Tobias Bank, Anke Schwarzenberg, Katharina Slanina, Kirsten Tackmann
Tobias Bank, Anke Schwarzenberg, Katharina Slanina, Kirsten Tackmann – Foto A. Schwarzenberg: DiG | Thomas Kläber; Foto K. Slanina: Olaf Krostitz

DIE LINKE gibt Dörfer und kleine Städte nicht auf!

Stärkung der ländlichen Räume ist demokratische Verpflichtung

Etwa 60 Prozent (1,5 Millionen Einwohner – laut Raumordnungsbericht 2018 der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg) der Bevölkerung in Brandenburg lebt im weiteren Metropolenraum, der bis auf die Oberzentren Potsdam, Cottbus, Brandenburg und Frankfurt (Oder) ländlich geprägt ist. Dabei handelt es sich um eine Fläche von etwa 80 Prozent des Landes Brandenburg.

Das sind engagierte Menschen, die dort auch gern bleiben wollen. Und die mit der Produktion von Lebensmitteln und erneuerbaren Energien, der Pflege der Kulturlandschaft und dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen wesentlich zur Existenzsicherung auch der urbanen Gesellschaft beitragen. Sie sind das gesellschaftliche Zukunftspotenzial in den Gemeinden, Städten und Landkreisen, das mehr politischer Wertschätzung bedarf. Politik ist in der Verantwortung, den verfassungsgemäßen Auftrag gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Landesteilen endlich auch konsequent umzusetzen.

Gerade in den ländlichen Räumen sind öffentliche Daseinsvorsorge und kooperative Netzwerke existenziell. Die Digitalisierung bietet völlig neue Möglichkeiten für solche Netzwerke in den Regionen, die wiederum auch zu mehr regionaler Wertschöpfung beitragen, unabhängig von ihrer topographischen Lage, Siedlungsstruktur, demographischen Entwicklung, kulturellen Einbettung und Wirtschaftskraft, von ihrem sozialen Gefüge und ihrer verkehrlichen und digitalen Anbindung. Brandenburg hat in all seinen unterschiedlichen Regionen als Flächenland eine ebenso große Vielfalt von Lebensbedingungen und Lebensverhältnissen, wie auch Menschen vielfältig sind. Gutes Leben und Arbeiten auch auf dem Land zu sichern, ist ein Anspruch, der Grundlage von Politik sein muss.

Dabei überkreuzen sich viele Interessen. Konflikte um die Nutzung der Umgebung, der natürlichen und Energieressourcen spitzen sich hier in besonderer Weise zu. Wasser, Energie und Rohstoffe werden aus den ländlichen Räumen geschöpft, unterschiedliche Flächennutzungen stehen oft in Konkurrenz zueinander, Teilhabe an der Wertschöpfung ist oft Fehlanzeige.

Trotz oder wegen dieser Vielschichtigkeit und Vielseitigkeit und dem vorhandenen Potenzial geht es um eine Ermöglichungskultur für ein gutes Leben der Menschen in ihren Dörfern und Landstädten. Dafür bedarf es einer Politik, die die ländlichen Räume mit ihren Interessen ernst nimmt.

Wir beobachten, dass sich in vielen ländlichen Kommunen immer weniger ehrenamtliche Kommunalpolitiker*innen zur Besetzung von Mandaten in Ortsbeiräten oder Gemeindevertretungen bereit erklären. Eine der Ursachen ist eine fehlende Ermöglichungskultur zur Gestaltung und Mitwirkung im eigenen Ort oder in der Region. Die kommunalen Gebietskörperschaften werden größer, Engagement und Beteiligung führt oft nicht oder nur sehr mühsam und spät zum (Teil-)Erfolg, Einmischung ist oft nicht gewollt. Das verstärkt das Gefühl des nicht gehört zu werden. Aber wo gesellschaftliches Engagement wegbricht und demokratische Teilhabe nicht funktioniert, stärkt das die Gegner und Feinde der Demokratie.

