Aufruf des fds Brandenburg: „Kein weiter so“
Die zweite rot-rote Landesregierung in Brandenburg ist seit mehr als 100 Tagen im Amt. Diesen Anlass wollen wir nutzen, um eine erste Bilanz zu ziehen und Impulse zu geben. Im Rahmen der Aktivenkonferenz am 13. und 14. März 2015 möchten wir dazu mit euch in den Dialog treten.
Vor dem Hintergrund der Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen hat sich das fds Brandenburg nach der Landtagswahl 2014 ausdrücklich für eine Fortsetzung der Regierungsbeteiligung ausgesprochen. Dennoch beobachten wir einige politische Tendenzen, die uns Sorge bereiten. Wir möchten mit folgenden Thesen zur Diskussion hierüber anregen:
1. Uns scheint, dass die Wahlniederlage vom 14. September noch nicht ausreichend reflektiert und analysiert worden ist. Bei der Landtagswahl hat sich die absolute Zahl der Stimmen unserer Partei im Vergleich zu 2009 halbiert. Als eine Ursache wurde unter anderem wiederholt die unzureichende Wahrnehmbarkeit unserer politischen Erfolge in der ersten Regierungsbeteiligung angeführt. Die Auseinandersetzung darüber, wie wir in Rot-Rot 2.0 als Partei erkennbarer werden, muss offensiv geführt werden.
2. Wir brauchen nicht nur ein Leitbild für Brandenburg, sondern auch ein Leitbild für die brandenburgische LINKE. Als Mitglieder der LINKEN haben wir viele Ziele, die uns einen. Zunehmend gelingt es uns aber nicht, diese als politischen Gebrauchswert den Bürgerinnen und Bürgern zu verdeutlichen. Auch die Gewinnung neuer Mitstreiterinnen und Mitstreiter können wir so nicht fördern. Wir wollen eine strategische Debatte zur Zukunft unseres Landesverbandes – über seine inhaltliche Aufstellung und sein politisches Wirken nach außen.
3. Das „Weiter so“ müssen wir nach unserer Wahlniederlage überdenken! Derzeit rühmen wir uns mit den ersten Erfolgen der neuen Legislaturperiode und freuen uns über die steigenden Beliebtheitswerte unserer politischen Akteure. Auch das fds Brandenburg begrüßt erreichte Ziele und freut sich ausdrücklich mit unseren Akteur*innen! Aber eine Verbesserung der eigenen Erkennbarkeit können wir leider noch nicht wahrnehmen. Diese wird aber entscheidend sein für unsere Gestaltungsperspektiven nach den nächsten Landtagswahlen. Selbstverständlich bindet das Regierungsgeschäft viele Ressourcen. Die Wahrnehmbarkeit als eigenständige politische Kraft links von der Sozialdemokratie müssen wir als Ziel allerdings verstärken, nicht vergessen!
Nach der erfolgten Reorganisation in Folge unserer Mandatsverluste – wobei wir auch diese nicht immer als partnerschaftlich und fair wahrgenommen haben – stellt sich die Arbeit unserer Partei als wenig verändert dar. Dies kann aber nicht die Antwort auf das Wahlergebnis sowie die eigene Mitgliederentwicklung sein.
Wir möchten euch deshalb folgende, noch unvollständige Vorschläge für die weitere Entwicklung unserer politischen Arbeit als Partei DIE LINKE. Brandenburg zur Diskussion unterbreiten:
1. Auch als Volkspartei dürfen wir die Interessen der sozial Schwachen nicht aus den Augen verlieren. Die Auswirkungen unserer Politik auf die Schwächsten unserer Gesellschaft muss immer von uns reflektiert werden. Sonst reflektieren es die Wähler*innen am Wahltag.
2. Wir wollen DIE Anti-Ressentiment-Partei sein! Als erste Anlaufstelle für Flüchtlingsinitiativen, Zivilgesellschaft und progressive Bündnisse sollten wir DIE LINKE etablieren. Dieser Weg wird bereits beschritten und muss intensiviert werden.
3. Die wahlkampffreie Zeit nutzen! In den kommenden zwei Jahren sollten wir eine ehrliche Diskussion über das Selbstverständnis innerhalb der Mitgliedschaft führen. Hierbei sind zwei Fragen zentral: „Was erwarten wir selbst von der LINKEN?“ und „Welche Rolle soll DIE LINKE in der Landespolitik spielen?“
4. Unsere visuelle Erkennbarkeit im öffentlichen Raum müssen wir verbessern. Sei es durch Aktionen, Teilnahme an Demonstrationen, Messen oder gesellschaftlichen Ereignissen. Hierzu sollten wir gemeinsam eine Strategie entwickeln, die auch alle Gliederungen unseres Landesverbandes und ihre Mitwirkungsmöglichkeiten vor Ort einschließt.
5. DIE LINKE als die Kraft etablieren, für die Brandenburg mehr ist, als nur Berlin-Umland! Während die CDU in der Bewahrung des Status quo vor sich hin sediert, verbreitet unser Koalitionspartner zunehmend den Eindruck, eine Kreisreform um ihrer selbst willen durchführen zu wollen. Hierin liegt unsere Chance, bei einer sinnvollen Neuordnung der Verwaltungsaufgaben und -strukturen mitzuwirken und dabei die Interessen der peripheren Regionen vehement zu vertreten. Wenn wir uns in dieser Frage gegenüber der SPD nicht profilieren, kann das Ergebnis schnell als technokratisch und bürgerfern aufgefasst werden. Erfahrungsgemäß würde dies vor allem uns angelastet werden.
Zu all diesen Punkten möchten wir mit euch, liebe Genossinnen und Genossen, im Rahmen der Aktivenkonferenz nach dem Abendessen gemeinsam ins Gespräch kommen.
Solidarische Grüße
Der Landessprecherrat des Forums Demokratischer Sozialismus Brandenburg
Moritz Kirchner, Sten Marquaß, Christopher Neumann