1.4.4 Landwirtschaft: Zukunfts- und gemeinwohlorientiert
Die zentrale Aufgabe der Landwirtschaft ist die nachhaltige Lebensmittelproduktion, daneben auch Energie- und Rohstofferzeugung. Damit sind die Landwirtinnen und Landwirte für ganz Brandenburg, nicht nur für die ländlichen Räume, unverzichtbar. Die Landwirtschaft trägt eine hohe Verantwortung für das Gemeinwohl. Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der biologischen Vielfalt, die Vermeidung von Treibhausgasemissionen, eine enge Einbindung in die dörfliche Gemeinschaft und lebenswerte ländliche Räume, gute und attraktive Lebens- und Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten – all das gelingt nur mit der Landwirtschaft und wirtschaftlich gesunden Betrieben. Wir wollen eine strukturreiche, vielfältige Landwirtschaft. Landwirtinnen und Landwirte sollen stärker von regionalen Wirtschaftskreisläufen profitieren. Ein größerer Teil ihrer Produkte sollte direkt im Hof nebenan oder in Lebensmittelmärkten der Region verkauft oder frisch in Kita-, Schul- oder Krankenhausküchen zu gesundem Essen verarbeitet werden. Stabile Lieferbeziehungen stärken die Bäuerinnen und Bauern, erhöhen die regionale Identität und vermeiden Transporte, die Kosten und Abhängigkeiten verursachen und dem Klima schaden. Gute Löhne und Arbeitsbedingungen vor Ort, faire Handelsbeziehungen und eine Agrarwirtschaft im Einklang mit natürlichen Ressourcen und funktionsfähigen Ökosystemen sind für uns eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
In den letzten Jahren sind die Preise für Nahrungsmittel explodiert. Viele Menschen wollen sich gesund und mit gutem Gewissen ernähren, können es sich aber immer weniger leisten. Bei den Landwirtinnen und Landwirten bleibt allerdings nur wenig hängen, selbst bei hohen Lebensmittelpreisen im Laden. Auch sie leiden unter hohen Kosten, einem ruinösen Wettbewerb am Weltmarkt und allmächtigen Lebensmittelkonzernen. Hinzu kommt die zunehmende Spekulation mit Agrarflächen, welche die Kauf- und Pachtpreise für Boden nach oben treibt. Immer mehr Betriebe geben angesichts dieser Rahmenbedingungen auf und werden zur Beute von Bodenspekulanten und nicht-landwirtschaftlichen Investorennetzwerken.
Die Agrarförderung soll auf die Gemeinwohlleistungen ausgerichtet sein – und zwar so, dass auch die Arbeit bezahlt und nicht nur Schadensersatz geleistet wird. Wir wollen Lebensmittel, Landwirtschaftsflächen und Agrarbetriebe vor dem spekulativen Geschäftsmodell nicht-landwirtschaftlicher Investoren-Netzwerke schützen, denen es nur um Rendite und nicht um nachhaltige und ortsgebundene Bewirtschaftung geht. Die öffentliche Hand soll das durch eine aktivere Bodenpolitik mitgestalten.
Unsere Projekte:
- Ackerland in Bauernhand: Wir werden den stockenden Prozess um ein Agrarstrukturgesetz wieder aufnehmen, damit landwirtschaftliche Betriebe von ortsansässigen und mit der Region verwurzelten Akteurinnen und Akteuren gesteuert werden statt von nicht-landwirtschaftlichen Bodenspekulanten. Dazu gehören vor allem Regelungen für Flächen- und Anteilsverkäufe von Agrarbetrieben zugunsten ortsansässiger Landwirtinnen und Landwirte sowie eine Bodenpreisbremse. Die vielfältige brandenburgische Agrarstruktur mit großen und kleinen, konventionellen oder Ökobetrieben soll dabei nicht in Frage gestellt werden. Gemeinnützige Organisationen sollen Landwirtschaftsflächen kaufen können, wenn die Verpachtung an ortsansässige Betriebe gewährleistet ist.
