Aus dem Bundesrat: Blockade-Union, Grüne Umfaller und bayerische Rechentricks

Die letzte Bundesratssitzung innerhalb der regulären Amtszeit der rot-roten Brandenburgischen Landesregierung am 20. September 2019 zeigte noch einmal deutlich, warum es auch für die Bundespolitik nicht egal ist, wer in den Ländern regiert.

Blockade-Union – demnächst auch mit Brandenburg?

Die von Berlin, Brandenburg, Bremen und Thüringen eingebrachte rot-rot-grüne Initiative „Verbindliche Personalausstattung in Krankenhäusern“ fand knapp keine Mehrheit – weil in einer Reihe von Landesregierungen die CDU ihr Veto eingelegt hatte. Schade, dass die CDU vermutlich demnächst mit einer weiteren Regierungskonstellation im Bundesrat progressive Ideen blockieren kann.

Eine weitere rot-rot-grüne Initiative (von Berlin, Brandenburg, Thüringen und anderen) unter dem Titel „Deutschkurse für Migrantinnen und Migranten erneuern“ wurde in die Ausschüsse überwiesen. Gleiches gilt für eine Initiative von Schleswig-Holstein, Brandenburg und Sachsen, mit der der Schutz autochthoner Minderheiten im Grundgesetz verankert werden soll. Ebenfalls in die Ausschüsse überwiesen wurde die hamburgisch-brandenburgische Initiative zur Reform des Mietrechts, die unter anderem eine Verlängerung und Verbesserung der Mietpreisbremse vorsieht.

Mehrheiten konnte Brandenburg bei drei Initiativen gewinnen: zur Barrierefreiheit im Eisenbahnverkehr, zur Absicherung ehrenamtlicher Einsatzkräfte und ihrer Hinterbliebenen (gemeinsam mit Hessen) sowie zur Harmonisierung der Regelwerke zum Lärmschutz.

Grün kippt um: Tschüss Tierärztin – Hallo Pfusch

Dass Ferkel ohne Betäubung kastriert werden, hat die LINKE stets bekämpft. Laut einer Verordnung soll die demnächst verpflichtende Betäubung auch ohne Tierärzt*in möglich sein: Eine Schnellbesohlung der Landwirte soll ihnen die nötige Sachkunde vermitteln. Dass die Tiere dann auch zuverlässig betäubt sind, nehmen wir der Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner (CDU) nicht ab. Während die rot-rot und rot-rot-grün regierten Bundesländer die Verordnung ablehnten, fielen die Grünen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz um und verhalfen dem Vorschlag der Bundesregierung zur hauchdünnen Mehrheit.

Soziale Entschädigung von Opfern

Beim Gesetzentwurf für ein soziales Entschädigungsrecht war Brandenburg erfolgreich mit zwei Anträgen aus dem Sozialausschuss. Diese zielten auf die angemessene Berücksichtigung von politisch Verfolgten gemäß der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze. Sozialministerin Susanna Karawanskij erklärte auch zu den weiteren Inhalten des Gesetzes: „Im Ergebnis weist der Entwurf deutliche Verbesserungen der Versorgung von Geschädigten auf. Eine grundlegende Erneuerung des Sozialen Entschädigungsrechts ist darüber hinaus jedoch nicht gelungen.“ Problematisch ist außerdem die mangelnde finanzielle Beteiligung des Bundes.

Bundeshaushalt lässt den Osten im Stich

Um finanzielle Unterstützung drehte sich auch die Erklärung von Finanzminister Christian Görke zum Haushaltsgesetz 2020 des Bundes. „Das Land Brandenburg spricht sich dafür aus, in dem zukünftig gesamtdeutschen Fördersystem Länder mit einer ausgeprägten Struktur- und Finanzschwäche weiterhin besonders zu unterstützten“, heißt es darin. „Vor dem Hintergrund voraussichtlich rückläufiger EU-Fördermittel gilt es, eine Mehrfachbelastung zu vermeiden und den ostdeutschen Aufholprozess bei der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland voranzutreiben.“

Bezahlt der Osten das Steuerdumping am Starnberger See?

Ums Geld ging es auch beim Entwurf einer Grundgesetzänderung. Nach einem Bundesverfassungsgerichtsurteil muss die Grundsteuer bis Ende des Jahres neu geregelt werden – andernfalls fiele diese essentielle Einnahmequelle der Städte und Gemeinden weg. Und genau diese Dringlichkeit nutzen Bayern und andere unionsbeteiligte Länder aus, um eine sogenannte „Öffnungklausel“ zu erpressen: Die Grundsteuer bleibt zwar Bundesrecht, Länder können aber eigene abweichende Regeln erlassen. Bayern will nicht sozial gerecht nach dem Wert des Grundstücks, sondern bloß nach der Fläche besteuern. Die Folge: Die geringeren Steuereinnahmen in Bayern würden auch zu weniger Mitteln für Brandenburg im Länderfinanzausgleich führen. Vor solchen Tricks warnten heute die rot-rot und rot-rot-grün regierten Länder Berlin, Brandenburg, Bremen und Thüringen, aber auch das GroKo-Land Mecklenburg-Vorpommern in einer gemeinsamen Erklärung.

Abwerbung von Landespersonal stoppen!

Die föderale Zersplitterung kritisierte Brandenburg außerdem beim Thema Beamtenbesoldung. Die Landesregierung sprach sich in einer Erklärung für eine Rückkehr zur bundeseinheitlichen Besoldung aus, um eine weitere bedenkliche Auseinanderentwicklung des Besoldungsniveaus in Bund und Ländern zu verhindern. Nur so könne der zunehmend problematische Wettbewerb der öffentlichen Dienstherren um Nachwuchs- und Fachkräfte zulasten finanzschwacher Länder beendet werden.

Datenschutz effektiv!

Zwei Gesetzen zur Umsetzung der europäischen Datenschutz-Grundverordnung stimmte Brandenburg (als einziges Land) nicht zu – wegen darin enthaltener Mängel im effektiven Datenschutz. So hatte Justizminister Stefan Ludwig bereits in früheren Sitzungen für die Forderung nach strengen Datenschutzregeln bei Videoüberwachung, Biometrieerfassung & Co. im Strafvollzugsgesetz des Bundes eine Bundesratsmehrheit erringen können. Die Bundesregierung hatte daraufhin in ihrer Gegenäußerung zugesagt, dies im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen. Doch passiert ist nichts – das Gesetz wurde dem Bundesrat ohne solche Datenschutzregeln vorgelegt.

Ebenfalls keine Zustimmung Brandenburgs fanden diverse Strafverschärfungsforderungen aus Ländern mit CDU-Regierungsbeteiligung.

Auch in der Opposition: #linkswirkt!

Jetzt gilt es, der zukünftigen Brandenburgischen Landesregierung auf die Finger zu (sc)hauen, wenn es im Bundesrat bei Abstimmungen zu zukunftsweisenden Initiativen, bei sozialen Standards und beim Schutz der Lebensgrundlagen knapp wird.