Sebastian Walter: Marode Infrastruktur – Linke fordert Kehrtwende in der Investitionspolitik
Nach dem Einsturz der Carolabrücke in Dresden ist eine Debatte um den Investitions- und Sanierungsstau bei öffentlicher Infrastruktur entbrannt. Hierzu erklärt der Linken-Spitzenkandidat Sebastian Walter:
Über Jahrzehnte hinweg wurde unsere öffentliche Infrastruktur auf Verschleiß gefahren. Dringend notwendige Investitionen in Erhalt und Ausbau wurden auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben. Die Folgen erleben die Menschen jeden Tag, wenn Züge ausfallen, Straßen gesperrt werden, in öffentlichen Einrichtungen buchstäblich die Decke herunterkommt oder nun beim Einsturz der Carolabrücke, bei dem nur durch einen glücklichen Zufall keine Menschen zu Schaden gekommen sind. Man muss es so deutlich sagen: Die marode Infrastruktur ist nicht nur ein Ärgernis, sie stellt eine akute Gefahr für Leib und Leben der Menschen auch hier in Brandenburg dar. Der Einsturz der Carolabrücke muss uns daher ein Warnschuss sein und eine Kehrtwende in der Investitionspolitik des Landes zur Folge haben.
Der Investitionsrückstau in Deutschland beläuft sich dem KfW Kommunalpanel 2024 zufolge allein in den Kommunen auf 186 Mrd. Euro. Die Wirtschaftsforschungsinstitute IMK und IW schätzen die Investitionsbedarfe in den nächsten zehn Jahren auf 600 Mrd. Euro zusätzlich! Für die östlichen Bundesländer sind das ungefähr 190 Mrd. Euro, für Brandenburg ca 2 Mrd Euro/Jahr.
Es ist klar, dass solche immensen Summen nicht aus laufenden Haushalten finanziert werden können. Die Notwendigkeit dafür ist auch völlig absurd, schließlich sind Brücken oder Schulen Investitionen für Jahrzehnte und nicht nur für die Laufzeit eines Landeshaushalts. Neben der längst überfälligen Abschaffung der Schuldenbremse wäre es daher sinnvoll, dass Brandenburg öffentliche Infrastrukturfonds nach australischem Vorbild aufsetzt. Ähnlich dem Modell von Staatsanleihen könnten private und institutionelle Anleger ihr Kapital so zu festen Konditionen in den Ausbau der hiesigen Infrastruktur investieren. Die Laufzeiten könnten an die Abschreibungszeiten der Infrastruktur angelehnt werden. Auf diese Weise könnte erstens ein Investitionsbooster für Sanierung, Erhalt und Ausbau unserer Infrastruktur entstehen, zweitens die in der Krise befindliche Bauwirtschaft gestützt werden und drittens ein attraktives und sicheres Anlageangebot mit öffentlichem Nutzen geschaffen werden, was den Druck aus anderen Bereichen, wie dem ohnehin überhitzten Immobilienmarkt nehmen würde.
Zwei kurzfristig umsetzbare Maßnahmen wären außerdem, erstens die Laufzeiten für kommunale Darlehen bei der ILB von maximal 30 Jahren auf die Länge der Abschreibungszeiten zu erhöhen sowie zweitens den Kommunen zu erlauben, die Mittel aus Schlüsselzuweisungen für die Tilgung von Investitionskrediten zu verwenden. Zu prüfen ist ferner die Einrichtung eines Sondervermögens Infrastruktur.
Klar ist: Es braucht nun ein Bündel von Maßnahmen – und zwar schnell, sollen echte Katastrophen verhindert werden.