Die Datschenbesitzer werden leer ausgehen
GroKo weigert sich, Gesetzentwurf des Bundesrates anzunehmen, von Harald Petzold (MdB)Die GroKo hat in diesen Wochen klar und deutlich zu verstehen gegeben: Die Interessen ostdeutscher Menschen sind ihr mehr als egal. Dazu kommt, dass sie wild entschlossen und mit aller Macht bestrebt ist, Landesregierungen mit LINKER Beteiligung oder gar LINKER Führung nicht zum Erfolg kommen zu lassen. Das betrifft sowohl die selbstbewusste Entscheidung Thüringens zum „Abschalten“ von V-Leuten.
Aber noch viel schwerer wiegt die arrogante Ablehnung des auf Initiative der rot-roten
Landesregierung Brandenburgs fast einstimmig zustande gekommenen Bundesratsbeschlusses,
ostdeutsche Datschenbesitzer besser zu schützen und dazu das Sachenrechtsbereinigungsgesetz zu ändern.
Worum geht es? In Ostdeutschland gibt es nach offiziellen Schätzungen ca. 500.000 Wochenendhäuschen, sogenannte Datschen. Die meisten davon befinden sich in Brandenburg. In den überwiegenden Fällen sind die BesitzerInnen der Datschen in einer in Deutschland ansonsten
(rechtlich) unbekannten Situation: Ihre Datschen stehen auf Grund und Boden, der ihnen nicht gehört. Mussten sie zum Zeitpunkt der Errichtung auch nicht. Die bestehenden Pachtverträge reichten seinerzeit völlig aus. Und anders als gewöhnliche Mietverträge waren sie nach DDR-Recht nahezu unkündbar. Im Vertrauen auf diese besondere und geschützte Rechtsposition haben viele Pächter die Grundstücke mit hohem finanziellem und persönlichem Einsatz bebaut, eine Datsche errichtet und das Anwesen gepflegt.
Das bundesdeutsche Recht kennt derartige Konstruktionen nicht. Daher musste nach dem Vollzug der deutschen Einheit – so, wie sie mit dem Beitritt zustande gekommen ist – eine gesetzliche Regelung geschaffen werden, die die widerstreitenden Interessen der neuen Rechtspartner ausgleichen sollte. So entstand das sogenannte Schuldrechtsanpassungsgesetz. Das Gesetz enthält zahlreiche Schutzvorkehrungen für Pächter. Allerdings reichen sie nicht aus, um einen tatsächlichen Interessenausgleich zwischen NutzerInnen und EigentümerInnen herzustellen. Zum Beispiel beim Kündigungsschutz und der Frage, wer die Kosten für den Abriss einer Datschen zu tragen haben soll.
Meinte jedenfalls die übergroße Mehrheit der Länder im Bundesrat. Und beschloss im Sommer 2014 auf Initiative des rot-roten Brandenburg eine Gesetzesänderung, die u.a. den Kündigungsschutz um weitere drei Jahre auf den 31.12.2018 verlängern und darüber hinaus neu regeln sollte, wer die Kosten bei Abbruch der Datsche zu tragen hat. Die Debatte im Bundestag über diesen Gesetzentwurf der `Zweiten Kammer´ der deutschen Gesetzgebung war mehr als ernüchternd, ja phasenweise geradezu empörend. Wer geglaubt hatte, dass durch die breite Zustimmung im Bundesrat parteiübergreifend das Anliegen begriffen sein würde, musste sich leider eines `besseren´ belehren lassen. Vor allem die RednerInnen der GroKo selbst und hierbei vor allem die aus Brandenburg taten sich mega-unrühmlich hervor.
So wetterte die SPD-Abgeordnete Katarina Barley gleich zu Beginn der 1. Lesung: „Alle Fristen im Schuldrechtsanpassungsgesetz sind seit 1994 bekannt. Sie haben die Ausgewogenheit der Interessen zwischen Nutzern und Eigentümern sichergestellt. Deshalb sehen wir keine Notwendigkeit, das Schuldrechtsanpassungsgesetz zu ändern.“ Der Prignitzer CDU-Abgeordnete Sebastian Steineke
ereiferte sich: „Dieser Gesetzentwurf hatte … von Anfang an … das klare Ziel, Wahlkampf zu machen, nicht mehr und nicht weniger.“, um kurz darauf – ohne auch nur die Spur eines Beweises für die Behauptung zu liefern – festzustellen: „Dieses Gesetz hätte … schwerwiegende finanzielle Folgen für die Städte und Kommunen und würde unser weiteres Bestreben nach kommunaler Entlastung vollständig konterkarieren. (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dagmar Ziegler (SPD)“
Der Uckermarker SPD-Abgeordnete Stefan Zierke wich schließlich bauernschlau auf das Thema
Dauercampingplätze aus, um seine Ablehnung ehemaligen DDR-Rechts scheinbar sachgerecht
verbrämen zu können: Aus Rücksicht auf die Gleichbehandlung aller DauercamperInnen müsse er den Gesetzentwurf ablehnen.
Der Redner der LINKEN in der abschließenden 2. Lesung des Gesetzentwurfes, Roland Claus, stellte
dann noch einmal klar: „Es soll Sonntagsreden geben, in denen die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD so tut, als seien ihr die Interessen, Sorgen und Nöte der Ostdeutschen wichtig. Heute, an diesem 26. März, einem Donnerstag, hält sie sich nicht mit Sonntagsreden auf. Heute redet sie Klartext, und der heißt: Ihr Ostdeutschen seid uns egal. Was schert uns Eure Sorge um Eure Datschen und Garagen. Sie passen nicht hinein in unsere Gesetzeswelt, wir brauchen klare Verhältnisse, also Schluss mit den Sonderregelungen. Seht zu, wie Ihr klarkommt, und wenn Ihr über 70, ja über 80 seid und nun in die Bredouille kommt, weil Ihr ohne jede eigene Schuld um das gebracht werden könntet, wohin ein Ihr ein Leben lang Geld und Kraft gesteckt habt: Egal, es schert uns nicht. … Heute … zeigt die Koalition, was sie vom Bundesrat hält, wenn er nicht ihrer Meinung ist: Dann ignoriert sie ihn, schiebt ihn beiseite, und sie tut’s in den Abendstunden, damit es keiner sieht. Und leider, leider müssen die Menschen zur Kenntnis nehmen: Ihre Hoffnung war umsonst.“
DIE LINKE wird trotzdem weiter für die Interessen ostdeutscher Menschen kämpfen. Und wieder einmal mehr haben Union und SPD selbst den Nachweis dafür erbracht, wie wichtig eine starke LINKE für die Interessenvertretung ostdeutscher Menschen ist.