Christian Görke: Privatisierung der Autobahn verhindern!

Christian Görke (DIE LINKE), Finanzminister des Landes Brandenburg, am 2. Juni 2017 im Bundesrat. Görke beantragt, den Vermittlungsausschuss zwischen Bundesrat und Bundestag anzurufen, um sogenannte „Öffentlich-Rechtliche Partnerschaften“ (ÖPP) im Gesetz auszuschließen. Auf diese Weise kann die geplante Privatisierung der Autobahn zu verhindert werden.


Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren,

eine planbare und verlässliche Finanzierung der Länderhaushalte – und damit auch Kommualhaushalte – war für mich stets ein wichtiges Anliegen. Deshalb ist der heutige Tag ein guter Tag für die Länder.

Für die Zustimmung zu diesem Finanzpaket forderte der Bund von den Ländern jedoch einen hohen politischen Preis: die Gründung einer privatrechtlich organisierten Infrastrukturgesellschaft insbesondere für die Autobahnen. Und weil durch dieses Kopplungsgeschäft die Gefahr einer funktionalen Privatisierung öffentlicher Güter größer wird, ist dieser Tag auch kein guter Tag für unser Gemeinwesen.

Denn – sagen wir es ganz klar – mit den heute im Schnellverfahren durchgezogenen Grundgesetzänderungen steigt die Gefahr einer Privatisierung. Nicht durch die Hintertür, sondern durch den Vordereingang. Die Aussage, dass eine Privatisierung der Autobahnen ausgeschlossen sei, hält einer näheren Betrachtung nicht stand. Zwar können sich private Kapitalanleger nicht direkt oder indirekt an der Bundesfernstraßengesellschaft und ihren Tochtergesellschaften beteiligen. Aber die Einbeziehung Privater in die Vorfinanzierung, den Bau und den langjährigen Betrieb von Autobahnteilstücken und -kreuzen ist nach dieser Grundgesetzänderung ausdrücklich in möglich. Das ist und bleibt immer noch eine funktionale Privatisierung, auch wenn man das beschönigend „Öffentlich-Private-Partnerschaft“ nennt.

Und was für mich als Finanzminister noch wichtiger ist: die Mär davon, dass ÖPP-Projekte wirtschaftlicher sind, ist für mich bislang ohne Beleg. Unsere Erfahrungen in Brandenburg sind andere. Deshalb haben wir uns in Brandenburg von ÖPPs längst verabschiedet.

Den Kern des Problems – den hohen Investitionsstau bei der öffentlichen Infrastruktur – lösen wir nicht, indem wir die öffentliche Daseinsvorsorge privatisieren! Wer vernünftige Autobahnen haben will, muss eine vernünftige Verkehrspolitik machen und bereit sein, mit öffentlichen Geldern langfristig zu investieren.

Die Idee, private Geldgeber einzubinden, wird unterm Strich viel teurer für uns alle. Wirklich sinnvoll wäre es hingegen Infrastrukturprojekte über den Bundeshaushalt zu finanzieren, weil die öffentliche Hand deutlich geringere Zinsen am Kapitalmarkt zahlt und keine Rendite an Kapitalanleger auszahlen muss. Aber dieser Weg ist politisch wohl nicht gewollt!

Am Ende wird es mit den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern wieder viele Verlierer und mit den privaten Kapitalanlegern wenige Gewinner geben.

Weil wir genau das verhindern wollen, und zugleich die Reform der Bund-Länder-Finanzen nicht scheitern lassen wollen, hat sich Brandenburg gemeinsam mit anderen Ländern entschlossen, einen Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses zu stellen. Denn absolut inakzeptabel ist es, beide Themen hier im Bundesrat in fast schon erpresserischen Art und Weise im Gesamtpaket zur Abstimmung zu stellen. Und ich bitte meine Länderkollegen darum, diese Art der Politik nicht durchgehen zu lassen. Deshalb bitte ich um Zustimmung zum Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses, um das Thema Autobahngesellschaft noch vor der Sommerpause vom Kopf auf die Füße zu stellen.