Equal Pay Day: Verdienen in Brandenburg Frauen mehr als Männer?

Im europäischen Vergleich befindet sich Deutschland unter den Ländern, bei denen die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern besonders groß ist. Nur in Estland und Tschechien sind die Unterschiede größer. Wie kommt es nun, dass eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zu dem Ergebnis kommt, dass in 29 ostdeutschen Kreisen Frauen mehr verdienen als Männer? In Brandenburg betrifft das nahezu alle Kreise und kreisfreien Städte. In Cottbus beträgt der relative Lohnunterschied sogar 17 Prozent zugunsten von Frauen. Was ist da los?

Zunächst einmal: Die erhobenen Zahlen sagen nicht, dass Frauen tatsächlich so viel Geld verdienen. Bruttoverdienste wurden nämlich nicht berechnet. Nicht berücksichtigt wurde zum Beispiel, dass 45 Prozent der Frauen in Brandenburg nur in Teilzeit arbeiten (gegenüber 11 Prozent der Männer). Und das ist natürlich von immenser Bedeutung für den Gehaltszettel.

Trotzdem gibt es Auffälligkeiten auf dem brandenburgischen Arbeitsmarkt. Neben der niedrigen Lohnlücke gibt es auch besonders viele Frauen in Führungspositionen (vor allem in den Bereichen Bildung, Verwaltung, Gesundheitswesen), Brandenburg liegt hier mit 34 Prozent bundesweit auf dem fünften Platz. Auffällig ist auch der hohe Anteil von Beschäftigten im Öffentlichen Dienst, so arbeiten in Cottbus z. B. 12 Prozent der Beschäftigten dort – darunter viele Frauen. Und es gibt besonders viele Väter in Elternzeit – nicht nur in der Landeshauptstadt, sondern z. B. auch im Landkreis Elbe-Elster, wo Männer geringe Durchschnittseinkommen haben.

Im bundesweiten Vergleich sind die Gehaltsunterschiede zwischen Frauen übrigens gar nicht so besonders groß – die der Männer sind allerdings erheblich. So gibt die Lohnlücke vor allem Auskunft über das Vorhandensein oder Fehlen gutbezahlter Arbeitsplätze für Männer. Dass Frauen in den Verwaltungen zu den Spitzenverdienerinnen im Land zählen, ist somit nun wirklich kein Grund zum Feiern, sondern eher ein Alarmsignal, weil es zeigt, dass gutbezahlte Arbeitsplätze rar sind.

Was nun die Frauen auf dem brandenburgischen Arbeitsmarkt betrifft, gibt es in Brandenburg die gleichen Probleme wie in anderen Bundesländern. Fast 70% der atypisch Beschäftigten, darunter Teilzeitbeschäftigte und Minijobs, werden von Frauen ausgeübt. Übrigens arbeitet unter ihnen fast jede zweite unfreiwillig in Teilzeit. Es gibt bei der Berufswahl nach wie vor eine starke Geschlechtertrennung. Und nach der Wende wurden vor allem Frauen schnell und für lange Zeit arbeitslos, was sich in Zukunft noch stärker auf niedrige Frauenrenten auswirken wird.

Einen Vorteil hat Brandenburg mit besonders gut ausgebildeten und selbstbewussten Frauen. Auch bietet das Land in vielen Regionen noch immer nahezu bedarfsdeckende Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Allerdings wird deutlich mehr gutbezahlte Arbeit gebraucht. Die Tarifbindung muss erhöht werden, es muss mehr in Mobilität investiert werden und auch das Berufswahlverhalten sollte breiter aufgestellt sein. Dazu braucht Brandenburg Unterstützung von der Bundesebene: Typische Frauenberufe müssen aufgewertet, Minijobs und Midijobs in vollwertige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umgewandelt und Altersarmut muss bekämpft werden. Außerdem brauchen wir mehr Vollzeit-Arbeit, um unfreiwillige Teilzeitarbeit bei Frauen zu bekämpfen. Ein Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit muss umfänglich gelten – so wie es Brandenburg und andere Länder im Bundesrat gefordert haben. Schließlich kämpfen bei uns nicht Mädchen gegen Jungs, sondern wir wollen gute und existenzsichernde Arbeit und Renten für alle!

Monika von der Lippe, Landesgleichstellungsbeauftrage und BO-Vorsitzende DIE LINKE. Bestensee