Für die Partei DIE LINKE sind die ländlichen Räume wichtige Orte der Verankerung und der politischen Arbeit. Für DIE LINKE heißt es nicht nur „Wem gehört die Stadt?“, sondern auch „Wem gehört das Dorf?“.

Niemand in diesem Land soll abgehängt werden!

Die Sicherung und Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Teilen Brandenburgs setzt bei aller Vielfalt die gleichmäßige Entwicklung aller Teilräume des Landes hinsichtlich öffentlicher Daseinsvorsorge, Einkommen und Erwerbsmöglichkeiten voraus.

Das Land und die Kommunen stehen in der Pflicht und in der Verantwortung für die Versorgung der Einwohner*innen mit lebensnotwendigen Gütern und öffentlichen Dienstleistungen zu fairen Preisen und zumutbaren Entfernungen.

Damit dieses Ziel erreicht werden kann, brauchen wir eine strategische Regional- und Strukturentwicklung durch die öffentliche Hand. Diese Entwicklung kann nicht dem Markt bzw. der Wirtschaft allein überlassen werden. DIE LINKE setzt sich daher gegen die Dominanz marktwirtschaftlicher Wachstums-, Verwertungs- und Effizienzlogik in den ländlichen Räumen und für gemeinwohlorientierte und kooperative, z. B. genossenschaftliche, Wirtschaftskonzepte ein. Die ländlichen Räume brauchen eine bedarfsgerechte öffentliche Daseinsvorsorge und den Stopp der Privatisierung, aber auch Rückgewinnung öffentlichen Eigentums. Grundschulen und Kitas gehören in die Dörfer, anstatt Kinder über eine Stunde durchs Land zu kutschen. Längeres gemeinsames Lernen trägt dazu bei, auch Standorte weiterführender Schulen in ländlichen Kommunen zu sichern, inklusive Gymnasien und gymnasialer Oberstufen. Auch Kulturangebote gehören zwingend zu lebenswerten ländlichen Regionen wie auch die Mobilitätssicherung. Die Garantie gleichwertiger Lebensverhältnisse darf in den ländlichen Räumen nicht aufgegeben werde.

Wir setzen auf entsprechend differenzierte Regionalstrategien zur Sicherung der Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge in den Landkreisen, Städten und Gemeinden. Diese Herangehensweise verlangt und fördert die verstärkte Kooperation zwischen den Landkreisen und Gemeinden. Stadt und Land dürfen nicht gegen einander gestellt oder gar ausgespielt werden.

Wir brauchen eine starke Regional- und Strukturentwicklung

Bei der Erarbeitung solcher Regionalstrategien zur Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge spielt die Erreichbarkeit dieser Leistungen eine entscheidende Rolle. Nur wenn die Teilhabe an den Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge wie Mobilität, gesundheitliche Versorgung, digitale Infrastruktur, Kultur, Bildung, Post usw. gegeben sind, gibt es keine abgehängten Regionen, Orte oder Menschen.

Digitale Lösungen spielen künftig eine größere Rolle. Sie müssen aber so ausgestaltet werden, dass sie soziale Unterschiede ausgleichen statt die soziale Spaltung zu vertiefen. Vor allem mit Blick auf eine sozial-ökologische Wende ist die Stärkung des kommunalen öffentlichen Personennahverkehr (kÖPNV) als Teil der Mobilitätssicherung von entscheidender Bedeutung.

Wichtig ist: Für die Verbesserung von Mobilität in dünnbesiedelten Räumen brauchen wir andere Strategien als in den dichtbesiedelten Räumen, vor allem flexiblere und verkehrsträgerübergreifende Konzepte.

