4.1.1 Frauen und Mädchen schützen: Istanbul-Konvention erfüllen

Der Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt ist uns menschliche wie gesetzliche Verpflichtung zugleich. Wir stehen für eine Gesellschaft, die jede Form von Gewalt an Mädchen und Frauen konsequent ächtet und den Opfern Schutz und Unterstützung bietet. Mit der 2018 in Kraft getretenen Istanbul-Konvention hat sich die Bundesrepublik auf allen staatlichen Ebenen verpflichtet, Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu bekämpfen, Betroffenen Schutz und Unterstützung zu bieten und Präventionsmaßnahmen gegen Gewalt zu ergreifen. Dies gilt auch für Brandenburg.

Doch in Brandenburg steigen die Zahlen häuslicher Gewalt seit Jahren an. Über 6.300 Fälle registrierte die brandenburgische Polizei allein im vergangenen Jahr. Mehr als 80 Prozent davon betrafen Frauen. Wie hoch die Dunkelziffer ist, kann niemand sagen. Insgesamt erlebt jede dritte Frau in Deutschland in ihrem Leben Gewalt: im öffentlichen Raum oder zu Hause, physisch oder psychisch. Das geht uns alle etwas an. Brandenburg hat deutlichen Nachholbedarf mit Blick auf den Schutz von Frauen.

Brandenburg erfüllt die Vorgaben der Istanbul-Konvention hinsichtlich der vorzuhaltenden Plätze in Frauenhäusern bei weitem nicht. Für Opfer von Sexualstraftaten fehlt es in einigen Regionen des Landes an der Möglichkeit der anonymen Spurensicherung und Verbesserungsbedarf besteht nach wie vor bei Beratungskapazitäten.

Unsere Projekte:

  • Konsequente Umsetzung der Istanbul-Konvention: Um die Umsetzung, Steuerung und Überwachung der Maßnahmen der Istanbul-Konvention sowie des Landesaktionsplans zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und ihre Kinder zu gewährleisten, werden wir eine “Landeskoordinierungs- und Landesmonitoringstelle Istanbul-Konvention“ einrichten. Diese Stelle soll auch die Kommunen bei der Entwicklung von eigenen Aktionsplänen unterstützen.
  • Aufklären und bilden: Alle öffentlichen Behörden, Institutionen und Einrichtungen müssen umfassend über ihre aus der Istanbul-Konvention erwachsenden rechtlichen Verpflichtungen aufgeklärt sein und deren Umsetzung sicherstellen. Aber auch die Frauen müssen über ihre Rechte, die sich aus der Konvention ergeben, bestmöglich informiert sein. Dafür werden wir eine landesweite Aufklärungskampagne initiieren.
  • Schneller und umfassender Schutz bei häuslicher Gewalt: Bei Meldungen von häuslicher Gewalt müssen die Behörden sofort und angemessen reagieren und den Opfern umgehend geeigneten Schutz bieten. Wir werden deshalb Schulungen von Polizei und Staatsanwaltschaften für die Ermittlungsarbeit bei Fällen häuslicher Gewalt intensiveren und verbessern, um hinreichend auf die Opfer einzugehen und Gewaltspiralen zu durchbrechen. Darüber hinaus werden wir Schwerpunktsachbearbeiterinnen und -sachbe­arbeiter für häusliche Gewalt bei den Polizeiinspektionen einführen.
  • Frauenhausfinanzierungsgesetz: Wir werden die Frauenhäuser und Schutzeinrichtungen auf den Mindeststandard von 2,5 Schutzplätzen je 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner ausbauen. Darüber hinaus wollen wir schrittweise den barrierefreien Ausbau aller Einrichtungen umsetzen, da Frauen mit Behinderungen ungleich häufiger von Gewalt betroffen sind. Um dies schnell, effizient und vor allem flächendeckend zu schaffen, werden wir nicht nur die Finanzierungsströme in einem Frauenhausfinanzierungsgesetz regeln, sondern konkret benennen, wie viele finanzielle Mittel für welche Projekte einzusetzen sind. Auf diese Weise werden wir dafür sorgen, dass im Land Brandenburg keine Frauenhäuser geschlossen werden, die Personalsituation verbessert wird und Hilfsstrukturen dauerhaft und nachhaltig gestärkt werden.
  • Ausbau eines flächendeckenden Beratungsnetzwerkes: Beratungsstellen für gewaltbetroffene Frauen und Kinder müssen schnell erreichbar und niedrigschwellig sowie barrierefrei zugänglich sein. Wir werden den Ausbau entsprechender Angebote so unterstützen, dass sie überall wohnortnah verfügbar sind.
  • Berücksichtigung von Gewalt auch in Sorge- und Umgangsrechtsverfahren: Gewalt gegen Frauen trifft nicht selten auch deren Kinder. Allein das Miterleben von Partnerschaftsgewalt gegen die Mutter ist Gewalt gegen das Kind. Häusliche Gewalt wird jedoch häufig in Sorge- und Umgangsverfahren nicht (hinreichend) berücksichtigt, häufig sogar werden Gewaltschutzanordnungen durch das Sorge- oder Umgangsrecht unterlaufen. Die Justiz soll entsprechend den Vorgaben der Istanbul-Konvention geschult werden, um Gewalt zu berücksichtigen und als Frage des Kindeswohls anzuerkennen.
  • Vertrauliche Spurensicherung: Wir werden die Möglichkeiten der vertraulichen Spurensicherung nach Vergewaltigungen durch die Einbeziehung weiterer Kliniken und Zielgruppen ausbauen.
  • Abbau von Genderstereotypen und Vergewaltigungsmythen: Die Anzeige- und Verurteilungsquote von Delikten sexualisierter Gewalt ist – besonders im Vergleich zu anderen Taten – erschreckend gering. Dies liegt auch an den Sorgen der Betroffenen, bei Anzeigen nicht ernst genommen und an vorherrschenden Mythen in der Justiz zu Vergewaltigungen. Um diese zu minimieren, werden wir Fortbildungen für die Justiz in diesem Bereich stärken und verpflichtende Fortbildungen für Richterinnen und Richter einführen.
  • Menschenhandel offensiv bekämpfen: Wir werden eine Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft einrichten, sichere Unterbringungen für Opfer gewährleisten und die Opferhilfe stärken.
  • Kinder schützen: Auch Kinder müssen über ihre Rechte aufgeklärt werden. Wir werden altersgerechte Projekte zu den Themen Kinderrechte, Kinderrechtskonvention und Kinderschutz an Kitas und Schulen stärken und zu einem landesweiten Angebot ausweiten.