- Bodenfonds einrichten: Wir werden im Rahmen einer zu gründenden Brandenburgischen Bodengesellschaft einen öffentlichen Bodenfonds einrichten. Auf diese Weise werden wir Flächen im Sinne einer vielfältigen Agrarstruktur langfristig zu gemeinwohlorientierten Bedingungen an ortsansässige Landwirtinnen und Landwirten verpachten.
- Agrarförderung auf Gemeinwohlleistungen ausrichten: Wir werden die Betriebe beim Klimaschutz und der Klimaanpassung unterstützen und diese so fördern, dass sie hohe Sozial-, Umwelt- und Tierwohlstandards gewährleisten können. Oberstes Gebot ist dabei für uns Verlässlichkeit – und ein möglichst geringer bürokratischer Aufwand für die Unternehmen.
- Regionale Kreisläufe stärken: Wir werden dafür sorgen, dass die Betriebe bei Investitionen, Netzwerken und Werbekampagnen stärker unterstützt werden, um die regionale Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte zu intensivieren. Die 2022 eingeführten regionalen EU-zertifizierten Qualitätssiegel für ökologische bzw. konventionelle Produkte werden wir aus ihrem Dornröschenschlaf erwecken, um Regionalität bei öffentlichen Ausschreibungen berücksichtigen zu können.
- Landwirtschaftsflächen schützen: Wir werden eine Strategie zur Vermeidung von Flächenverlusten insbesondere durch Versiegelung erarbeiten und umsetzen. Ziel muss es sein, den Anteil Brandenburgs am 30-ha-Ziel der Bundesregierung bis 2030 zu erreichen und perspektivisch netto Null Flächenverlust anzustreben.
- Energie vom Acker nicht auf Kosten der Sicherung der Lebensmittelversorgung: Wir werden dafür sorgen, dass Freiflächen-Photovoltaik auf das notwendige Maß begrenzt und durch eine übergeordnete Raumplanung auf Flächen gelenkt wird, die möglichst wenig Konfliktpotenzial mit landwirtschaftlicher Nutzung, Landschaftsschutz und Gemeinwohlbelangen bergen. Dabei werden wir die Doppelnutzung durch Agri-Photovoltaik vorrangig befördern.
- Gute Nutztierhaltung befördern: Die landwirtschaftliche, flächengebundene Nutztierhaltung werden wir gegenüber der gewerblichen Tierhaltung stärken. Dies muss durch entsprechende Förderprogramme und Rahmenbedingungen unterstützt werden. Den Tierschutzplan werden wir evaluieren und die aktuell vordringlichen Handlungsbedarfe herausarbeiten.
- Herdenschutz sicherstellen: Der Herdenschutz und die Entschädigung bei Wolfsrissen werden wir fortführen und unbürokratisch ausgestalten. Bei Wolfsübergriffen auf Weidetiere, die den Standards entsprechend geschützt sind, müssen Wölfe unbürokratisch geschossen werden können. Eine allgemeine Bestandsregulierung sehen wir dagegen kritisch, weil sie Herdenschutz nicht ersetzen kann.
- Seuchenprävention stärken: Die Prävention gegen Tierkrankheiten und Seuchen wie die Afrikanische Schweinepest oder die Vogelgrippe müssen ausgebaut werden. Wir werden Konzepte fördern, die das Risiko von Ausbrüchen mindern, bzw. diese schnell und wirksam eindämmen.
- Ökologische Landwirtschaft stärken: Den weiteren Ausbau des Ökolandbaus als besonders naturverträgliche Form der Landnutzung werden wir im Einklang mit der Verbesserung von Verarbeitungs- und Vermarktungsmöglichkeiten ökologischer Produkte unterstützen, ohne konventionelle und Öko-Betriebe gegeneinander auszuspielen.
- Gemüse und Obst regional erzeugen: Die Gartenbaukonzeption werden wir evaluieren und bei Bedarf fortschreiben, um wieder einen höheren Selbstversorgungsgrad zu erreichen. Ziel ist es, die Betriebe zu stabilisieren und Brandenburg und Berlin stärker mit regionalen Produkten zu versorgen.
