und viele Erfolge vorzuweisen haben. Wir wollen diese Initiativen bündeln und flächendeckend zu einem solidarischen Arbeitsmarkt ausbauen. Auf diese Weise können wir Kommunen oder gemeinnützige Träger unterstützen und gleichzeitig Erwerbslosen bei der Integration in den Arbeitsmarkt helfen.
- Beratungsstelle Migration und Gute Arbeit ausbauen: Die bestehenden mehrsprachigen Beratungsangebote für ausländische Beschäftigte müssen verstetigt und ausgebaut werden.
- Beschäftigte vor Ausbeutung schützen: Wir wollen Ordnung und faire Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt herstellen sowie Beschäftigte vor Dumpinglöhnen und Ausbeutung ihrer Arbeitskraft zu schützen. Deshalb werden wir Schwarzarbeit stärker bekämpfen.