Kommunen: Altschuldenproblematik weiter ungeklärt
Die Frage der kommunalen Altschulden ist trotz mehrfacher Ankündigungen auch im Jahre 2020 nicht gelöst worden. Auf 42 Milliarden Euro belaufen sich derzeit die Altschulden der Kommunen. Davon sind alleine 36 Milliarden Euro Dispokredite. Hinzu kommen Schulden bei Sozialversicherungen, Ländern oder dem Bund. Von 11.000 Kommunen in Deutschland haben rund 2.500 Kommunen so hohe Schulden, dass sie die sogenannten Freiwilligen Leistungen (z. B. Schwimmbad, Theater, Bibliothek) nicht aufrechterhalten konnten und können. Zudem sind die Altschulden ungleich verteilt: Besonders betroffen sind Kommunen in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und im Saarland. Allein im Ruhrgebiet plagen die Städte und Gemeinden Kassenkredite von knapp 14,5 Milliarden Euro.
„Die Zinsen für die horrenden Altschulden sind erdrückend. Die betroffenen Kommunen sind kaum handlungsfähig und können die notwendige Daseinsvorsorge nicht mehr hinreichend gewährleisten. Dadurch ist die im Grundgesetz postulierte Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland bedroht“, sagte Tobias Bank, Mitglied im Parteivorstand der Partei DIE LINKE und Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft Kommunalpolitik der LINKEN Brandenburg.
Der Vorschlag des Bundesfinanzministers Olaf Scholz (SPD), eine Hälfte der Altschulden zu übernehmen und die andere Hälfte durch die Länder finanzieren zu lassen, stieß jedoch in einigen Bundesländern und bei der CDU auf wenig Gegenliebe. Zum Beispiel zeigten Bayern, Hessen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen kein Verständnis für den Vorschlag, weil sie durch eigene Programme ihren Kommunen geholfen haben. Niedersachsen hat zwischen 2012 und 2016 mehr als zwei Milliarden Euro in die Entschuldung von 68 Kommunen gesteckt. Hessen hat über eine spezielle Kasse fast fünf Milliarden Euro kommunaler Altschulden übernommen. Diese würden bei der Übernahme der Schulden nicht berücksichtig werden. Die Länder, die sich um die Altschulden ihrer Kommunen gekümmert hätten, würden dafür bestraft werden, so ein gängiges Argument.
Auch aus dem Deutschen Landkreistag kamen massive Bedenken: „Ich habe wenig Verständnis dafür, wenn sich der Bund mit der Frage kommunaler Altschulden und damit einem Problem weniger Städte in wenigen Bundesländern befasst“, sagte z. B. der Hauptgeschäftsführer, Prof. Dr. Hans-Günter Henneke. Das Problem müsse von den betroffenen Ländern selbst gelöst werden. Der Präsident des Deutschen Städtetages und Leipziger Oberbürgermeister, Burkhard Jung (SPD), hingegen begrüßte den Vorschlag und betonte: „Die Kinder, die dort schwimmen lernen wollen und deren Halle schließt, weil das Geld für die Reparatur fehlt, können doch nichts dafür, dass der Strukturwandel den Schuldenberg wachsen ließ.“
Tobias Bank sagte weiter: „Etwa zehn Millionen Menschen seien von der Altschuldenproblematik betroffen und wir können nicht so tun, als ob uns das nichts angehe. Auch wenn der Vorschlag von Scholz ein Schritt in die richtige Richtung ist, löst er das Problem der strukturellen Unterfinanzierung der Kommunen nicht. Der Bundesfinanzminister muss hier nachhaltige Lösungen schaffen und seinen vielen Worten endlich Taten in Form eines Gesetzesentwurfes folgen lassen. Es braucht Investitionen in Bildung, in Infrastruktur und in Wirtschaftsstandorte der betroffenen Regionen, die gute Arbeitsplätze schaffen, um den in den besonders betroffenen Regionen verschlafenen Strukturwandel endliche zu heilen. Das Geld für die Investitionen ist ja offensichtlich da. Ausserdem sollte bei der Frage der Altschulden auch die Niedrigzinsphase ausgenutzt werden.“