Norbert Müller zu Gast bei der Jugendorganisation der GdL
Auch wenn die jungen Kolleg*innen nicht so aussehen: es sind super aktive Gewerkschafter*innen und dazu noch erstaunlich kämpferisch. Links hinter mir Norbert Quitter, stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL). Neben mir Franziska Pudlich, Bundesjugendleiterin der GDL.
„Wir lehnen das Tarifeinheitsgesetz ab. Wenn nur noch die größere Gewerkschaft in einem Betrieb die Tarifverträge durchsetzt, ist das ein großer Eingriff ins Streikrecht. Ich bin mir sicher, dass die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht Erfolg haben wird.“ Mit diesen Worten stieg ich als Sprecher für Kinder- und Jugendpolitik der Bundestagsfraktion DIE LINKE in die Diskussion des Bundesjugendausschusses (BJA) der GDL vom 2. bis 4. November 2015 in Mannheim ein. Der BJA hatte mich zu seiner Tagung eingeladen – und einer solchen Einladung folgte ich natürlich gerne.
DIE LINKE hat den Streik der GDL unterstützt, der trotz aller Beeinträchtigungen auf große Zustimmung in der Bevölkerung gestoßen ist. Am Ende war ich persönlich auch ein wenig Stolz darauf, dass mit Bodo Ramelow der erste linke Ministerpräsident Deutschlands für die GDL in die erfolgreiche Schlichtung entsandt wurde. Auf der anderen Seite saß als Schlichter für die Deutsche Bahn Matthias Platzeck, der ehemalige Brandenburger Ministerpräsident. Mit ihm hatte zwar auch ein Sozialdemokrat einen wichtigen Anteil am Ende des Streiks, doch das rettete für mich die gewerkschaftliche Ehre der SPD auch nicht mehr. Das von Andrea Nahles initiierte Tarifeinheitsgesetz war ein erneuter Sündenfall der Sozialdemokratie vor ihrer Arbeitergeschichte. Um die Bahnprivatisierung voran zu treiben nahm die Bundesregierung den Lokomotivführer*innen den Beamtenstatus und gab ihnen damit das Streikrecht in die Hand. Als diese ihr Recht in Anspruch nahmen und die Deutsche Bahn und damit den Eigentümer, die Bundesrepublik, unter Druck setzten, reagierte der Eigentümer, der gleichzeitig Gesetzgeber ist, mit dem Tarifeinheitsgesetz gegen den Streik. Das hat mit sozialdemokratischer Politik nichts zu tun. Das ist staatliche organisierte Gewerkschaftsfeindlichkeit.
Aber starke Gewerkschaften sind aus meiner Sicht absolut notwendig, um der Deregulierung des Arbeitsmarktes, der Zunahme prekärer Beschäftigung und dem permanenten Rationalisierungsdruck entgegen zu treten. Die großen Einzelgewerkschaften haben sich diesem Prozessen seit den 1990er-Jahren zu wenig entgegengestellt und in der Folge hunderttausende Mitglieder verloren.
In der GDL sieht das derzeit anders aus, wie mir der stellvertretende GDL-Bundesvorsitzende Norbert Quitter erklärte. Er berichtete, dass die GDL wachse, da sie sich um die spezifischen Probleme ihrer Mitglieder kümmere. Und eines der Hauptprobleme der jungen Lokomotivführer*innen und Zugbegleiter*innen seien der Schichtdienst und die Arbeitszeit. Allen, die sich für einen Job auf der Schiene entscheiden sei zwar klar, dass Früh-, Spät- und Nachtschichten dazu gehören. In der Realität sähe es jedoch so aus, dass drei Wochenendschichten hintereinander normal seien, die Schichtplanung von einem Tag auf den nächsten erfolgt und der normale Betriebsablauf nur durch Überstunden der Beschäftigten aufrecht erhalten wird.
Insgesamt war der Besuch für mich sehr interessant und zugleich hoch politisch. Ich gehe fest davon aus, dass DIE LINKE und die GDL nicht zum letzten Mal an einem Tisch gesessen haben.
Norbert Müller, Mitglied des Deutschen Bundestages