Rede unserer Landesvorsitzenden Anja Mayer zu „Defender 2020“
Rede von Anja Mayer, Landesvorsitzende der Brandenburger LINKEN, auf der Kundgebung „Defend Peace: Stop Defender 2020“ am 30. Januar 2020 in Cottbus
Anrede,
das Manöver „Defender 2020“ ist kein Zeichen von Stabiltät, sondern ein Zeichen der Verunsicherung und von Misstrauen. Dieser Aufmarsch ist für uns, als DIE LINKE der falsche Weg. Ein kollektives System für Frieden und Sicherheit in Europa lässt sich nicht durch Säbelrasseln und Wettrüsten erreichen, sondern durch die Bereitschaft zum Hinhören auf die Argumente des Anderen.
Wir stellen uns hier und heute aktiv gegen das Manöver „Defender 2020“ sowie die Unterstützungsaktivitäten der NATO und der Bundeswehr. Wir sind hier, weil ziviler Ungehorsam und breiter Widerstand nötig ist. Es gilt, gemeinsam mit der Friedensbewegung ein klares Zeichen gegen die Politik der NATO, aber auch die der Bundesregierung zu setzen. Und dort, wo es möglich ist, die Manöver zu stören oder zu verhindern.
Mit dem „Defender 2020“-Manöver soll die schnelle Verlegung größerer Truppenteile über den Atlantik, durch Europa und bis ins Baltikum an die russische Grenze geübt werden, um „sicherzustellen, dass die entsprechenden Verfahren im Krisenfall funktionieren“. Deutschland soll dabei nicht nur Transitland, sondern auch logistische Drehscheibe für die gesamte Übung sein. Und Brandenburg wird zum Durchmarschgebiet für das größte Militärmanöver der letzten 30 Jahre. Der Aufmarsch von 40.000 Soldaten samt militärischem Gerät an den russischen Grenzen kann wohl kaum als Akt demonstrativen Wohlwollens verstanden werden. Er ist eine Provokation. Wir sind hier, weil wir das wissen und wir lehnen diese Manöver ab.
Nach offizieller Lesart soll die Übung mal wieder zur Sicherheit und Stabilität in Europa beitragen. Das haben wir seit dem Frühjahr 2017 schon mit der NATO-Operation „Atlantic Resolve“ gesehen. In Wirklichkeit betreiben die USA mithilfe der NATO damit ein immer schärferes Säbelrasseln gegenüber Russland, welches die rein verbale Schiene schon längst verlassen hat und nun mal wieder Taten sprechen lässt. Deutschland macht sich dabei ein weiteres Mal zum Erfüllungsgehilfen der US-Eskalationspolitik.
Nach dem Kalten Krieg, dem Zusammenbruch der Sowjetunion, endet jetzt das Zeitalter der USA als Supermacht. Nach den Niederlagen in Afghanistan, Irak und dem Scheitern in Syrien können die USA ihre weltpolitische Rolle nicht mehr ausfüllen.
Wir bewegen uns in einer Zeit neuer und alter Großmächte, in einer multipolaren Welt ohne wechselseitig anerkannte Kräfteverhältnisse und Großmächte. Internationale Institutionen wie die UNO, entstanden als Lehre aus dem zweiten Weltkrieg, verlieren an Autorität. Das Völkerrecht wird benutzt, wie es gefällt und es wird missachtet. Die Europäische Union ist keine Großmacht und in einer anhaltenden Krise. Sie steht seit dem Brexit auf dem Prüfstand.
Auch die Mittel- und Osteuropäischen Staaten befinden sich in dieser Situation. Sie sind gleichberechtigte Mitgliedsstaaten der EU, haben aber die Erfahrung, dass sie wiederholt Spielbälle europäischer Mächte waren. Die baltischen Staaten und Polen fürchten sich vor Russland und rufen nach mehr Schutz durch die NATO, mehr Militär, mehr Aufrüstung und mehr Abschreckung. Zugleich führt wachsender Nationalismus zu einer hohen Belastung der EU und Schwächung wichtiger Formate wie z. B. dem Weimarer Dreieck. Das führt in die falsche Richtung! Aber wenn Macron sagt, die NATO sei „hirntot“, dann muss man auch konsequent sein und den Stecker ziehen!
Während in Deutschland, Europa und der Welt dringend gewaltige Mittel gebraucht werden, um die aktuellen Menschheitsprobleme zu lösen, wird in allen NATO-Staaten zielgerichtet auf die Erhöhung des Rüstungshaushaltes auf 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes hingearbeitet. Für die militärische Aufrüstung werden Mittel und Ressourcen verschlungen, die für soziale, ökologische und infrastrukturelle Aufgaben schmerzlich fehlen.
Im „Zwei-plus-Vier-Vertrag“ von 1990, der Grundlage der deutschen Einheit, wurde vereinbart: von deutschem Boden soll nur Frieden ausgehen. Dies ist auch der Kerngedanke des Grundgesetzes, dies muss die Grundlage deutscher und europäischer Politik sein. Für diese Ziele treten wir ein und sagen entschieden: NEIN zum Kriegsmanöver „Defender 2020“!
Wir fordern:
- Entspannungspolitik und politische Konfliktlösungen statt militärischer Konfrontation;
- Kooperation mit Russland in einem gemeinsamen Haus Europa;
- konsequente Abrüstung und Umverteilung der freiwerdenden Mittel für mehr soziale Gerechtigkeit und eine nachhaltige Klimapolitik.