Teilnehmer der Kundgebung mit Schildern und roten Fahnen, mehrere Personen halten ein Transparent, auf das eine Friedenstaube sowie der Schriftzug "Mir - Frieden" gedruckt ist
Brandenburger LINKE auf der Kundgebung am 20. Februar 2022 vor der US-amerikanischen Botschaft in Prag – Foto: KSČM Praha

Nur gemeinsam können wir eine friedliche Welt erreichen – Interview mit Monika Schömmel

Am 20. Februar 2022 protestierte DIE LINKE vor der Botschaft der USA in Prag. Auf Einladung der tschechischen KSČM (Kommunistischen Partei Böhmens und Mährens) nahm die Landesarbeitsgemeinschaft Netzwerk Europäische Linke (LAG Netzwerk EL) der LINKEN Brandenburg an einer Demonstration gegen die Kriegsgefahr und für die Verteidigung des Friedens teil. Die tchechische Tageszeitung „Haló noviny“ hat dazu mit der Sprecherin der LAG, Monika Schömmel, ein Interview geführt.

Haló noviny: Warum sind Sie am 20. Februar 2022 zu einer Protestkundgebung vor der US-Botschaft nach Prag gekommen?

Monika Schömmel: Das „Ständige Forum der europäischen Linken – der Regionen“ (SFEL-R), dessen Mitglied ich bin, arbeitet seit vielen Jahren mit den Genossen der KSČM zusammen. Ich bin Sprecherin einer Landesarbeitsgemeinschaft in der LINKEN Brandenburg, die Teil des Netzwerkes der Europäischen Linkspartei ist. Durch diese Zusammenarbeit bekamen wir die Information über den geplanten Protest vor der US-Botschaft in Prag. Das erste Ziel unserer beiden Parteien ist die Sicherung des Friedens. Deshalb waren wir vor der Botschaft, für die Sicherung des Friedens in Europa und auf der Welt.

Bedenken Sie auch die zunehmende Präsenz von US-Soldaten in Europa und Deutschland? Protestieren Ihre Bürger dagegen?

Auch in Deutschland gehen die Menschen gegen die zunehmenden Truppentransporte besonders der-US Armee auf die Straße. Wie in Tschechien finden diese Transporte meist nachts statt. Zum Beispiel haben wir in Cottbus, wo ich lebe, bei eisigen Temperaturen in Cottbus auf einer Bahnhofsbrücke mit Transparenten gestanden um zu zeigen, wir sind nicht einverstanden mit dem Aufrüsten der westlichen Länder.

Zu Ihrer Frage zu den Protesten – ja, es gibt sehr viele Proteste in Deutschland. Von linken Parteien, der Friedensbewegungen und jungen Menschen, die sich zusammenschließen. Leider gelingt es uns als Partei DIE LINKE noch nicht, diese Proteste zu vereinen und zu einer großen Bewegung zu machen. Aber unser politischee Gegner muss erkennen, dass das Volk keine Aufrüstung will.

Wie sehen Sie die Mitgliedschaft eines vereinigten Deutschlands in der NATO?

DIE LINKE will die Nato auflösen und durch ein gesamteuropäisches Sicherheitssystem unter der Beteiligung Russlands ersetzen. Seit Beginn des Krieges in der Urkaine gibt es Stimmen, die für einen Verbleib unseres Landes in der NATO argumentieren. Für mich ist die NATO nach wie vor ein aggressives Bündnis, das schon im Krieg gegen Jugoslawien sein völkerrechtswidriges Verhalten gezeigt hat.

Wie akzeptieren Sie, was derzeit in der Ukraine passiert – Anerkennung der Volksrepubliken Luhansk und Donezk und dann russische Invasion in der Ukraine?

Die Ereignisse in der Ukraine haben mich tief bestürzt. Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass Putin diesen Schritt gehen würde. Krieg ist kein Mittel um Konflikte zu lösen. Gerade ostdeutsche Menschen hatten ein besonderes Verhältnis zu Russland. Ich kenne viele Menschen, die verzweifelt nach Antworten auf diesen Angriff suchen. Jetzt muss man klug die Situation analysieren und eine friedliche Lösung herbei führen. Leider befürchte ich, dass die westlichen Länder dies nicht tun werden. Gleichzeitig bin ich der Meinung, dass Sanktionen nichts bringen, weil sie den den einfachen Menschen schaden.