- Moore schützen: Das Moorschutzprogramm werden wir in Kooperation und mit Unterstützung der Landwirtschaft umsetzen. Ziel ist es, neben besonders geschützten Flächen, eine betriebswirtschaftlich attraktive Nutzung des größten Teils der vernässten Moorflächen zu gewährleisten. Dazu sind ökonomische Folgeabschätzungen und der Aufbau von Wertschöpfungsketten (z.B. für Paludikulturen) erforderlich. Die Kommunikation und Beteiligung von Landnutzerinnen und -nutzern, Eigentümerinnen und Eigentümern sowie Anwohnerinnen und Anwohnern werden wir verbessern, etwa durch regionale Beiräte.
- Chancen des Nutzhanfs nutzen: Nutzhanf bietet unter unseren Klimaverhältnissen gute Chancen für eine besonders boden- und ressourcenschonende Flächenbewirtschaftung, für regionale Wertschöpfung und Klimaschutz. Damit können wir gleichzeitig eine Brandenburger Tradition neu beleben. Wir werden alle Möglichkeiten ausschöpfen, um den Anbau und die regionale Verarbeitung und Vermarktung zu befördern.
- Landschaftspflegeverbände unterstützen: Die Landschaftspflegeverbände als Mittler zwischen Landwirtschaft, Naturschutz und Kommunen werden wir unterstützen und fördern.
- Bioökonomie unterstützen: Die Bioökonomie ist eine Chance für die Landwirtschaft zur Entwicklung neuer Geschäftsfelder und kann einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Wir werden die Bioökonomiestrategie umsetzen und dafür dauerhafte Unterstützungsstrukturen aufbauen. Allerdings wenden wir uns gegen eine einseitige Fokussierung auf eine Hightech-Landwirtschaft, gegen Agrogentechnikverfahren und vor allem gegen die Dominanz von IT-, Pharma- und Lebensmittelkonzernen in der der Bioökonomie.
- Gute Arbeit für alle in der Landwirtschaft: Saisonarbeiterinnen und Saisonarbeiter leisten unverzichtbare Arbeit vor allem im Gartenbau. Wir werden für einen fairen Umgang mit ihnen, beispielsweise in Bezug auf Arbeitszeiten, Entlohnung, Unterbringung, Arbeitsschutz und Sozialversicherung sorgen.
- Enquete-Kommission zur Zukunft der Landwirtschaft: Es bedarf einer grundsätzlichen gesellschaftlichen Verständigung zur Rolle der Landwirtschaft und zur künftigen Ausrichtung der Agrarpolitik im Spannungsfeld zwischen gesellschaftlichen Anforderungen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Hierzu werden wir eine Enquete-Kommission des Landtages einrichten.
- Die Teichwirtschaft sichern: Wir werden einen Masterplan Teichwirtschaft auflegen, um der Teichwirtschaft in Zeiten schwieriger Wasserversorgung, hoher Naturschutzanforderungen und schwieriger Marktbedingungen das Überleben zu sichern. Die Förderrichtlinie zum Ausgleich von Schäden durch geschützte Arten werden wir fortführen und bedarfsgerecht ausstatten.
- Gegen die Marktmacht der Lebensmittelkonzerne: Wir setzen uns für faire Chancen der Produzenten gegenüber Verarbeitern und dem Lebensmitteleinzelhandel ein. Dafür werden wir uns auf Bundesebene für konsequente Regelungen gegen unfaire Handelsbeziehungen einsetzen. Dazu gehören auch Milchlieferverträge mit verbindlichen und fairen Preisen. Wir wollen den Einfluss großer Konzerne in der Landwirtschaft zugunsten regionaler und kleinteiliger Strukturen zurückdrängen.
- Gegen die Verschwendung von Lebensmitteln: Wir wollen die Lebensmittelverschwendung beenden, wie sie bislang leider in allen Unternehmen entlang der Lieferkette praktiziert wird. Dort setzen wir an: Wir wollen von Frankreich lernen und es in Brandenburg gesetzlich untersagen, Lebensmittel im Einzelhandel wegzuwerfen. Stattdessen werden wir die Pflicht einführen, unverkaufte Produkte zu spenden, in der Landwirtschaft zu nutzen oder zu Tierfutter zu verarbeiten.