Grunderwerbsteuer: Oppositionsszenario ist aus der Luft gegriffen

Der Landtag hat am 12. Juni 2015 beschlossen, mit Wirkung ab 1. Juli 2015 die Grunderwerbsteuer von derzeit 5 auf 6,5 Prozent zu erhöhen. Das löst vor allem bei der Opposition Empörungsstürme und Unterstellungen aus, wodurch Menschen in unserem Land massiv verunsichert werden. Deshalb haben wir unseren Finanzminister Christian Görke um Klarstellung gebeten.

Warum hat die Landesregierung vorgeschlagen, nun wieder die Grunderwerbssteuer zu erhöhen?
 
Alle wissen, dass die Bundes- und EU-Mittel zurückgehen. Wir müssen eigene Einnahmen akquirieren. Und da ist die Grunderwerbsteuer fast das einzige Mittel, das einem Land zur Verfügung steht. Die Koalition will und wird in den nächsten Jahren erheblich in Köpfe – wie mehr Lehrer und Erzieher – investieren, aber auch in die Infrastruktur Brandenburgs. Das ist im Interesse des Landes. Das kostet sehr viel Geld. Eine Quelle ist eine aus unserer Sicht die maßvolle Erhöhung der Grunderwerbssteuer auf das Niveau anderer Bundesländer, die sich zwischen 6 und 6,5 Prozent bewegen.
 
Mit welchen Mehreinnahmen rechnen Sie?
 
Hätte im vergangenen Jahr schon ein Grunderwerbsteuersatz von 6,5 Prozent in Brandenburg gegolten, wären vermutlich 52 Millionen Euro mehr eingenommen worden. Davon gehen gut 40 Millionen Euro in den Landeshaushalt und 10 Millionen Euro in die Haushalte der Städte und Gemeinden.
 
Die Koalition hat im Koalitionsvertrag Investitionen in Höhe von rund 620 Millionen Euro versprochen, unter anderem 230 Millionen Euro für die Landesstraßen sowie für die Infrastruktur der Kommunen. Sollen dies nun Häuslebauer und Unternehmer bezahlen?
 
Die Grunderwerbssteuer wird einen Beitrag dazu leisten. Wir werden die Einnahmen nicht konsumieren, sondern investieren, unter anderem in das neue Investitionsförderprogramm des Landes.
 
Eine junge Familie, die derzeit ein Heim sucht, ist durch die hohen Immobilienpreise schon schwer gebeutelt. Warum wird sie von der Landesregierung noch zusätzlich belastet?
 
Wenn eine junge Familie ein Grundstück für 30.000 Euro kauft, sind das 450 Euro mehr, die zu leisten sind. Die Mittel gehen unter anderem auch in die Kommune selbst, in der die Familie dann leben wird, denn die Städte und Gemeinden erhalten 20 Prozent der Steuereinnahmen. Sie gehen aber auch in den Landeshaushalt, um z. B. in die Bildung für die Kinder zu investieren. Am Ende gewinnt die Gemeinschaft insgesamt.
 
Kommen auf die Brandenburger noch weitere Belastungen zu, um den rot-roten Koalitionsvertrag zu finanzieren?
 
Nochmal: Der rot-rote Koalitionsvertrag ist doch kein Selbstzweck. Die darin vereinbarten Vorhaben kommen den Menschen in unserem Land zugute. Gute Bildung, Kita-Erzieher, Infrastruktur, Sport, musische Bildung und vieles mehr. All das will bezahlt sein. Wir haben ja kaum andere Möglichkeiten zur Erhöhung der Einnahmen des Landes und der Kommunen als die Erhöhung der Grunderwerbsteuer. Es ist die einzig wirkungsvolle auf Landesebene. Für alles andere ist die Bundesebene zuständig: Und da ist eine gerechte Steuerreform zur Entlastung der kleineren und mittleren Einkommen überfällig. Sie sollte auch dazu führen, dass wir besser Daseinsvorsorge und Investitionen stemmen können.
 
Haben sich eigentlich die im Gesetzgebungsverfahren 2010 geäußerten Bedenken, als es um die Erhöhung der Grunderwerbsteuer von 3,5 auf 5 Prozent ging, bestätigt, dass damit der Grundstücksverkehr behindert und Kaufentscheidungen für Grundstücke negativ beeinflusst werden?

Das hat sich mittelfristig als haltlos erwiesen. Im Jahr 2010 gab es 39.460 der Grunderwerbsteuer unterliegende Fälle. 2011: 38.193 und 2012: 40.468 Fälle. Und auch die Bautätigkeit von Familien und Wohnungsunternehmen ging nicht zurück, sie stieg sogar: Wurden 2010 im Land Brandenburg 4.361 Baugenehmigungen zur Errichtung von Wohngebäuden erteilt, waren es 2011, also dem Jahr nach der Erhöhung der Grunderwerbsteuer, sogar 5.303 Baugenehmigungen. Das war ein Zuwachs von rund 21 Prozent! Und der Anstieg ging weiter: Nach 5.055 Baugenehmigungen zur Errichtung von Wohngebäuden 2012, waren es 2013 5.614 Baugenehmigungen. Den gleichen Effekt kann man in Berlin beobachten: Dort wurde die Grunderwerbsteuer zum 1.1.2014 von 5 auf auf 6 Prozent angehoben. Dennoch steigt auch dort die Zahl der Baugenehmigungen. Wurden nach den aktuellsten Zahlen im September 2013 in Berlin 881 Baugenehmigungen zur Errichtung von Wohngebäuden erteilt, waren es im September 2014 in Berlin 1.303 Baugenehmigungen. Das war ein Zuwachs von über 47 Prozent!

Hat die Erhöhung der Grunderwerbssteuer Auswirkungen auf meine Miete?
Die Grunderwerbsteuer ist eine einmalig zu zahlende Steuer. Sie fällt also nicht monatlich oder jährlich an. Sie wird ausgelöst bei Erwerbsvorgängen von unbebauten oder bebauten Grundstücken im Sinne des bürgerlichen Rechts, von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden – u.a. Ferien- und Wochenendhäuser/Wohnlauben auf Pachtgelände und bei grundstücksgleichen Rechten wie Sondernutzungsrechten – u.a. Eigentumswohnungen, Gewerbeeinheiten- und Erbbaurechten. Im Zusammenhang mit den Investitionskosten bei einem Neubauprojekt bspw. macht die Erhöhung der Grunderwerbssteuer 1,5 Prozent Zusatzkosten beim Grundstückserwerb aus. Damit ist das durch die Opposition aufgemachte Szenario, dass dadurch die Mieten in Brandenburg signifikant steigen würden, aus der Luft gegriffen, zumal sich bei Bestandsimmobilien, die den Eigentümer nicht wechseln, rein gar nichts ändert. Auch die Ausnahmetatbestände, bei denen keine Grunderwerbssteuer anfällt, bspw. bei Eigentumsübergängen innerhalb der Familie oder als Folgen einer Scheidung bleiben bestehen.