Linke Frauen auf Spurensuche in Köpenick

Köpenick ist den meisten Menschen bekannt durch den „Hauptmann von Köpenick“. Den Spuren dieses Mannes wollen wir aber nicht nachgehen. Wir gehen auf die Suche nach den Köpenicker Wäscherinnen, wollen herausfinden, wie es den Frauen gelungen war, aus der unbezahlten Frauenarbeit eine bezahlte bzw. ein lukratives Geschäft zu machen.

Begrüßt werden wir am S-Bahnhof Spindlersfeld von Claudia von Gélieu, die uns 2 Stunden lang durch Köpenick führt und erklärt, wie es dazu kam, dass Köpenick zur „Waschküche Berlins“
wurde. Der Standort an der Köpenicker Spree eignete sich gut, da das Wasser sauber war, nicht mit Eimern herangeschafft werden musste und die Wiesen zum Trocknen und Bleichen genutzt werden konnten.

Wir lernen Henriette Lustig kennen, die 1835 die erste Wäscherei in Köpenick gründete, von der sich später ein Dienstleistungsgewerbe entwickelte. Sie lief zunächst mit einer Kiepe auf dem Rücken bis nach Charlottenburg um die Wäsche ihrer Kunden einzusammeln, diese in Köpenick zu waschen und wieder zurückzubringen. Später stieg die Wäscherin auf einen Pferdewagen um, beschäftigte Kutscher und mehrere Waschmädchen. Das Geschäft florierte. Die strahlend weißen Fleischereischürzen für einen ihrer Hauptkunden machten sie in ganz Berlin bekannt.
Bald bekam Henriette Lustig kräftige Konkurrenz: 1855 arbeiteten schon 200 kleine und mittlere Wäschereien im Ort, um 1900 gab es 4000 Lohnwäscherinnen und 87 Wäschereien in Köpenick.
Einer der größten Konkurrenten war der Unternehmer W. Spindler. Der Name Spindler verbindet sich mit einem der bekanntesten Beispiele für die Industrialisierung einer Branche. Bereits 1882 hatten dessen Wäscherei und Färberei 1500 Arbeiter und Arbeiterinnen und betrieb 35 Filialen in ganz Deutschland.

Wir erfahren auf unserem Rundgang, dass das Unternehmen Spindler den 1. Betriebskindergarten
einrichtete, den Arbeitern Wohnungen zur Verfügung stellte und weitere Einrichtung zur Erholung anbot. Die Zusatzleistungen für die Beschäftigten waren nicht uneigennützig, das Unternehmen verfolgte damit das Ziel, die Arbeiter an sich zu binden und sie von der Arbeiterbewegung bzw. den Gewerkschaften fernzuhalten.

Die Spindler-Anlagen in Köpenick sind nach der Jahrtausendwende nur noch eine Industrieruine. Einige Hallen und Gebäude wurden unter Denkmalschutz gestellt. Ein Brunnen und eine Frauenplastik erinnern in Berlin-Köpenick an das Wäschereigewerbe und an Henriette Lustig.
In einem Lokal, direkt an der Spree, lassen wir den Tag ausklingen. Wir sind uns einig darüber, dass wir im nächsten Jahr wieder auf Spurensuche gehen und – wir sind glücklich über die Erfindung der Waschmaschine.

Herta Venter für die Linken Frauen Brandenburg