Anja Mayer
Anja Mayer – Foto: Ben Gross Photography

Mitgliederbrief: Start einer Volksinitiative

Liebe Genossinnen und Genossen,

Ihr habt es sicherlich den Medien entnommen: Nachfahren des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. aus dem Hause Hohenzollern , namentlich der Chef des Hauses Georg Friedrich Prinz von Preußen*, fordern für sich die Herausgabe von unzähligen Gemälden, Möbelstücken, Skulpturen, Porzellan- und anderen Kunstgegenständen, die im öffentlichen Besitz der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und des Deutschen Historischen Muse­ums sind. Auch ein Wohnrecht im Schloss Cecilienhof wird von ihnen eingefordert.

Christian Görke, unser Finanzminister, hat diesen Forderungen eine Abfuhr erteilt. Wir haben heute als Landesvorsitzende gemeinsam mit unseren Spitzenkandidat*innen Kathrin Dannenberg und Sebastian Walter die Volksinitiative „Keine Geschenke den Hohenzollern“ mit einer Pressekonferenz gestartet. Der Zuspruch aus der Bevölkerung, den wir dafür erhalten, ist riesengroß. Ganz offensichtlich teilen viele Menschen die Auffassung, dass die Forderungen der Hohenzollern unberechtigt sind und ihnen nicht nachgegeben werden darf.

Und das ist richtig:

  1. Der preußische Staat war nicht das Eigentum der Hohenzollern. Der ehemalige Immobilien- und Sachwertebesitz der Hohenzollern ist (abgesehen von persönlichen Gebrauchsgegenständen) größtenteils Staatseigentum. Er wurde aus Zuweisungen aus dem „Staatssäckel“ finanziert.
  2. Wilhelm II. trägt erheblich Mitverantwortung für den Ausbruch des Ersten Weltkrieges, insbesondere bei der Mobilisierung des „nationalen Kollektivs“ („Ich kenne keine Parteien mehr, kenne nur noch Deutsche…“). Hervorzuheben ist die negative Rolle des Kronprinzen im Ersten Weltkrieg als Armeekommandeur in der Schlacht bei Verdun, in der hunderttausende Soldaten sinnlos geopfert wurden, und dessen Kontakte zu den Nazis (u. a. Göring). Besonders schwer wiegt die Rolle des Prinzen August Wilhelm als aktiver Nazi, seit 1930 war er Mitglied der NSDAP und später General der SA.
  3. Das Ansehen der Hohenzollern war nach dem Ende des Ersten Weltkrieges sehr ramponiert. Monarchistische Bestrebungen besaßen seitdem keine reale Grundlage mehr. Dennoch ließen sich die Hohenzollern politisch instrumentalisieren. Die Frage, ob es eine erhebliche Mitschuld des Hauses Hohenzollern bei Machtantritt der Nazis gegeben hat, wird von renommierten Historikern klar bejaht. Damit wäre die Enteignung 1945 nicht mehr rückgängig zu machen.
  4. Die durch das Entschädigungs- und Ausgleichsgesetz von 1994 keineswegs gedeckte Forderung nach einem Wohnrecht würde den betroffenen Ort, zum Beispiel das Schloss Cecilienhof, in einen Wallfahrtsort von unbelehrbaren Monarchisten und Militaristen verwandeln. Unerfreuliche Wir­kungen wären nicht auszuschließen. Insbesondere da dieser Ort mit dem Potsdamer Abkommen für Entmilitarisierung und den Bruch mit dem Faschismus steht.
  5. Die prinzipielle Ablehnung der Hohenzollern-Forderungen wäre ein wichtiges Signal an das Ausland. Brandenburg hat mit dem „preußischen Militarismus“ endgültig gebrochen, befördert keine Preußen-Nostalgie und setzt sich mit den Belastungen der deutschen Geschichte konstruktiv und kritisch auseinander. Das Land gibt absurden Forderungen nicht nach.

Wir machen es zu unserer Sache, den Forderungen der Hohenzollern entgegenzutreten. Jetzt, auch vor der Landtagswahl. Und deshalb haben wir die Volkinitiative mit dem Titel „Keine Geschenke den Hohenzollern“ gestartet, weil wir nicht zulassen werden, dass das Eigentum des Volkes dem ehemaligen Adel übereignet wird. Die Unterschriften für die Volksinitiative lassen sich vortrefflich an unseren Wahlkampfständen sammeln. Mit dem Plakat lässt sich dafür werben. Wir kommen damit auch den Bitten von vielen Bürger*innen in Zuschriften nach der aktuellen Berichterstattung nach.

Wir bitten euch: Sammelt Unterschriften an den Ständen, in der Nachbarschaft, in der Familie usw. Für eine erfolgreiche Volksinitiative benötigen wir 20.000 Unterschriften. Wichtig ist, dass wir möglichst schnell viele Unterschriften zusammen bekommen, um unserer Forderung Nachdruck zu verleihen.

Wir bitten euch auch, die Social-Media-Kanäle mit unserer Volksinitiative zu bestücken. Dazu könnt ihr die Postings des Landesvorstandes teilen oder Fotos von euren Unterschriftensammlungen posten.

Wir möchten euch auf die Kampagnenwebsite www.keine-hohenzollern-geschenke.de aufmerksam ma­chen, die heute Mittag online geht. Hier steht die Unterschriftenliste zum Download bereit und wir infor­mieren dort über aktuelle Entwicklungen. Die ausgefüllten Unterschriftenlisten bitten wir zeitnah an DIE LINKE. Brandenburg, Lothar-Bisky-Haus, Alleestraße 3, 14469 Potsdam zu senden.

Vielen lieben Dank an euch alle für das bisher im Wahlkampf Geleistete! Wir gehen jetzt in den Endspurt. Die Volksinitiative wird uns noch einmal einen wichtigen Schwung an öffentlicher Aufmerksamkeit geben. Lasst ihn uns gemeinsam nutzen.

Mit solidarischen Grüßen,

Diana Golze, Landesvorsitzende

Anja Mayer, Landesvorsitzende

* Ergänzung vom 02.01.2021: Im Text wurde klargestellt, dass konkret Herr Georg Friedrich Prinz von Preußen Ansprüche geltend gemacht hat.

Vorausgegangen ist der Änderung eine anwaltliche Unterlassungsaufforderung, in der Herr Prinz von Preußen mitteilen lässt, es würden keine Ansprüche durch „die Nachfahren“ geltend gemacht, sondern allein durch ihn. Er vertrete die Ansprüche nicht vertretend, sondern allein im eigenen Namen. Mit der vorherigen Formulierung würden „in der Öffentlichkeit ehrabschneidende Anspruchsgrundlagen behauptet“. Dies war natürlich nie beabsichtigt.