Mitt Romney, Präsidentschaftskandidat der USA 2012, sagte: „Wir haben die Sowjetunion besiegt. Wir werden Russland besiegen. Wir werden die Russen zwingen, zu den Waffen zu greifen.“ Es ist bezeichnend, dass der Krieg in der Ukraine eine lange Vorgeschichte hat.

Sie sind nicht nur Politikerin, sondern auch Mutter und Großmutter. Haben Sie Angst vor Krieg?

Als ich hörte, es ist wieder Krieg in Europa, galt die erste Sorge meinen Kindern und Enkeln. Ich hätte ihnen gern gesagt, dass wir die erste Generation sind, die keinen Krieg erleben muss. Das ist jetzt leider nicht mehr so. Wir spüren ihn bis jetzt nicht unmittelbar, aber die Auswirkungen, ob politisch oder wirtschaftlich, werden wir zu spüren bekommen.

Zurzeit ist Cottbus eines der Drehkreuze für die Verteilung in Deutschland und Europa. Es gibt viele Menschen, die sich dabei ehrenamtlich engagieren.

Der US-Analyst und US-Experte für nationale Sicherheit George Friedman sagte, der entscheidende geopolitische Faktor werde sein, wie Deutschland Russland die Stirn bietet – ob es sich auf die Seite derer stellt, die die Zusammenarbeit bei der Nutzung von Energieressourcen fortsetzen wollen, oder nicht. Und genau das passiert: Deutschland hat Nord Stream 2 abgeschafft. Was bedeutet das für Deutschland und die deutschen Bürgerinnen und Bürger?

Bereits vor den jüngsten Entwicklungen in der Ukraine sind die Energiepreise in der Höhe geschossen. Jetzt droht das Gas aus Russland auszufallen und als Alternative wird umweltschädliches Flüssiggas unter anderem aus der USA und Katar ins Gespräch gebracht. Ein mögliches Ausbleiben der bisherigen Gaslieferungen wird für die Menschen eine enorme finanzielle Mehrbelastung bedeuten. Im Moment bezieht Deutschland 50 Prozent seines Erdgases aus Russland.

Deutschland hat angekündigt, keine Waffen an die Ukraine zu schicken. Bleibt Deutschland bei dieser Zurückhaltung?

Am 27. Februar 2022 hat der Deutsche Bundestag gegen die Stimmen von DIE LINKE beschlossen, nun doch Waffen an die Ukraine zu liefern. Ich bin weiterhin der Meinung, „Waffen schaffen keinen Frieden“. Es ist mit einer massiven Aufrüstung Deutschlands zu rechnen. Die Bundesregierung hat den Rüstungsetat auf mehr als 2 Prozent jährlich erhöht und Sonderausgaben beschlossen. Bundeskanzler Olaf Scholz hat vor dem BUndestag ein militärisches Eingreifen Deutschlands und der NATO in den Ukraine-Konflikt ausgeschlossen. Es werden aber weitere finanzielle Mittel für den Kauf von Waffen auf dem freien Markt bereitgestellt.

Scholz ist Sozialdemokrat und die Geschichte des 20. Jahrhunderts hat die Wankelmütigkeit der Sozialdemokratie gezeigt. Auch das Versprechen, keine Waffen zu liefern, hat er in diesem Sinne gebrochen.

Putins Entscheidung, die Ukraine anzugreifen und damit die Stabilität in Europa auf ein Höchstmaß zu gefährden, wird unsere politische Arbeit in der nahen Zukunft erheblich erschweren. Das unermessliche Leid, das über die Bevölkerung gebracht wurde und die wirtschaftliche und politische Belastung in allen Ländern auch nach einem möglichen Ende des Konfliktes gefährden den gesellschaftlichen Fortschritt.

Es ist wahrscheinlich unnötig, Sie zu fragen, was Sie sich für die kommenden Tage und Wochen wünschen, wenn der Frühling kommt und das Leben so schön wäre, wenn es nicht so viele Unglück auf der Welt gäbe… Ich vermute, es ist Frieden und Stabilität.

Mein Wunsch ist: Frieden, unsere Zusammenarbeit und Solidarität weiter vertiefen. Nur gemeinsam können wir eine friedliche, solidarische und gerechte Welt schaffen. Ich sende solidarische Grüße an alle Genoss*innen und Freunde in der Tschechischen Republik.

Das Interview führte Monika Hoření. Erschienen am 29. März 2022 auf www.ihano.cz (Link).