In dünnbesiedelten und berlinfernen Räumen spielt der Individualverkehr immer noch eine wichtige Rolle. Dieser kann und muss zunehmend durch eine Strategie ersetzt werden, die sich im kÖPNV auf eine bedarfsgerechte Bereitstellung von Mobilitätslösungen orientiert. Zerrissen zwischen den Aufgaben, den Schülertransport dem Schulunterricht anzupassen und dem Bemühen, geschlossene Reiseketten zum Bahnverkehr zu sichern, braucht es auch kleinräumige flexible Lösungen. Voraussetzung dafür ist, den genauen Bedarf der Menschen zu kennen – wie viele Menschen wann, wo, wie oft, welche Einrichtungen der Daseinsvorsorge aufsuchen. Erforderlich ist integrierte Verkehrsplanung, die ein gutes Mobilitätsmanagement voraussetzt. Dabei muss Mobilität bezahlbar für alle sowie verlässlich sein.

Die große Herausforderung ist die Ausfinanzierung. Hier müssen wir neue Wege gehen, wie z.B. eine allgemeine Mobilitätsabgabe für Unternehmen mit großem Pendleraufkommen, Touristen, Krankenkassen, große Versorgungseinrichtungen usw. Der kÖPNV ist eine Leistung der öffentlichen Daseinsvorsorge, auf die die Menschen in allen Dörfern, ob groß oder klein, einen Anspruch haben. Dieser Leitsatz ist Verpflichtung und Herzstück kommunaler Selbstverantwortung für die Mobilität in den ländlichen Räumen und eine strategische Kernaufgabe der LINKEN in Brandenburg.

Deshalb fordern wir,

  • das Primat der Regional- und Strukturentwicklung an gesellschaftspolitischen Zielen statt der Logik Geldes und des Marktes zu unterwerfen;
  • eine bessere personelle und finanzielle Ausgestaltung der regionalen Planungsgemeinschaften, um Regionalentwicklung voranzubringen;
  • keine Einführung von Regionalbeauftragten im Land Brandenburg, sondern Regionalstrategien zur öffentlichen Daseinsvorsorge, die partnerschaftlich und demokratisch durch Landkreise und Gemeinden mit den Regionalen Planungsgemeinschaften erarbeitet werden;
  • eine Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung durch finanziell besser ausgestatteten kÖPNV.

Vor Ort bleiben und aktiv sein

Damit Menschen vor Ort aktiv werden, braucht es starke kommunale Beteiligungs- und Mitwirkungsstrukturen für die Bevölkerung und starke LINKE Fraktionen in den Gemeinden, Städten und Landkreisen. Wir kämpfen vereint für gute LINKE Wahlergebnisse, für konkrete Verbesserungen für die Menschen und eine starke Verankerung der Partei in lokalen Initiativen und in gesellschaftlichen Debatten.

Für DIE LINKE sind in ländlichen Räumen Wahlen, insbesondere Kommunalwahlen, eine zentrale strategische Herausforderung. Zum einen, da unsere Verankerung in den kommunalen Vertretungen ein wichtiges Rückgrat linker Politik ist. Zum anderen, weil die Auswirkungen der Entscheidungen auf europäischer, Bundes- und Landesebene auf die Kommunen immer bedeutender werden. DIE LINKE im Land Brandenburg unterstützt daher alle an linker (Kommunal-)Politik interessierten Menschen, insbesondere in den ländlichen Räumen:

  • durch Anregungen und Konzepte inhaltlich,
  • durch die Vermittlung von organisatorischer oder technischer Unterstützung,
  • durch Expert*innen.

Darüber hinaus bleibt für DIE LINKE die Stärkung der demokratischen Willensbildung und Entscheidungsfindung über die gewählten Strukturen hinaus gerade in den ländlichen Räumen wichtig. Dafür unterstützen wir aktiv das Engagement in der Dorfbewegung und sehen auch im „Parlament der Dörfer“ ein wichtiges Element bürgerschaftlichen Engagements.

Tobias Bank, Anke Schwarzenberg, Katharina Slanina, Dr. Kirsten Tackmann