Die Kommunalpolitik muss weiblicher werden
von Claudia Sprengel
Nächstes Jahr ist es wieder soweit – Wahlen stehen an. Nicht eine, nicht zwei, sondern gleich drei an der Zahl werden wir nächstes Jahr hoffentlich alle mitmachen. Wir dürfen über unsere Vertreter*innen in Europa, im Land Brandenburg und auch in den Kommunen abstimmen. Eine Woge der Demokratie, möchte man meinen, denn unser aktives Wahlrecht ist ein hohes Gut, das besonders wir Frauen hart erkämpfen mussten. Es ist schon 100 Jahre her, in Deutschland und den meisten europäischen Nationen, aber wie steht es denn um das passive Wahlrecht – also das „Gewähltwerden“?
Im Europaparlament sind 37 Prozent der Abgeordneten weiblich*. Dies variiert natürlich stark nach Ländern, ganz vorne dabei ist der Inselstaat Malta mit 67 Prozent Frauenanteil. Schlusslicht ist Litauen mit 9 Prozent. Deutschland bildet mit 36 Prozent den Durchschnitt ab und liegt damit wenigstens dort über dem Drittel, das derzeit im Bundestag sitzt.
Im Land Brandenburg ist der Frauenanteil bei 35 Prozent (Stand 2015) ebenfalls knapp darüber, Tendenz ist aber auch hier durch die AfD sinkend (- 6 Prozent im Vergleich zur letzten Legislatur). Was man aber auch mit der Stärke jener Parteien erklären kann, die sich eine Quote gegeben haben. Linke und Grüne stehen für die 50-Prozent-Quote und die SPD immerhin für mindestens 40 Prozent Frauenanteil.
In den Kommunalvertretungen rutscht der Frauenanteil dann schon auf 26 Prozent, ebenfalls sinkend, aus benannten Gründen. Eine unglaublich gruselige Tendenz. In den Spitzenpositionen in der Verwaltung sind es in Brandenburgs Kommunen sogar nur 11 Prozent Frauen in den Spitzenpositionen. Auch Brandenburg an der Havel weicht vom Durchschnitt ab. Hier sind 17 von 47 Abgeordneten weiblich, was rund 36 Prozent sind. Grundsätzlich sieht es aber in den größeren Städten besser aus, in den kleinen Gemeindevertretungen eher schlechter.
Dass Frauen weniger politisch aktiv sind, hat diverse Ursachen. Man könnte die Ursachen subsumieren unter „struktureller Sexismus“. Ja, Sexismus! Oh nein, diese nervige Emanzenwort, aber lassen wir uns das mal aufdröseln:
- Politik ist eine Domäne alter Männer. Gerade in der Kommunalpolitik sind es Männernetzwerke, die in Fußballvereinen, Kneipenabenden und anderen Vereinen entstehen. Und oft eben auch aus der Verwaltung heraus, die selbst männerdominiert ist. Der Einstieg für Frauen ist dabei schwer. Kaum eine Frau geht gerne in Männergruppen.
- Ist man als Frau dann doch dort gelandet, ist man auch nicht vor sexistischen Kommentaren gefeit. In keiner Partei. Monologe älterer Herren, die meinen, einem die Welt erklären zu müssen, lasse ich mal außen vor.
- Und dann muss man ja schließlich auch noch von der Partei nominiert werden. Gibt es eine Quote, wird frau oft als „Stimmvieh“ abgetan. Oft hat man das Gefühl, dass es gar nicht um die Kompetenzen geht, die natürlich bei Frauen ebenso da sind wie bei Männern, und gerade für die kommunale Ebene gilt: Bildet die potenziellen Kandiat*innen doch einfach aus! Kompetenzen kann man auch vermitteln und muss sie nicht immer voraussetzen. So gewinnt man auch mehr junge Leute!
- Die Sitzungszeiten sind oft familienunfreundlich, was heißt: In einer Gesellschaft, in der Frauen immer noch die Hauptlast der Sorgearbeit tragen, geht eine junge Mutter wohl kaum in die Politik.
Kommunalpolitik ist aber keine Männerdomäne! Natürlich gibt es hier Themen, die Frauen ebenso angehen und interessieren wie Männer. Mal davon abgesehen, dass die Sortierung nach „Frauenthemen“ schon falsch ist, nervt es natürlich eine junge Mutter, dass sie keinen Kitaplatz bekommt, mehr als einen Vater, denn meist bleiben immer noch Frauen mit den Kindern zu Hause. Natürlich möchten Frauen einen guten ÖPNV genauso wie Männer und eben auch Kultur vor Ort. Ich denke, das möchte jede*r. Man muss die Leute nur dazu bringen, eben auch für diese Interessen einzustehen und sie ermuntern, sich zu beteiligen. Dazu müssen aber auch Hürden abgebaut werden. Nicht nur für Frauen – aber es wäre ein Anfang. Es zeigt, dass sich etwas in der Politik und auch in der – als etwas behäbig geltenden – Kommunalpolitk ändern kann. Hier ist die Basis der Mitbestimmung, hier sollten die Einwohner*innen einen politischen Einstieg finden können, sich auszuprobieren und mitzugestalten. Kommunalpolitik muss endlich weiblicher werden – ich mache mit und ich hoffe, es werden viele dazukommen.