81 Jahre Lidice – Gedenken in der „Zeitenwende“
Am Staatsakt der tschechischen Regierung anlässlich des Jahrestages der Vernichtung des Dorfes Lidice durch die deutschen Faschisten am 10. Juni 1942 nimmt das Ständige Forum der Europäischen Linken – der Regionen (SFEL-R) seit Jahrzehnten teil. Dieses Verbrechen galt als Vergeltung für das Attentat auf den SS-Obersturmbannführer und sogenannten Reichsprotektor von Böhmen und Mähren, Reinhard Heydrich. Eines der vielen Kriegsverbrechen, wie sie durch die Faschisten auch in der Sowjetunion oder Oradour-sur-Glane in Frankreich begangen wurden.
Das SFEL-R nimmt als Gast der Kommunistischen Partei Böhmen und Mähren (KSČM) am jährlichen Gedenken des tschechischen Volkes teil, um an die Ermordung und Verschleppung in Konzentrationslager der unschuldigen Männer, Frauen und Kinder und der barbarischen Zerstörung des Dorfes Lidice zu erinnern. In den 90er Jahren beteiligten sich Genoss*innen aus Brandenburg und Sachsen an der Wiederherstellung des Rosengartens von Lidice. Wir sind sehr stolz, dass unser Einsatz auf der Erinnerungstafel am Rosengarten dokumentiert ist.
Worin zeigt sich die „Zeitenwende“? In Tschechien bildet seit ca. einem Jahr ein rechtes bürgerliches Lager die Regierung. An dessen Spitze steht ein ehemaliger NATO-General. Jeder Staatsakt hat seine Regeln, die einen sicheren Ablauf gewährleisten sollen. Dazu gehört auch eine Ehrenregiment der tschechischen Armee. Auffällig war in diesem Jahr ein sehr distanziertes Auftreten der Organisatoren, was wir auch als „unplanmäßige“ Gäste zu spüren bekamen. Deutlich wurde ebenfalls eine stärkere Abgrenzung der „Offiziellen“ von den übrigen Teilnehmer*innen und ein demonstratives Auftreten durch die Sicherheitskräfte.
In diesem Jahr reisten wir mit unserer Co-Landesvorsitzenden Katharina Slanina an und ein herzliche Begrüßung waren wir gewohnt. Trotzdem war eine gewisse Unsicherheit bei den tschechischen Genossinnen und Genossen zu bemerken. Sie resultiert wahrscheinlich aus der Stellung der KSČM zur neuen Regierung und den Konflikten in der KSČM, die zu Auseinandersetzungen und auch Parteiaustritten führten. Dass man in Tschechien auch die Entwicklung in Deutschland wahrnimmt wurde deutlich, als ein Herr auf unser großes, mit roten Nelken bestücktes Gebinde mit der Bemerkung wies: „Sind dies die Blumen von Sahra Wagenknecht?“ – „Nein, von DIE LINKE. Brandenburg“, unsere Antwort.
Seitens der KSČM war auch deren Vorsitzende und Europaabgeordnete Kateřina Konečná anwesend, der wir uns vorstellten. Mangels eines Dolmetschers kam es zu keinem konkreten Gedankenaustausch. Unsere kleine Delegation war in der Zeit mit den Genossinnen des „Klubs der Linken Frauen“ und den uns bekannten Mitgliedern der KSČM in Kontakt.
Im Gegensatz zu den früheren Jahren wurde unser Gebinde nicht vom Ehrengeleit übernommen. Deshalb schlossen sich Katharina Slanina und Monika Schömmel (LAG Netzwerk EL) ohne Ehrengeleit mit unserem Gebinde den letzten „Offiziellen“ an. So gelangte unser Gebinde mit der Schleife „Gegen Faschismus und Krieg“ neben das der KSČM. Andere „nicht geplante“ Gäste mussten ihre Kränze vor der Gedenkstätte ablegen. So betrifft die Zeitenwende nicht nur die Militarisierung unserer Länder, sondern auch die Situation in unseren Parteien und des öffentlichen Umganges mit ihnen.
Monika Schömmel
Sprecherin Netzwerk EL