2.2.8 Für einen progressiven Umgang mit Sucht und Drogen
Die Teil-Legalisierung von Cannabis hat trotz aller Unzulänglichkeiten in der Umsetzung einen Paradigmenwechsel in der Sucht- und Drogenpolitik eingeleitet, der weiter vorangetrieben werden muss: weg von der Strafverfolgung, hin zu Prävention, Beratung und Hilfe. Der Wunsch nach Rausch ist seit jeher Bestandteil der Kultur und tief in unserer Gesellschaft verankert, auch wenn damit Risiken und mögliche Schäden verbunden sind. Nur durch eine gute Gesundheits- und Sozialpolitik ist eine Schadensreduzierung möglich. Wir sehen es nicht als Aufgabe der Politik an, Menschen zu erziehen oder moralisch über sie zu urteilen. Unser Ziel ist ein System, das auf Prävention, Aufklärung, Entstigmatisierung und Unterstützung basiert, anstatt auf Strafe und Ausgrenzung. Nur so können wir einen informierten, risikobewussten und verantwortungsvollen Konsum ermöglichen, effektiven Jugendschutz durchsetzen und gleichzeitig einen barrierearmen Zugang zu Hilfe und Beratung schaffen. Wir setzen uns deshalb für Bildungsprogramme ein, die bereits in Schulen beginnen und auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren. Wir wollen Brandenburg zu einem Vorreiter in einem fortschrittlichen, humanen und effektiven Umgang mit dem Thema Sucht und Drogen machen.
In Brandenburg, wie auch in anderen Teilen Deutschlands, zeigt sich ein differenziertes Bild in Bezug auf Sucht und Drogenkonsum. Alkohol- und Tabakmissbrauch sind nach wie vor weit verbreitet, während der Konsum illegaler Drogen – allen Verboten zum Trotz – zunimmt. Besonders besorgniserregend ist der Anstieg des Missbrauchs von Crystal Meth, vor allem in Grenznähe. Ein weiteres Problem ist die Verfügbarkeit und Qualität von Präventions- und Hilfsangeboten. Obwohl es einige hervorragende Initiativen und Programme gibt, sind diese oft unterfinanziert und erreichen nicht alle Zielgruppen effektiv. Darüber hinaus führt die Stigmatisierung von Suchterkrankungen dazu, dass viele Betroffene zögern, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Auch in Brandenburg zeigen sich damit die Folgen einer jahrzehntelangen falschen Drogenpolitik. Mit dem Verbot von Drogen wurden die Risiken für Konsumierende und Gesellschaft nicht wirksam reduziert. Weder wurde Drogenhandel verhindert noch eine Verringerung des Konsums erreicht. Vielmehr zeigt sich, dass drogenbezogene Probleme durch die Repression verstärkt wurden: die Gesundheitsgefährdung durch Streckmittel, die Finanzierung der organisierten Kriminalität, Beschaffungskriminalität, sozialer Abstieg von Abhängigen, Begleiterkrankungen wie HIV/Aids und Hepatitis. Zugleich verschlingt die Repression jedes Jahr immense finanzielle Mittel, die für Hilfe und Prävention fehlen.
Unsere Projekte:
- Verstärkung der Präventionsarbeit: Wir werden die Präventionsprogramme im Land ausbauen und finanziell absichern. Diese sollen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren und alle Altersgruppen ansprechen. Vor allem im schulischen Bereich soll es deutlich mehr Prävention und Aufklärung als bislang geben.
- Verbesserung der Zugänglichkeit zu Hilfsangeboten: Unser Ziel sind niedrigschwellige Beratungs- und Hilfsangebote, die anonym und ohne bürokratische Hürden zugänglich sind. Entsprechende Projekte werden wir unterstützen und durch das Land finanziell fördern.
- Entstigmatisierung von Suchterkrankungen: Wir werden Kampagnen zur Aufklärung über Suchterkrankungen etablieren, um das Bewusstsein zu schärfen und Vorurteile abzubauen.
- Entkriminalisierung von Konsumentinnen und Konsumenten: Unser Ziel ist die Überarbeitung der aktuellen Drogenpolitik hin zu einem Modell, das auf Entkriminalisierung basiert und den Schwerpunkt auf Gesundheit und Prävention legt. Dafür werden wir für häufig gebrauchte Drogen Höchstmengen festlegen, bei deren Besitz keine Strafverfolgung erfolgt. In diesen Fällen muss die Strafverfolgung durch Beratungs- und Hilfsangebote ersetzt werden. Auf diese Weise werden Mittel frei, um die organisierte Kriminalität zu bekämpfen sowie Präventions- und Hilfsangebote auszubauen.
- Förderung der Harm-Reduction-Programme: Wir werden Programme unterstützen, die auf Schadensminimierung abzielen. Konkret setzen wir uns für einen flächendeckenden Zugang zu Drogenkonsumräumen, zu sterilen Konsumutensilien etwa durch Spritzentauschprogramme sowie zur Take-Home-Vergabe von Naloxon, dass bei Opioidüberdosierung lebensrettend ist, ein. Wir werden dafür sorgen, dass analysegestützte Präventionsprogramme (Drug Checking) ausdrücklich ermöglicht und durch das Land gefördert werden.
- Investition in Forschung: An unseren Brandenburger Hochschulen werden wir interdisziplinäre Forschungsprojekten zu Suchtprävention, Behandlungsmethoden und den sozialen Ursachen von Drogenkonsum mit Landesmitteln unterstützen.
- Stärkung der sozialen Systeme: Es braucht einen Ausbau sozialer Dienste, die indirekt zur Prävention von Sucht beitragen, wie z.B. Arbeitsplatzsicherung, Bildungsmöglichkeiten und Wohnraumförderung. Damit das gelingt, werden wir mehr Mittel für die soziale Infrastruktur zur Verfügung stellen.
- Substitutionstherapie für alle Opioidabhängigen ermöglichen: Wir werden Zugang und die Behandlung vereinfachen, vor allem auch in Haftanstalten. Dazu brauchen wir unter anderem mehr Substitutionsärztinnen und -ärzte. Auch die diamorphingestützte Behandlung (Heroinvergabe) und die Take-Home-Regelung sollen ausgebaut werden.