Positionspapier: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“

Das steht im Artikel 1 des Grundgesetzes. Gilt das für jeden Menschen? Oder machen wir doch Unterschiede? Und zwar zwischen denen, die ein Einkommen beziehen, und denen, die vom staatlichen Transfergeld ihr Menschsein bestreiten? Wenn wir ehrlich sind, steht und fällt doch alles mit der Erwerbsarbeit: unsere Würde, unsere gesellschaftliche Teilhabe und unter Umständen sogar unsere Existenz. Wenn die Würde des Menschen doch aber unantastbar ist, wie kann dann unser Leben vom Besitz eines Erwerbsarbeitsplatzes abhängig sein? Produziert diese Gesellschaft zur Befriedigung der Grundbedürfnisse aller nicht mehr als genug? Muss da tatsächlich noch die Grundbedürftigkeit eines Menschen bis auf die Unterwäsche geprüft werden?

Sind wir den Prinzipien des Kapitalismus auf den Leim gegangen, indem wir – wie vor 150 Jahren – das Recht auf (Erwerbs-)Arbeit fordern und dabei außer Acht lassen, dass, erstens, das Kapital immer weniger Menschen benötigt, um Werte zu schöpfen und Profite zu generieren, und dass, zweitens, neben der Ausbeutung der irdischen Ressourcen die Ausbeutung der Erwerbstätigen die Grundlage des Kapitalismus ist? Gilt für uns LINKE nach der Devise „Arbeit für alle“ auch die Erwerbsarbeit z. B. in Atomkraftwerken, in der Rüstungsindustrie, als Pharma-Vertreter*in oder im Investmentbanking als nützliche und notwendige Gesellschaftsarbeit? Bedeutet „Vollbeschäftigung“ nicht, dass die Gesellschaft voll damit beschäftigt ist, die Grundbedürfnisse aller Menschen zu befriedigen, die notwendige Reproduktionsarbeit zu unterstützen und wichtige ehrenamtliche Tätigkeiten angemessen zu honorieren? Sind gesunde Nahrung, langlebige Kleidung und Güter des täglichen Bedarfs, warmer Wohnraum und bezahlbarer Strom, ein erstklassiges Bildungs- und Gesundheitswesen, uneingeschränkte Mobilität durch den ÖPNV sowie die Möglichkeit, soziale Kontakte zu pflegen und an kulturellen Angeboten teilhaben zu können, nicht der Grundstein für eine gesunde Gesellschaft? Wo wollen wir (noch) hin? Sollte statt Mitlaufen im Wachstums-Hamsterrad nicht Entschleunigung unser Ziel sein?

Ein Konzept, das die aufgeworfenen Fragen löst, gibt es bereits: das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE). Im Folgenden sollen einige Effekte des BGE vorgestellt werden und zum Weiterdenken und Mitdiskutieren animieren: Mit dem BGE wird die Spaltung der Gesellschaft in Erwerbseinkommens- und Transferleistungsbeziehende aufgehoben. Die Errungenschaften der Gesellschaft, auch und vor allem durch den technologischen Fortschritt, kommen umverteilt und bedingungslos allen zu Gute. Ehrenamtliche Arbeit, Familienarbeit usw. sind materiell abgesichert und damit gesellschaftlich anerkannt. Durch Erwerbsarbeit lässt sich ein zusätzliches Einkommen hinzuverdienen. Der Effekt: eine Belebung des Erwerbsarbeitsmarktes durch individuelle Verkürzung der eigenen Erwerbsarbeitszeit. Mit dem existenzsichernden Grundsockel ist jede Form der Armut abgeschafft. Wer Erwerbsarbeit leistet, zahlt paritätisch(!) weiter in die gesetzlichen Sozialversicherungskassen (KV, ELV, RV, PV, UV) ein, um im Versicherungsfall – über das Grundeinkommen hinaus – den zusätzlichen Versicherungsanteil zu erhalten. Mit dem BGE ist die Verhandlungsmacht für Gewerkschaften gestärkt! Beschäftigte sind weniger erpressbar und können sich ohne Angst vor Entlassung in ihren Betrieben engagieren. Auch eine berufliche Neuorientierung, ein Studium oder eine Lebensdenkpause sind möglich.

ArbeitGEBER*innen werden plötzlich ArbeitNEHMER*innen, die bestrebt sind, ihre Erwerbsarbeitsangebote attraktiv zu gestalten, wie z. B. durch Mitbestimmung, Betriebs-Kitas, ordentlicher Vergütung von Überstunden oder Gewinnbeteiligung (13. Gehalt). Das BGE ist ein Beitrag zur wirtschaftlichen Gleichstellung und Unabhängigkeit von Mann und Frau. Finanziell grundabgesichert lässt sich eher eine Familie gründen und mit Beruf und Karriere vereinbaren. Rentner*innen partizipieren gleichermaßen. Durch das BGE wird insbesondere der regionale Binnenmarkt gestärkt, denn das Grundeinkommen wird zur Befriedigung der Grundbedürfnisse direkt vor Ort ausgegeben. Es entstehen darüberhinaus Anreize zur Gründung einer eigenen wirtschaftlichen Existenz mit neuen Erwerbsarbeitsplätzen. Das BGE ist eine Demokratiepauschale. Es ermöglicht die Teilnahme an Veränderungsprozessen in der jeweiligen Kommune, indem jedem Menschen die grundlegenden Mittel für ein Leben in Würde und seine persönliche Entfaltung in der Gesellschaft zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus realisiert das BGE einen Großteil der Grundrechte des Grundgesetzes automatisch – zum Nachlesen.

Und ja, das BGE ist unserer Meinung nach die einzige soziale Idee des 21. Jahrhunderts, die Armut für immer beseitigt und den gesellschaftlichen Spalt zwischen Erwerbseinkommens- und Transfergeldbezieher*innen kittet. Uns ist kein anderer realisierbarer und friedlicherer Plan bekannt, die größten Stützpfeiler des Kapitalismus – siehe oben – bereits kurz nach Einführung eines BGE ins Wanken zu bringen. Doch die Zeit drängt: Durch die schnell fortschreitende Automation und Digitalisierung (Wirtschaft 4.0) werden bereits in den kommenden Jahren tausende Erwerbsarbeitsplätze in Produktion und Dienstleistung wegfallen. Wo sollen die Menschen dann ihr Einkommen zum Auskommen beziehen? Weiterhin erst nach demütigenden Bedürftigkeitsprüfungen bei Centern und Ämtern? Wir sagen NEIN zu einem Leben unter der Armutsrisikogrenze – für alle. Wir sagen JA zu individueller Lebensführung und -planung – für alle. Denn die Würde des Menschen ist unantastbar!

Für mehr Informationen über unser LINKES BEDINGUNGSLOSES GRUNDEINKOMMEN bitte den Link anklicken: www.die-linke-grundeinkommen.de Für Fragen, Anregungen oder Einladungen zu Gesprächsrunden und Präsentationsabende stehen wir gern zur Verfügung. Diskutiere und arbeite mit – in der Landesarbeitsgemeinschaft Grundeinkommen Brandenburg. Einfach die Eintrittserklärung runterladen, ausfüllen und an den unten angegebenen Kontakt senden.

PS: Wir sind bestrebt, Themen wie Gemeinwohl-Ökonomie und deutsches Bildungssystem (Elementar-, Primar-, Sekundarbereich I und II sowie Tertiärbereich) in das BGE-Konzept einfließen zu lassen.