Staatssekretärin Quart bei den UnternehmerInnen
Für eine Handelspolitik im Interesse der Menschen und der Umwelt – keine transatlantischen Handels- und Investitions-Abkommen auf Kosten von Arbeits- und Sozialstandards… – Forderungen von Verbänden und der Linken. Der Exkurs und die Debatte rund um die Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) und mit Kanada (CETA) am Unternehmerabend im Hotel „ASCOT-BRISTOL in Potsdam-Drewitz gestaltete sich viel zu kurz, um alle aufgeworfenen Fragen eingehend zu erläutern und zu diskutieren.
Die Brandenburger Staatsekretärin für Europa und Verbraucherschutz (MdJEV) zeigte in ihren einführenden Bemerkungen den aktuellen Verhandlungsstand auf und erläuterte an einigen Beispielen die Brisanz der betroffenen Themen und Reichweite der Verträge. Sie bemängelte die ungenügende Transparenz der Verhandlungen, denn bei TTIP werden weder die amerikanischen Forderungen noch ausgehandelte Zwischenergebnisse veröffentlicht, während die CETA-Texte erst seit Herbst letzten Jahres der Öffentlichkeit vorliegen. – Nach 5 Jahren Geheimverhandlungen und erst jetzt, wo Änderungen nicht mehr zugelassen werden! Weiterhin ist zu befürchten, dass mit den Verträgen Großindustrie und -unternehmerschaft an Einfluss gewinnen: im Gegensatz zu nationalen, gewählten Volksvertretern wurden solche Lobbyisten in die Verhandlungen mit einbezogen. Weiterhin werden ihnen über die Verträge voraussichtlich etliche Möglichkeiten eingeräumt, ihre Wirtschaftsinteressen gegenüber Politik und Gemeinwohlinteressen durchzusetzen.
Die Staatssekretärin erläuterte, dass die Widerstände gegen die Handelsabkommen nicht nur in Deutschland, sondern auch in den anderen EU-Ländern, in Kanada und den USA intensiver werden.
Die Diskussion zeigte auch, dass die Inhalte der Abkommen viel wirksamer publiziert werden müssen, da nur oberflächliche Kenntnisse – zu Schlagworten wie „ Chlorhühnern“ – allgemein bekannt sind, tiefergehendes Wissen aber fehlt. Darum ist es wichtig, den BürgerInnen noch mehr und deutlicher aufzuzeigen, was mit den Freihandelsverträgen auf Europa, die Länder, Kommunen, Unternehmen wie Bürger zukommt. – Es geht generell um die Frage: Wie wollen wir heute und in Zukunft leben?
Seitens der EU-Kommission, der Bundesregierung oder Handelskammern heißt es, das Abkommen nütze speziell kleinen und mittleren Unternehmen. Belegen lässt sich diese Einschätzung kaum. Schlechte Erfahrungen anderer Freihandelsabkommen sprechen eher dagegen. Zudem wurde das TTIP- KMU- Kapitel – ein Novum bei Handelsverträgen – noch nicht veröffentlicht. Daher ist alles noch viel Spekulation. Das zeigen auch verschiedenste Prognosen zu den wirtschaftlichen Auswir-kungen. (Kritische Studien rechnen dabei nur mit einem zusätzlichen Anstieg der Wirtschaftskraft (gemessen am BIP) um 0,48 % für die gesamte EU – bis zum Jahr 2027.) Erwartbar ist aber in jedem Fall, dass potentiell positiven Effekten in der EU erhebliche negative Auswirkungen auf andere Länder gegenüberstehen. Für klare Versprechen sind TTIP und CETA aber v.a. zu komplex!
Die TeilnehmerInnen der Diskussion waren sich einig: TTIP und CETA gehen uns alle an; denn hier werden im Rahmen intransparenter, undemokratischer Verhandlungen Beschlüsse zu allen Bereichen unseres Lebens gefasst: zu Arbeitnehmerrechten, Lebensmittelstandards, Verbraucher-, Umwelt-, Tier- und Datenschutz, kommunaler Planungshoheit und öffentlicher Daseinsvorsorge.
Zum gegenwärtigen Stand der Verhandlungen
CETA ist eigentlich schon ausverhandelt und wird nun zum Abschluss nur noch „rechtsförmlich“ geprüft. Bis Ende 2015 sollen die EU-Staats- und Regierungschefs entscheiden. Das müssten danach auch noch die nationalen Parlamente dürfen – nur über „ja“ oder „nein“, nicht mehr über Inhalte – doch selbst dagegen stellt sich die EU-Kommission. Zu TTIP wurde Anfang Februar mittlerweile die 8. Verhandlungsrunde gehalten (Beginn 6/2013). Ziel der Beteiligten ist der Abschluss bis Anfang 2016, denn dann beginnt der US-Präsidentschaftswahlkampf und TTIP würde erst einmal auf Eis gelegt. Bleibender und stärkerer öffentlicher Widerstand kann den Abschluss noch immer verhindern!