Männliche Kommunalpolitik?
Die vielbeachteten Ergebnisse einer Studie zur Altersstruktur von Kommunalpolitiker*innen aus dem September 2018 scheinen sich auch zwei Jahre später nicht verändert zu haben. Vergreist und männlich – so sieht bundesweit die Zukunft der Kommunalpolitik aus. Am Beispiel des bevölkerungsreichsten Bundeslandes wurde damals für Nordrhein-Westfalen nachgewiesen, dass lediglich 11 Prozent der Kommunalpolitiker*innen unter 40 Jahre alt waren und der Anteil der Frauen bei allen Kommunalpolitiker*innen in NRW bei 24 Prozent lag.
Aktuelle Zahlen belegen, dass vor allem über 50-jährige Männer über die Zukunft ihrer örtlichen Gemeinschaften entscheiden. So sind Frauen in der Kommunalpolitik weiterhin massiv unterrepräsentiert, wie eine Umfrage von Forsa aus dem Oktober 2020 ergeben hat. Im Vergleich zu den Vorjahren ist der Anteil der Bürgermeisterinnen sogar gesunken und liegt nur noch bei 9 Prozent, in Städten mit über 20.000 Einwohner*innen nur bei 6 Prozent.
Der Nordkurier hatte im Juli dieses Jahres zudem die Frage aufgeworfen, ob Gemeindevertretungen bald leergefegt seien, da das Durchschnittsalter der Mitglieder der Parteien auf der Mecklenburgischen Seenplatte in den meisten Fällen bei weit über 50 Jahren liegt und sich dies auch auf die kommunalen Mandate niederschlägt. Bei den Grünen liegt das Durchschnittsalter auf der Seenplatte bei 51, bei FDP und SPD bei 57 und bei der CDU bei 59 Jahren. Für DIE LINKE wurden keine Daten veröffentlicht.
Damit knüpft die Region an den bundesweiten Altersdurchschnitt der Parteien an. Dieser sieht folgendermaßen aus: CDU 61 Jahre, SPD 60 Jahre, LINKE 55 Jahre, FDP 51 Jahre, Grüne 48 Jahre. „Für die kommunalpolitische Ebene macht das deutlich, dass der Blick der Jugend und weibliche Perspektiven bei den mittel- und langfristigen Planungen der Kommunen fehlen. Vor allem bei den Themen Digitalisierung und Verkehrswende ist das zu beobachten“, sagte Tobias Bank, Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Kommunalpolitik und Mitglied im Parteivorstand der LINKEN.
„Als negatives Beispiel kann meine eigene Kommune Wustermark dienen: CDU, SPD und Grüne haben keine Frauen in ihren Fraktionen in der Gemeindevertretung. Die Wählergemeinschaft hat zwei von fünf Sitzen mit Frauen besetzt. Lediglich die Linksfraktion ist paritätisch besetzt. Von 19 Mitgliedern der Gemeindevertretung sind lediglich vier unter 38 Jahre alt (21,05 Prozent). Drei davon sind in der Linksfraktion“, so Bank weiter, der auch Vorsitzender der Gemeindevertretung von Wustermark ist.
Dass Themen wie Digitalisierung und Verkehrswende zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird und damit den Kommunen oder der Gesellschaft insgesamt Nachteile entstehen können, ist das eine daraus resultierende Problem. Das andere ist, dass dadurch auch weniger junge Menschen für Kommunalpolitik oder einwohnerschaftliches Engagement begeistert werden und dies wiederum das Heranziehen des kommunalpolitischen Nachwuchses der Parteien erschwert.
In der Diskussion darf dabei jedoch nicht vergessen werden, dass Kommunalwahlen Personenwahlen sind und oftmals die „alten politischen Hasen“, die sich über Jahre behauptet und vor Ort profiliert haben, „nach oben“ gewählt werden und die Jüngeren „hinten runterfallen“ und den Einzug in die Kommunalvertretung nicht schaffen. Außerdem ist es nach wie vor für Frauen schwieriger, den kommunalpolitischen Alltag neben Familie und Beruf zu bewältigen, solange diese Aufgaben weiterhin vorwiegend von Frauen geleistet wird.