Impulse versandet – Chancen vertan

In den vergangenen Jahren wurden durchaus Weichen für Brandenburg gestellt, wie der Abschied von der Großmannssucht mit ihren Großprojekten und die Beachtung der unterschiedlichen Entwicklungsdynamiken im Land zwischen schrumpfenden Regionen und expandierender Hauptstadt-Region. Aber diese Themen waren letztlich direkt Resultat der realen Lage im Land. Mit dem Rückenwind des bundesweiten Aufschwungs gibt es hier und da einen wirtschaftlichen Erfolg. Doch trotz rigoroser Haushaltssanierung ist jeder Brandenburger durch diese Politik noch immer mit mindestens 6.000 € verschuldet. Es fehlt für Brandenburg das tragende Gesamtkonzept.  Der neue strategische Ansatz in der Zusammenarbeit mit Berlin ( mit einem gemeinsamen Leitbild) wurde in den Sand gesetzt. Nun werden männliche Verletzungen geheilt und wichtige Zeit geht verloren. Was fehlte und fehlt ist das notwendige Augenmaß, der strategische Weitblick und der politische Mut zum rechten Zeitpunkt. Mit freundlichem Gesicht wird der Stillstand im Land verwaltet. Eine grundlose Selbstzufriedenheit ist eingezogen, das politisches Design ersetzt politische Substanz. 
Einen vorsorgenden Sozialstaat kündigte uns der Ministerpräsident an, doch stattdessen wurde damit begonnen, den existierenden entschieden aufzukündigen. Am deutlichsten wird das bei Themen Bildung und Arbeit.
2004 hatte der Ministerpräsident die zentrale Bedeutung von Bildung für die Zukunft sehr wohl erkannt. Er stellte sie im Wahlkampf deutlich heraus  – und fiel dann einem Koalitionspartner in die Arme, der sich den entscheidenden Schlussfolgerungen und Reformen verweigerte. Der beunruhigenden Pisa-Studie folgte eine Reise nach Finnland und was kam dann? Die SPD fordert bis heute zwar mehr Lebenschancen für alle Kinder, betreibt aber andererseits eine Politik, die genau diese Chancengleichheit einschränkt: Kinder bis zum vollendeten dritten Lebensjahr, deren Eltern arbeitslos sind,  haben weiterhin keinen Anspruch auf einen Kita-Platz, die Schulwege wurden für die Kinder länger und für die Eltern teurer. Die durch den Rückgang der Schülerzahlen frei gewordenen Mittel wurden nicht genutzt, um die Qualität der Schule zu verbessern – nein, das neue Schulressourcenkonzept sieht die Streichung von weiteren 3000 Lehrerstellen bis 2012 vor. Der Unterrichtsausfall hat bereits beängstigende Dimensionen – z. T. bis zu 10 Prozent – angenommen.
Auch in der Ausbildung sind die Zahlen besorgniserregend. Im laufenden Ausbildungsjahr suchen 24.498 Jugendliche  in Brandenburg eine Lehrstelle. Bislang wurden den Arbeitsagenturen 9.363 Ausbildungsplätze gemeldet, davon sind 4.265 noch unbesetzt. Dass heißt, dass es gegenwärtig über 15.000 Lehrstellenbewerber mehr gibt als Ausbildungsplatz-Angebote. Um die Ausbildungsmisere in Brandenburg wirksam zu bekämpfen, muss sich auch die öffentliche Hand stärker als bisher engagieren. Deshalb plädiert die LINKE dafür, bei öffentlichen Vergaben künftig auch das Kriterium der Ausbildungsbereitschaft zu berücksichtigen.  
Als großen Erfolg feiert der Ministerpräsident nun die Entwicklung am Arbeitsmarkt. Natürlich ist es für jeden Arbeitslosen, der ins Erwerbsleben zurückfindet, eine große Freude. Aber der DGB hat recht: Die gute Quote ist „nur die halbe Wahrheit“.
So gab es vor den von MP Platzeck so vehement unterstützten Hartz-Reformen 810 000 sozialversicherungspflichtige Jobs im Land. Jetzt sind es noch 710 000. Dafür stieg die Zahl der geringfügig Beschäftigten von 70 000 auf 93 000.Nur noch 62 Prozent aller Arbeitsplätze in der Mark sind Normalarbeitsverhältnisse. Das heißt: Beschäftigungswachstum geht mit anhaltender, teils sich sogar vertiefender sozialer Spaltung einher.
Um so wichtiger wäre ein gesetzlicher, existenzsichernder Mindestlohn. Seit Monaten gibt es nichts als Bekundungen, doch die Zeit läuft. Bei der Abstimmung im Landtag Brandenburg galt für die SPD Vasallentreue. Dem Ministerpräsidenten war der Koalitionspartner wichtiger als die Menschen im Land, die von Hungerlöhnen nicht leben können.
Die größten Reformvorhaben dieser Landesregierung sollten die Kommunalverfassung  und der Bürokratieabbau sein. Herausgekommen ist in dem einen Fall ein Kleinkrieg um Fristen und Abläufe, in dem anderen Fall eine ziemlich teure Veranstaltung über zwei Jahre. Die Signale aus der Koalition waren nicht Effektivität durch Synergie, sondern Reibungs – und Zeitverluste.  
Es ist an der Zeit, sich auf Regine Hildebrandt zu besinnen:  „Nicht labern , sondern machen.“